Der Weg der Könige - Sanderson, B: Weg der Könige - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1
dort zum Teil von einer kleinen Felskuppel bedeckt wurde. Er sprang hinunter auf die Kuppel – Sturmlicht trat aus seinem Körper. Es war durchscheinend, strahlend, makellos. Wie der Geist eines Feuers, das in ihm brannte und seine Seele verzehrte.
Er rief seine Splitterklinge in der Stille und Finsternis und benutzte sie, um ein Loch in die Kuppel zu schneiden. Dabei setzte er die Klinge so an, dass der Steinblock nicht nach innen fiel. Dann senkte er die freie Hand, lud den gelockerten Stein mit Licht auf und peitschte ihn in den nordwestlichen
Teil des Himmels. Zwar war es gut möglich, einen Gegenstand auf einen so fernen Punkt zuzupeitschen, wobei es unmöglich schien, genau zu zielen. Es war ganz so, als würde man einen Pfeil in eine große Ferne schießen.
Er trat zurück, als das herausgeschnittene Stück Stein nach oben ruckte und in die Luft stieg. Es verströmte Sturmlicht, als es auf die verschwommenen Farbtupfer der Sterne zuflog. Szeth sprang in das Loch und peitschte sich sofort zur Decke. Er drehte sich in der Luft und landete mit den Füßen auf der Unterseite der Kuppel neben dem Rand des Loches, das er soeben geschnitten hatte. Aus seiner Perspektive stand er nun auf dem Boden einer gigantischen Steinschüssel, in die ein Loch gestanzt war, durch das er auf die Sterne unter sich schauen konnte.
Er ging den Rand der Schüssel hoch und peitschte sich nach rechts. Nach wenigen Sekunden hatte er den Boden erreicht und orientierte sich neu, so dass sich die Kuppel nun über ihm erhob. Aus der Ferne hörte ein leises Krachen. Das Sturmlicht in dem Steinblock war erloschen, er selbst war auf den Boden geprallt. Szeth hatte weit außerhalb der Stadt gezielt. Hoffentlich hatte er niemanden getötet.
Gewiss waren die Wächter jetzt abgelenkt und suchten nach der Ursache für den fernen Lärm. Szeth atmete tief ein und leerte seinen zweiten Beutel mit Edelsteinen. Das Licht, das aus ihm herausströmte, wurde heller, und so sah er den Raum, in dem er sich befand, ganz deutlich.
Wie er erwartet hatte, war dieses Zimmer leer. Es schien ein selten benutzter Festsaal mit Tischen, Bänken und kalten Kaminen zu sein. Hier war es still, die Luft roch muffig. Wie in einer Gruft. Szeth eilte zur Tür, steckte seine Splitterklinge zwischen sie und den Rahmen und schnitt den Riegel durch. Dann drückte er die Tür auf. Das Sturmlicht, das aus seinem Körper aufstieg, erhellte den dunklen Korridor, der sich dahinter befand.
Zu Anfang seiner Zeit bei Makkek hatte Szeth darauf geachtet, seine Splitterklinge nicht einzusetzen. Aber als seine Aufgaben immer schwieriger geworden waren, hatte er sich gezwungen gesehen, sie zu Hilfe zu nehmen, um unnötige Morde verhindern zu können. Nun waren zusätzlich zu den üblichen Gerüchten auch Geschichten über Löcher in Steinen und Tote mit verbrannten Augen in Umlauf geraten.
Allmählich schenkte Makkek diesen Gerüchten Glauben. Dennoch hatte er bisher nicht verlangt, dass Szeth seine Splitterklinge herausgab. Wenn Makkek einmal darauf bestehen sollte, würde er das Zweite herausfinden, was Szeth verboten war. Er musste die Klinge bis zu seinem Tod bei sich tragen, nach dem die Steinschamanen der Schin sie von demjenigen herausfordern würden, der ihn getötet hatte.
Szeth huschte durch die Korridore. Er befürchtete nicht, dass Makkek die Klinge an sich nehmen wollte, aber es machte ihm doch Sorgen, wie kühn der Herr der Verbrecher inzwischen geworden war. Je mehr Erfolg Szeth hatte, desto dreister wurde Makkek. Wie lange würde es wohl noch dauern, bis er Szeth nicht mehr nur zur Ermordung unbedeutender Rivalen, sondern auch zur Tötung von Splitterträgern oder mächtigen Hellaugen einsetzte? Wie lange würde es dauern, bis jemand die Verbindung zog? Ein Schin-Mörder mit einer Splitterklinge, der außerordentlich verstohlen und zu rätselhaften Taten in der Lage war? Könnte das nicht der inzwischen berüchtigte Mörder in Weiß sein? Makkek konnte den Alethi-König und dessen Großprinzen von ihrem Krieg auf der Zerbrochenen Ebene weglocken und nach Jah Keved führen. Dann würden Tausende sterben. Blut mochte ebenso fließen wie der Regen in einem Großsturm – dick, zerstörerisch und alles bedeckend.
Er lief weiter den Gang entlang und trug die Splitterklinge hinter sich gerichtet. Heute würde er wenigstens einen Mann töten, der dieses Schicksal auch verdient hatte. War es zu still
in den Korridoren? Seit er das Dach verlassen hatte, war er keiner Seele
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