Der Weg der Könige - Sanderson, B: Weg der Könige - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1
arbeiteten, der darin gerade Sonnenlicht ausstrahlte und das Schwert der Vergeltung über dem Kopf hielt.
Sie erreichten das Vorzimmer des Königs, einen großen, offenen Raum, der von zehn Mitgliedern der königlichen Garde bewacht wurde, die in Blau und Gold gekleidet waren. Dalinar kannte jedes einzelne Gesicht; er persönlich hatte diese Einheit zusammengestellt und die Mitglieder ausgesucht.
Großprinz Ruthar wartete ebenfalls darauf, mit dem König zu sprechen. Er hatte die muskulösen Arme vor der Brust verschränkt -
und trug einen gestutzten schwarzen Bart, der seinen Mund einrahmte. Sein roter Seidenumhang war kurz geschnitten und besaß keine Knöpfe; es war kaum mehr als eine Weste mit Ärmeln und lediglich eine symbolische Verneigung vor der traditionellen Alethi-Uniform. Das weiße Hemd darunter war zerknittert, die blaue Hose saß locker und hatte breite Umschläge.
Ruthar warf einen Blick zu Dalinar hinüber und nickte kurz – ein winziges Zeichen des Respekts. Dann drehte er sich wieder um und plauderte mit einem seiner Begleiter. Er verstummte jedoch, als die Wachen vor der Tür beiseitetraten und Dalinar hindurchließen. Ruthar machte ein Geräusch der Verärgerung. Dalinars ständiger Zugang zum König war den anderen Großprinzen ein Dorn im Auge.
Der König befand sich zwar nicht in seinem Offiziersraum, aber die Türen zum Balkon standen weit offen. Dalinars Gardisten blieben zurück, während er auf den Balkon hinaustrat. Renarin folgte ihm zögernd. Das Licht draußen nahm allmählich ab; der Sonnenuntergang stand bevor. Es war taktisch klug gewesen, den Palast auf so erhöhter Stelle zu errichten, aber dies bedeutete auch, dass der Ort von den Stürmen unbarmherzig umtost wurde. Das war ein altes Dilemma in der Kriegsführung: Wählte man die beste Lage, um den Stürmen zu entgehen, oder zog man einen hohen Aussichtspunkt vor?
Die meisten hätten sich für das Erstere entschieden. Es war unwahrscheinlich, dass die Kriegslager am Rande der Zerbrochenen Ebene angegriffen wurden, daher schien der Vorteil eines hochgelegenen Hauses weniger ins Gewicht zu fallen. Doch Könige bevorzugten die Höhe. Und in diesem Fall hatte Dalinar Elhokar zugeraten.
Der Balkon war ein dicker Felsvorsprung, der aus der Spitze eines kleinen Berges ausgeschnitten und mit einem eisernen Geländer versehen worden war. Die Räume des Königs befanden sich in einer seelengegossenen Kuppel auf dem Berg, und
Rampen und Treppen führten zu tieferen Ebenen im Fels. Hier hielt sich das Gefolge des Königs auf: Gardisten, Sturmwächter, Feuerer und entfernte Familienmitglieder. Dalinar hatte einen eigenen Bunker im Kriegslager. Er weigerte sich jedoch, ihn einen Palast zu nennen.
Der König lehnte sich gegen das Geländer – zwei Wächter beobachteten ihn aus der Ferne. Dalinar bedeutete Renarin mit einem Handzeichen, er möge sich zu den Wächtern gesellen, damit er mit dem König unter vier Augen reden konnte.
Die Luft war noch kühl – der Frühling kam gerade erst – und roch süß von den Düften des Abends: blühende Steinknospen und nasser Stein. Unten erschienen Lichter in den Kriegslagern: zehn glitzernde Kreise aus Wachtfeuern, Herdfeuern, Lampen und dem ruhigen und gleichmäßigen Glimmen aufgeladener Edelsteine. Elhokar blickte über die Lager hinweg auf die Zerbrochene Ebene. Sie erschien außer dem gelegentlichen Schimmern eines Wachtpostens vollkommen dunkel.
»Beobachten sie uns von da draußen?«, fragte Elhokar, als sich Dalinar neben ihn stellte.
»Wir wissen, dass ihre Überfallkommandos nachts unterwegs sind, Euer Majestät«, antwortete Dalinar und legte die Hand auf das Geländer. »Ich nehme an, dass sie uns im Auge haben.«
Der König trug den traditionellen langen Mantel mit Knöpfen an den Seiten. Aber er saß locker, und gekräuselte Seide schaute an Kragen und Ärmelaufschlägen hinaus. Seine Hose war von kräftigem Blau und genauso locker geschnitten wie die Ruthars. Auf Dalinar wirkte er sehr informell. Die Soldaten wurden zunehmend von einer nachlässigen Offiziersschar angeführt, die sich in Seide kleidete und die Abende auf Festen verbrachte.
Das ist es, was Gavilar vorhergesehen hat, dachte Dalinar. Deswegen hat er auch so darauf beharrt, dass wir den Kodex befolgen.
»Du siehst nachdenklich aus, Onkel«, sagte Elhokar.
»Ich denke nur über die Vergangenheit nach, Euer Majestät. «
»Die Vergangenheit ist doch unwichtig. Ich blicke ausschließlich nach vorn.«
Dalinar
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