Der Weg des Feuers
ihr werdet alle vernichtet. Wir aber, die Anhänger des wahren Glaubens, wir werden reich und glücklich. Und mein Heimatland, Libyen, kann endlich Rache nehmen!«
»Während du darauf wartest, mach mir mal eine Liste mit den Verstecken deines Herrn.«
Der dicke bärtige Kerl wurde von einer lauten
Auseinandersetzung geweckt.
Der Haarschneider, der den Befehl zur Ermordung der Sicherheitsleute gegeben hatte, war an das Leben im Untergrund gewöhnt und ahnte sofort die drohende Gefahr. Ein Blick aus dem Fenster genügte, und er wusste, dass er Recht hatte.
Sobek war hinter ihm her.
Dann hatten also sein Untergebener und dessen Handlanger versagt und geredet!
Es gab nur einen einzigen Fluchtweg: über die Terrasse. Dort wimmelte es aber bereits von Sicherheitsleuten. Auf der anderen Seite waren sie dabei, seine Tür einzutreten. Einem Verhör von Sobek würde der Libyer nicht Stand halten.
Ganz ruhig griff er nach seinem besten Rasiermesser, dessen Klinge er gerade erst geschärft hatte. Der Prophet würde stolz auf ihn sein und dem Märtyrer die Pforten zum Himmel öffnen.
Mit gekonntem Griff schnitt sich der Anhänger des wahren Glaubens die Kehle durch.
Die Bevölkerung von Memphis freute sich lautstark darüber, dass die überreiche Nilschwemme der Stadt keinen Schaden zufügen würde. Wieder einmal hatte Sesostris’ Zauberkraft Ägypten vor einem großen Unglück bewahrt.
Und Sobek beendete seinen mündlichen Bericht für die Königin, den Wesir und den Großen Schatzmeister, die die Botschaften aus Nubien einigermaßen beruhigt hatten.
»Dann waren also die Haarschneider die wichtigsten Glieder im Netz der Widerständischen?«, fragte Chnum-Hotep erstaunt.
»Nein, auf keinen Fall. Sie wurden alle festgenommen und verhört, drei haben gestanden: Libyer, die als Verbindungsleute gearbeitet hatten. Sie kannten nur einen Vorgesetzten, einen weiteren Libyer, der sich das Leben genommen hat.
Anscheinend ist die Verbindung zurzeit gekappt. Und es ist unmöglich, an die wahren Auftraggeber heranzukommen.«
»Trotzdem ist das ein erster großer Erfolg«, fand die Königin.
»Zum einen hat Sesostris die schwere Prüfung mit der Nilschwemme erfolgreich überstanden, zum anderen kann sich der Feind jetzt nicht mehr unverwundbar fühlen. Außerdem ist er zumindest für eine gewisse Zeit ohne Verbindung untereinander. Möge das Schicksal dafür sorgen, dass diesem ersten Fehler des Gegners ein zweiter folgt.«
»Der Wind hat sich gedreht«, stellte auch der Wesir fest.
»Mit dem Bau einer magischen Sperre aus Festungen unterdrückt der König den schlechten Einfluss aus dem Hohen Süden. Nach und nach werden wir das verlorene Gebiet zurückerobern.«
Gierig verschlang der Libanese zehn sahnige Gebäckstücke nacheinander. Solange ihn der Wasserverkäufer nicht über das Ergebnis des Überfalls auf den Wachposten unterrichtet hatte, würde seine Fresssucht nicht nachlassen. Aber sein bester Mann verspätete sich, und zwar erheblich!
Schließlich erschien er doch noch.
»Die Sache ist vollkommen danebengegangen«, berichtete er bestürzt. »Sobek war zur Stelle.«
Der Libanese wurde blass.
»Ist ihm der Haarschneider entkommen?«
»Nein, er wurde verhaftet.«
Dem fettleibigen Mann wurde übel. Er musste sich setzen und wischte sich mit einem duftenden Tuch den Schweiß von der Stirn.
»Das ist aber noch nicht alles«, fuhr der Wasserträger fort.
»Sobek hat mit einem groß angelegten Handstreich sämtliche Haarschneider festgenommen.«
»Etwa auch unseren Mann?«
»Er hat sich die Kehle durchgeschnitten, ehe man ihn verhören konnte.«
»So ein tapferer Junge! Dann kann man die Spur also nicht bis zu mir verfolgen.«
Wieder ein wenig beruhigt, schenkte sich der Libanese einen Becher Weißwein ein.
»Zurzeit können sich unsere einzelnen Gruppen nicht untereinander verständigen«, erklärte ihm sein Spitzel.
»Nachdem die Sicherheitskräfte allgegenwärtig sind, wird es eine ganze Weile dauern, bis wir neue sichere Verbindungen geknüpft haben.«
»Was ist mit unseren fliegenden Händlern?«
»Ich kann Euch nur raten, sie ruhen zu lassen. Sobek würde jetzt nur auf sie aufmerksam werden.«
»Dieser tollwütige Hund müsste einfach aus dem Weg geräumt werden!«
»Er ist nicht zu fassen, seine Wachleute verehren ihn geradezu und beschützen ihn dementsprechend. Und seit seinem jüngsten Erfolg hat er in der Bevölkerung noch an Ansehen gewonnen.«
»Mag sein, dass er nicht zu fassen ist.
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