Der Weg der Könige - Sanderson, B: Weg der Könige - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1
befanden sich mitten auf seinem Rücken. Er sprang von dem Fels herunter und suchte nach Insekten. Tien lachte und sah zu, wie das Wesen von Stein zu Stein hüpfte und sich dabei immer wieder anklammerte. Überall dort, wo es landete, hinterließ es Schleimflecken.
Kal lehnte sich gegen den Fels, beobachtete seinen Bruder und erinnerte sich an die gar nicht so fernen Zeiten, als die Jagd auf Lurge noch viel aufregender gewesen war.
»Was wirst du tun?«, fragte Laral und verschränkte die Arme vor der Brust. »Hast du vor, nach Kharbranth zu gehen, wenn dein Vater es will?«
»Ich weiß nicht«, sagte Kal. »Die Ärzte nehmen keinen an, der weniger als sechzehn Weinungen hinter sich hat, also habe ich noch Zeit zum Nachdenken.« In Kharbranth befanden sich die besten Chirurgen und Heiler. Das wusste jeder. Es hieß, dass es in der Stadt mehr Krankenhäuser als Tavernen gab.
»Das klingt so, als zwinge dich dein Vater dazu, das zu tun, was er will. Als wäre es ihm ganz gleich, was dein Wunsch ist«, sagte Laral.
»Das ist doch immer so«, sagte Kal und kratzte sich am Kopf. »Den anderen Jungen ist es egal, wenn sie Bauern werden,
weil ihre Väter schon Bauern sind, und Ral ist gerade der neue Zimmermann des Ortes geworden. Folglich ist es ihm egal, dass er jetzt den gleichen Beruf hat wie sein Vater. Warum also sollte es mir etwas ausmachen, Arzt zu werden?«
»Ich wollte nur …« Laral schien jetzt wütend zu sein. »Kal, wenn du in den Krieg ziehst und eine Splitterklinge findest, dann wirst du ein Hellauge sein … ich meine … ach, es ist sinnlos. « Sie lehnte sich zurück und schlang die Arme noch enger um sich.
Kal kratzte sich erneut am Kopf. Sie verhielt sich wirklich sonderbar. »Ich hätte nichts dagegen, in den Krieg zu ziehen, Ruhm zu erringen und all das. Hauptsächlich mag ich es zu reisen. Zu sehen, wie es in anderen Ländern ist.« Er hatte Geschichten von exotischen Bestien gehört, von gewaltigen Schalentieren und singenden Aalen. Von Rall Elorim, der Stadt der Schatten und Kurth, der Stadt der Blitze.
In den letzten Jahren hatte er viel Zeit mit diesen Geschichten verbracht. Kals Mutter hatte gesagt, er solle sich nicht so sehr auf seine Zukunft konzentrieren müssen, sondern lieber ein Kind sein. Lirin hatte dagegen eingewandt, die Prüfungen, die die kharbranthischen Ärzte durchführten, seien sehr schwierig. Wenn Kal sie bestehen wollte, musste er früh mit dem Lernen anfangen.
Aber Soldat zu werden … die anderen Jungen träumten davon, in die Armee einzutreten und mit König Gavilar zu kämpfen. Es wurde davon gesprochen, gegen Jah Keved Krieg zu führen. Wie würde es sein, die Helden aus den Geschichten zu sehen und mit Großprinz Sadeas oder mit Dalinar dem Schwarzdorn zu kämpfen?
Endlich begriff der Lurg, dass er hereingelegt worden war. Er ließ sich auf einem Felsen nieder und spann sich wieder in einen Kokon ein. Kal ergriff einen kleinen, verwitterten Stein vom Boden, legte Tien die Hand auf die Schulter und hielt den Jungen davon ab, die müde Amphibie weiter zu ärgern.
Kal beugte sich vor und stupste den Lurg mit zwei Fingern an. Er hüpfte vom Fels auf Kals Stein. Dieser gab ihn Tien, der mit großen Augen zusah, wie sich der Lurg seinen Kokon spann, die feuchte Seide ausspuckte und sie mit winzigen Klauen formte. Dieser Kokon war von innen wasserdicht und wurde von getrocknetem Schleim versiegelt. Aber das Regenwasser konnte den Behälter auflösen.
Kal lächelte, hob die Feldflasche an die Lippen und trank. Es war kühles, sauberes Wasser, aus dem der Krem schon herausgefiltert war. Krem – dieser matschige braune Stoff, der zusammen mit dem Regenwasser niederging – konnte einen Menschen krank machen. Jeder wusste das, nicht nur die Ärzte. Man ließ das Wasser immer einen Tag lang stehen, goss dann frisches Wasser darauf und benutzte den Krem zur Herstellung von Töpferware.
Schließlich war der Lurg mit seinem Kokon fertig. Sofort griff Tien nach der Flasche.
Kal hielt sie hoch. »Er ist jetzt müde, Tien. Er wird nicht mehr herumspringen.«
»Och.«
Kal senkte die Flasche und klopfte seinem Bruder auf die Schulter. »Ich setze ihn auf den Stein, damit du ihn herumschleppen kannst. Vielleicht holst du ihn später wieder heraus. « Er lächelte. »Oder du lässt ihn durchs Fenster in Vaters Badewasser fallen.«
Bei dieser Aussicht brach Tien in ein breites Grinsen aus. Kal fuhr dem Jungen durch die dunklen Haare. »Geh und sieh nach, ob du vielleicht
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