Der Weg der Könige - Sanderson, B: Weg der Könige - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1
rieche einen feinen Mann in dir.«
»Ja«, sagte der Schelm und warf einen Blick über die künstliche Insel. »Er hat ziemlich gut geschmeckt. Dalinar, ich fürchte, ich bin nicht derjenige, der diese Warnung braucht. Wenn Ihr heute Nacht nach Hause kommt, dann sprecht Eure Befürchtungen ein paarmal vor dem Spiegel aus. Es gibt eine Menge Gerüchte.«
»Gerüchte?«
»Ja. Schreckliche Dinger. Sie wachsen auf den Menschen wie Warzen. Es wird über Euch geredet.«
»Über mich wird immer geredet.«
»Diesmal ist es aber schlimmer als sonst«, sagte Schelm und sah ihm in die Augen. »Habt Ihr wirklich vorgeschlagen, den Rachepakt aufzugeben?«
Dalinar holte tief Luft. »Das war ausschließlich eine Sache zwischen mir und dem König.«
»Er muss auch mit anderen darüber gesprochen haben. Dieser Haufen hier besteht aus Feiglingen, und zweifellos fühlen sie sich deshalb als Experten auf diesem Gebiet, denn so haben sie Euch in der letzten Zeit oft genannt.«
»Sturmvater!«
»Nein, ich bin nur ein Schelm. Aber ich verstehe, wie leicht dieser Fehler gemacht werden kann.«
»Weil du so viel heiße Luft herumwirbelst«, knurrte Dalinar, »oder weil du so viel Lärm machst?«
Ein breites Grinsen zerteilte das Gesicht des Schelms. »Also, Dalinar, ich bin wirklich beeindruckt! Vielleicht sollte ich Euch zum Schelm machen; dann könnte ich Großprinz sein.« Er hielt inne. »Nein, das wäre ganz schlecht. Ich würde verrückt werden, wenn ich den anderen auch nur eine einzige Sekunde lang zuhören müsste, und dann würde ich den ganzen Haufen vermutlich abschlachten. Kremlinge sollten an ihre Stelle gesetzt werden; dann ginge es dem Königreich zweifellos besser.«
Dalinar wandte sich ab. »Vielen Dank für die Warnung.«
Schelm setzte sich wieder auf seinen Schemel, während Dalinar weiterging. »Gern geschehen. Ah, Hellherr Habatab! Wie umsichtig von Euch, bei einem solchen Sonnenbrand ein rotes Hemd zu tragen! Wenn Ihr damit fortfahrt, mir meine Arbeit so leichtzumachen, dann fürchte ich, dass mein Verstand so trüb wie der von Hellherr Tumul wird! Oh, Hellherr Tumul! Was für eine Überraschung, Euch hier stehen zu sehen! Ich wollte Eure Dummheit nicht beleidigen. Sie ist wirklich recht beeindruckend und des Lobes wert. Herr Yonatan und Herrin Meirav, ich werde es mir diesmal verkneifen, Euch zu beleidigen, da Ihr vor kurzem erst geheiratet habt, auch wenn ich Euren Hut sehr beeindruckend finde, Yonatan. Es ist wohl ziemlich praktisch, etwas auf dem Kopf zu tragen, das man nachts auch als Zelt benutzen kann. Ah, ist das da hinter Euch etwa Herrin Navani ? Wie lange seid Ihr schon wieder auf der Ebene, und wie kommt es denn, dass ich das nicht am Geruch bemerkt habe?«
Dalinar erstarrte. Wie bitte ?
»Offensichtlich hat dein eigener Gestank den meinen überlagert«, sagte eine warme weibliche Stimme. »Hat bisher niemand meinem Sohn einen Dienst erwiesen und dich umbringen lassen?«
»Nein, bislang nicht«, sagte Schelm belustigt. »Wahrscheinlich wissen sie einfach noch nicht, wohin sie mich bringen sollen.«
Schockiert drehte sich Dalinar um. Navani, die Mutter des Königs, war eine stattliche Frau mit schwarzen Haaren, die zu einer komplizierten Frisur hochgesteckt waren. Sie sollte gar nicht hier sein.
»Also wirklich, Schelm«, sagte sie. »Ich war der Meinung, dass ein solcher Humor unter deiner Würde sei.«
»So sehr, wie Ihr unter mir sein würdet«, sagte der Schelm lächelnd von seinem hohen Schemel herunter.
Sie rollte mit den Augen.
»Unglücklicherweise, Hoheit«, erwiderte Schelm mit einem Seufzen, »habe ich mich dazu herabgelassen, meine Beleidigungen in Worte zu kleiden, die dieser Haufen versteht. Wenn es Euch gefällt, werde ich aber gern versuchen, mich einer gesetzteren Sprache zu befleißigen.« Er hielt inne. »Kennt Ihr vielleicht ein Wort, das sich auf Dreckschleuder reimt?«
Navani drehte den Kopf und sah Dalinar mit ihren hellvioletten Augen an. Sie trug ein elegantes Kleid, dessen schimmernd rote Oberfläche von keinerlei Stickwerk geschmückt wurde. Die Edelsteine in ihren Haaren, die von einigen grauen Strähnen durchzogen waren, leuchteten ebenfalls rot. Die Königsmutter war als eine der schönsten Frauen Alethkars bekannt, aber Dalinar hatte diese Einschätzung immer als erniedrigend empfunden, denn es gab sicherlich in ganz Roschar keine Frau, die ihr an Schönheit gleichkam.
Du Narr, dachte er und riss den Blick von ihr los. Das ist die Witwe deines Bruders.
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