Der Weg der Helden
gefahren war. Sie stiegen gerade aus der Kutsche, als Rael und Niclin das Haus verließen. Der Questor General nahm ihn auf die Seite. » Seid vorsichtig mit dem, was Ihr sagt und denkt, Talaban. Sie ist sehr mächtig, und sie kann, so glaube ich, die Gedanken eines Mannes lesen.«
» Droht ihr immer noch die Todesstrafe?«
» Nein. Es wird ein neues Hohes Konzil gewählt. Kommt heute Abend in die Konzilskammer, zur neunzehnten Stunde. Ihr ersetzt Questor Ro.«
» Was ist mit ihm passiert?«
» Sie hat ihn verhext, Talaban. Hütet Euch, damit Euch nicht dasselbe widerfährt.«
Mit diesen Worten ging der Questor General zu seiner Kutsche.
Talaban und Mondstein betraten das Haus. Ro begrüßte sie persönlich. Er wirkte freundlich und so entspannt, wie Talaban ihn noch nie zuvor gesehen hatte. » Seid willkommen, meine Freunde«, meinte Ro. » Kommt mit, die Mistress wartet bereits.« Sie folgten Ro in deren Gemach. Sofarita sah hoch, als die Männer hereinkamen. Talaban erblickte sie und stockte. Ihre Augen waren tiefbraun, mit goldenen Punkten, ihr Haar lang und dunkel und ihre Haut honigbraun. Sie war wunderschön, und er starrte sie an, nicht in der Lage, klar zu denken.
» Willkommen, Talaban«, begrüßte sie ihn.
Er kämpfte darum, einen klaren Gedanken zu fassen. » Ich bin Talaban«, hörte er sich sagen. Was ziemlich lächerlich war, da sie ihn gerade mit diesem Namen angesprochen hatte. Er trat einen Schritt vor und stolperte über den Teppich, wobei er fast gestürzt wäre.
» Und es ist gut, dich wiederzusehen, Mondstein«, fuhr sie fort und lächelte den Stammesmann an. Mondstein verbeugte sich, sagte jedoch nichts.
Ihr Lächeln bohrte sich in Talaban wie eine Lanze. Sie verhext dich, dachte er. Genau wie Rael prophezeit hat. Sei auf der Hut!
» Was… wolltest du… Warum hast du uns gerufen?«, fuhr Talaban stammelnd fort. Er ärgerte sich über seine eigene Ungeschicklichkeit. Noch nie zuvor hatte er so gestammelt. Er kann sich dumm und peinlich vor.
» Ich bin Sofarita«, erwiderte sie. » Wir mussten uns treffen. Wir haben beide mit Einäugiger-Fuchs gesprochen, und wir wissen beide, dass dieser schreckliche Feind besiegt werden muss.« Sie erzählte ihm von Almeia, dem lebenden Kristall, dem Herzen des Volks der Almecs. Talaban lauschte, wie sie das Entsetzen beschrieb, das alle Völker dieser Welt erwartete, falls die Almecs den Sieg davontrügen. Außerdem gab sie ihm eine kurze Zusammenfassung ihrer Gespräche mit Rael und Mejana. Der Krieger versuchte, sich zu konzentrieren, aber seine Gedanken schweiften unaufhörlich ab. Der Schwung ihres Halses war wundervoll, ihre Schultern einfach perfekt. Er starrte auf ihre Lippen, während sie sprach, versuchte sich auf ihre Worte zu konzentrieren. Sie hatte so weiche Lippen, so voll, so schimmernd…
» Geht es dir gut, Kapitän?«, erkundigte sie sich plötzlich.
» Gut? Ja, mir geht es gut. Bist du dabei, mich zu verhexen, Mistress?«
» Wenn, dann nicht absichtlich, Ser«, erwiderte sie kühl. Mondstein neben ihm lachte leise, und dieses Geräusch wirkte wie ein Eimer Quellwasser auf Talaban. Es vertrieb seine Anspannung.
» Normalerweise benehme ich mich nicht so ungeschickt«, meinte er. » Ich bitte um Entschuldigung, Mistress.«
» Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, Talaban. Aber sag mir, bist du von der Wendung der Ereignisse nicht überrascht? Wie findest du diese neue Allianz mit den Vagaren?«
» Das kann ich nicht sagen«, erwiderte er aufrichtig. » Es ist alles zu schnell geschehen.« Er sah ihr in die Augen und stellte zu seiner Freude fest, dass er dies tun und trotzdem klar denken konnte. » Als der Ozean Parapolis überschwemmte, waren wir verloren. Es war nur eine Frage der Zeit. Und wie es scheint, ist diese Zeit jetzt gekommen.«
» Stimmt dich das traurig?«
» Nein«, antwortete er und stellte überrascht fest, dass er es ehrlich meinte.
» Gut. Ich fürchte nur, die meisten anderen Avatar werden nicht mit dir übereinstimmen. Wenn niemand mehr dem Kristalltod überantwortet wird, werden auch eure Träume von Unsterblichkeit enden. Ihr werdet altern wie andere Menschen auch.«
» Nicht wenn Anu seine Pyramide vollendet«, sagte er. » Sie wird Energie von der Sonne ziehen und die Kristalle speisen, ohne dass Menschen geopfert werden müssen.«
» Questor Anu ist ein großer Mann«, gab sie zurück. » Aber er wird seine Pyramide nicht rechtzeitig vollenden können, um die Städte im Osten zu retten.
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