Der Weg der Könige - Sanderson, B: Weg der Könige - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1
war sich nicht sicher, ob er diesen beiden Aussagen zustimmen konnte.
»Manchmal glaube ich, es sollte mir möglich sein, die Parschendi zu sehen«, sagte Elhokar. »Ich habe das Gefühl, dass ich sie entdecken, ihren Ort bestimmen und sie jagen könnte, wenn ich nur lange genug hinausblickte. Ich wünschte, sie würden wie Ehrenmänner gegen mich kämpfen.«
»Wenn sie Ehrenmänner wären«, sagte Dalinar und umklammerte die Hände hinter dem Rücken, »dann hätten sie Euren Vater nicht so getötet, wie sie es getan haben.«
»Was glaubst du, warum haben sie es denn überhaupt getan?«
Dalinar schüttelte den Kopf. »Diese Frage geht mir immer wieder durch den Kopf, wie ein Felsblock, der einen Hügel hinunterrollt. Haben wir ihre Ehre beleidigt? War es vielleicht ein kulturelles Missverständnis?«
»Ein kulturelles Missverständnis würde aber voraussetzen, dass sie überhaupt eine Kultur haben . Es sind doch primitive Tiere. Wer weiß schon, warum ein Pferd austritt oder ein Axthund beißt? Ich hätte lieber nicht fragen sollen.«
Dalinar erwiderte nichts darauf. In den Monaten nach Gavilars Ermordung hatte er dieselbe Wut und Verachtung gespürt. Er verstand Elhokars Verlangen, diese seltsamen, aus einem wilden Lande stammenden Parscher höchstens als bessere Tiere anzusehen.
Aber er war schon in jenen frühen Zeiten mit ihnen bekannt gewesen. Er hatte sich mit ihnen unterhalten. Ja, sie waren primitiv, das traf schon zu, aber sie waren doch keine Tiere. Sie waren auch nicht dumm. Wir haben sie nie richtig
verstanden, dachte er. Ich vermute, das ist der Haken an der ganzen Sache.
»Elhokar«, sagte er sanft. »Ich glaube, es ist an der Zeit, dass wir uns einige schwierige Fragen stellen.«
»Welche denn?«
»Zum Beispiel, wie lange wir diesen Krieg noch weiterführen wollen.«
Elhokar zuckte zusammen. Er drehte sich um und sah Dalinar an. »Wir kämpfen, bis der Rachepakt erfüllt und mein Vater gerächt ist!«
»Edle Worte«, bemerkte Dalinar. »Aber wir sind jetzt schon sechs Jahre fort von Alethkar. Es ist nicht gesund für das Königreich, zwei weit voneinander entfernte Regierungssitze zu unterhalten.«
»Könige ziehen oft für lange Zeit in den Krieg, Onkel.«
»Aber selten für so lange Zeit«, entgegnete Dalinar, »und selten nehmen sie jeden einzelnen Splitterträger und Großprinzen des Reiches mit. Unsere Mittel sind begrenzt, und aus der Heimat habe ich gehört, dass die Reschi beständig dreister in ihren Überfällen an der Grenze werden. Als Volk sind wir noch immer zersplittert und trauen einander nicht sehr. Und die Art dieses langen Krieges – ohne einen klaren Weg zum Sieg und mit dem Schwerpunkt eher auf der Ansammlung von Reichtümern als auf dem Landgewinn – hilft uns auch nicht unbedingt weiter.«
Elhokar schniefte; der Wind blies ihnen auf dem hohen Felsen entgegen. »Du sagst, es gäbe keinen klaren Weg zum Sieg? Aber wir gewinnen doch! Die Parschendi-Überfälle werden seltener und sie schlagen auch nicht mehr so weit westlich zu wie früher. In den Schlachten haben wir Tausende von ihnen getötet.«
»Das reicht aber nicht«, sagte Dalinar. »Sie sind noch immer ungewöhnlich stark. Die Belagerung kostet uns viel mehr als sie.«
»Warst du nicht derjenige, der diese Taktik vorgeschlagen hat?«
»Damals war ich ein anderer Mann und voller Trauer und Wut.«
»Verspürst du diese Gefühle nun etwa nicht mehr?«, fragte Elhokar verblüfft. »Onkel, ich kann es einfach nicht glauben! Du willst doch nicht ernsthaft vorschlagen, dass ich mit diesem Krieg aufhöre, oder? Soll ich vielleicht wie ein geschundener Axthund nach Hause zurückkriechen?«
»Ich habe ja gesagt, dass es heikle Fragen sind, Euer Majestät«, bemerkte Dalinar und hielt seine Verärgerung mühsam im Zaum. Es war so schwierig. »Aber sie müssen gestellt werden.«
Zornig stieß Elhokar die Luft aus. »Dann ist es also wahr, was Sadeas und die anderen tuscheln. Du veränderst dich, Onkel. Es hat etwas mit diesen Vorfällen zu tun, nicht wahr?«
»Sie sind unwichtig, Elhokar. Hört mir zu! Was sind wir bereit, für die Rache zu geben?«
»Alles.«
»Und wenn dieses alles all das bedeutet, wofür Euer Vater gearbeitet hat? Ehren wir die Erinnerung an ihn, indem wir seine Vision von Alethkar untergraben, nur um seinen Namen zu rächen?«
Der König zögerte.
»Ihr verfolgt die Parschendi«, fuhr Dalinar fort. »Das ist lobenswert. Aber Ihr dürft nicht zulassen, dass Euer Verlangen nach
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