Der Weg des Feuers
war der Königliche Sohn auch schon wieder verschwunden.
»So geht das jetzt jeden Tag!«, jammerte Gergu.
»Heute Morgen erwarten wir ein Getreideschiff. Kümmere dich um das Entladen.«
Der einzige Inselbewohner, ein kleiner grüner Affe, beobachtete verwundert den Esel und den großen Hund, die selbst genauso überrascht, aber nicht feindselig waren. Vorsichtig kletterte der Affe auf einen Felsen und ließ Iker näher kommen.
»Du brauchst keine Angst zu haben«, versuchte der ihn zu beruhigen und schenkte ihm eine Banane.
Der Affe schälte die Banane sorgfältig, ehe er sie genüsslich verspeiste und sich dann auf die Schulter des jungen Mannes setzte.
»Nur keine Eifersucht«, empfahl Iker dem Esel und dem Hund, »ihr bekommt auch etwas zu fressen, aber nur wenn ihr freundlich zu unserem Gastgeber seid.«
Die Fachleute waren mit Ikers Entscheidung einverstanden. Es gab tatsächlich einige Schiffe, die größerer Reparaturen bedurften – vom Kalfatern des Rumpfs bis hin zum Einsetzen neuer Steuerruder. Jeder hatte seine Aufgabe genauestens zu erfüllen, und nichts durfte die Verwirklichung von Sesostris’
unglaublichem Vorhaben behindern.
»Dabei haben wir noch nicht einmal den zweiten Katarakt überwunden!«, rief Sekari in Erinnerung. »Die
Auseinandersetzungen auf der anderen Seite dürften hart und gefährlich werden. Da drüben erwartet uns der Prophet.«
»Begeht er nicht einen großen Fehler, wenn er uns den Ausbau unserer Stützpunkte gestattet?«
»Er glaubt nicht an ihre Wirksamkeit. Was sollen sie nützen, wenn er den größten Teil unserer Armee vernichtet?«
»Der Pharao führt uns nicht in ein derartig verheerendes Unglück«, sagte Iker überzeugt.
»Früher oder später müssen wir aber den steinernen Bauch überwinden.«
»Der König weiß mit Sicherheit, wie er die Angriffe beantworten und uns verteidigen kann.«
»Wenn wir es nur mit einem nubischen Stammesoberhaupt zu tun hätten, wäre mir nicht bange. Aber der Gegner, der uns auflauert, ist der Feind von Osiris.«
In dem kleinen Dorf Buhen, das ganz in der Nähe der großen Festung lag, herrschte gute Stimmung. Mehrere nubische Familien hatten sich dort zusammengefunden, um Triah, dem Prinzen von Kusch, zu entgehen, dessen Gewaltbereitschaft ihnen Angst machte. Er war ein großer Freund von Menschenopfern, und nicht einmal kleine Kinder waren vor ihm sicher. Jeder wusste, dass der gefürchtete Krieger südlich des zweiten Katarakts sein Lager aufgeschlagen hatte. Die Ägypter waren die Einzigen, die ihn noch daran hindern konnten, die Bevölkerung der Umgebung niederzumetzeln. Zorn überkam die Flüchtlinge. Woher nahm sich dieser ägyptische Beamte das Recht, ihre Esel zu beschlagnahmen, ihren wichtigsten Besitz? Nachdem sie bislang gut behandelt und besser ernährt worden waren als vorher, konnten sie diese Ungerechtigkeit nur schlecht hinnehmen. Nach langem Palaver beschlossen die Nubier aber, trotzdem zu bleiben. Kehrten sie nach Hause zurück, würden ihnen Triahs Krieger die Köpfe abschlagen und sie wie siegreiche Trophäen schwenken. Da war es noch besser, die Unterdrückung durch die Ägypter zu ertragen, die nicht so gewalttätig und außerdem einträglicher war, weil sie bereits einen Tauschhandel mit ihnen begonnen hatten. Und hatte ihnen der Pharao nicht eine Art örtlicher Verwaltung mit einem gemischten Gericht versprochen, um militärische Übergriffe zu verhindern?
Ein junger Mann lehnte sich gegen seine Eltern auf, weil er ihre Hoffnungen nicht teilte. Er verfluchte ihre Feigheit, verließ seine Hütte und lief in die Savanne, um die Truppen von Triah, seinem großen Vorbild, zu suchen. Wegen seiner guten Ortskenntnis gelangte er dann auch an sein Ziel. Als sie ihn auf sich zulaufen sahen, legten zwei Bogenschützen ohne Befehl auf ihn an.
Der erste Pfeil bohrte sich in die linke Schulter des jungen Mannes, der zweite in seinen rechten Schenkel.
»Ich bin euer Verbündeter!«, schrie er und schleppte sich zu ihnen.
Die Bogenschützen waren sich unsicher, ob sie weiter schießen sollten.
»Ich komme aus Buhen und will Prinz Triah sehen! Ich habe wichtige Neuigkeiten für ihn.«
Sollte er die Wahrheit sagen, würden die beiden Soldaten eine Belohnung bekommen. Also brachten sie den Verletzten zum Zelt ihres Herrn.
Triah hatte sich gerade mit zwei seiner Frauen vergnügt und trank Dattelschnaps.
»Prinz, dieser Gefangene will Euch sprechen.«
»Er soll sich hinknien und den Blick senken.«
Die
Weitere Kostenlose Bücher