Der Weg der Könige - Sanderson, B: Weg der Könige - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1
viele bereits einen unangenehmen Eindruck. Aber sie hatten nicht das Geringste dagegen, über Stein zu schreiten
oder Sturmlicht als alltägliche Leuchtquellen einzusetzen. Sie ignorierten die Geister der Dinge, die in ihrer Nähe lebten, und sie aßen, was sie wollten und wann sie wollten.
Seltsam. Äußerst seltsam. Und doch war das jetzt sein Leben. Vor kurzem hatte Szeth damit begonnen, einige der Beschränkungen, die er früher so streng befolgt hatte, in Frage zu stellen. Warum sollten diese Ostländer denn nicht über Stein schreiten? In ihrem Land gab es keinen Erdboden. Wie sollten sie umhergehen, ohne dabei Stein zu betreten?
Gefährliche Gedanken. Seine Lebensweise war alles, was ihm noch geblieben war. Wenn er den Steinschamanismus in Frage stellte, zweifelte er dann nicht auch seine eigene Natur als Unwahrer an? Gefährlich, gefährlich. Obwohl ihn seine Morde und Sünden verdammten, würde doch wenigstens seine Seele bei seinem Tod an die Steine übergeben werden. Er würde weiterexistieren. Bestraft, unter Schmerzen, aber nicht ins Nichts verbannt.
Es war besser, in dauernden Qualen zu verharren, als vollkommen zu verschwinden.
Makkek schritt über den Boden der Spielhölle, eine Frau an jedem Arm. Er war nicht mehr dürr, und sein Gesicht hatte allmählich eine saftige Rundlichkeit angenommen, wie eine reife Frucht nach den tränkenden Wassern. Verschwunden waren auch seine zerrissenen Straßenräuberkleider; inzwischen trug er luxuriöse Seide.
Makkeks Gefährten – diejenigen, die bei ihm gewesen waren, als sie Nahm getötet hatten – waren inzwischen alle ebenfalls tot, ermordet von Szeth auf Makkeks Geheiß. Und dies alles nur, um das Geheimnis des Eidsteins zu bewahren. Warum schämten sich diese Ostländer bloß so sehr wegen der Art und Weise, wie sie Szeth beherrschten? Befürchteten sie denn, dass ihnen ein anderer den Eidstein stehlen könnte? Hatten sie Angst, dass die Waffe, die sie so gewissenlos einsetzten, gegen sie benutzt werden konnte?
Vielleicht glaubte Makkek auch bloß, es könnte seinen Ruf gefährden, wenn bekanntwurde, wie einfach Szeth zu kontrollieren war. Szeth hatte viele Gespräche über Makkeks schrecklich guten Leibwächter belauscht. Wenn ein Geschöpf wie Szeth Makkek diente, dann musste sein Meister noch gefährlicher sein.
Makkek ging an der Stelle vorbei, wo Szeth lauerte, und eine der Frauen an seinen Armen lachte glockenhell auf. Makkek warf einen raschen Blick zu Szeth hinüber und machte eine knappe Handbewegung. Szeth senkte den maskierten Kopf, glitt von seinem Platz herab, sprang auf den Boden, und sein überlanger Mantel flatterte hinter ihm her.
Die Spiele wurden unterbrochen. Sowohl die betrunkenen als auch die noch nüchternen Männer beobachteten Szeth, und als er an den drei Männern mit dem Feuermoos vorbeikam, wurden deren Finger schlaff. Die meisten in diesem Raum wussten, was Szeth heute Nacht tun würde. Ein Mann war nach Bornwasser gekommen und hatte seine eigene Spielhölle eröffnet, womit er Makkek herausforderte. Vermutlich glaubte dieser Neuankömmling nicht an den Ruf von Makkeks phantomartigem Mörder. Er hatte durchaus Grund für seine Skepsis. Szeths Ruf entsprach nicht der Wirklichkeit.
Szeth war weitaus gefährlicher, als allgemein angedeutet wurde.
Er schlich aus der Spielhölle, ging die Treppe zum dunklen Lagerraum hinauf und trat in den Hof hinaus. Mantel und Maske warf er in einen Wagen, an dem er vorbeikam. Der Mantel würde nur unnötige Geräusche machen, und warum sollte er sein Gesicht bedecken? Er war der einzige Schin in der Stadt. Wenn jemand seine Augen sah, wusste er sofort, dass es sich um Szeth handelte. Die eng anliegende schwarze Kleidung hingegen behielt er an; zu lange würde es dauern, sie zu wechseln.
Bornwasser war der größte Ort in diesem Gebiet. Es hatte nicht lange gedauert, bis Makkek Staplind zu klein geworden war. Jetzt sprach er davon, nach Kniespitz zu ziehen, wo der örtliche Gutsherr wohnte. Wenn es so weit kommen sollte, würde Szeth viele Monate lang in Blut waten, bis er jeden Dieb, jeden Mordbuben und jeden Besitzer einer Spielhölle, der Makkeks Oberherrschaft nicht anerkennen wollte, ausfindig gemacht und umgebracht hatte.
Doch das lag noch mehrere Monate in der Zukunft. Jetzt kam erst einmal der Eindringling in Bornwasser, ein Mann namens Gavaschaw, an die Reihe. Szeth schlich durch die Straßen, hielt sich von Sturmlicht und Splitterklingen fern und verließ sich auf seine
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