Der Weg des Feuers
froh, dass er etwas zu tun hatte.
37
Mit einem Schlag war Sekari wach.
»Was für ein schrecklicher Albtraum – ich habe Gurken gegessen! Das bedeutet nichts Gutes, es ist mit großem Ärger zu rechnen.«
»Schlaf einfach weiter«, riet ihm Iker, der noch sehr müde war.
»Mach dich nicht über die Bedeutung der Träume lustig! Und außerdem: Fang und Nordwind sind auch gerade aufgewacht.«
Das erschien dem Königlichen Sohn sehr unwahrscheinlich, aber tatsächlich, die beiden Gefährten waren auf den Beinen und ließen den Fluss nicht aus den Augen.
»Das ist allerdings ungewöhnlich. Sind denn auch alle Wachen auf ihren Posten?«
»Rühr dich nicht von der Stelle, ich sehe nach.«
Vorsichtig näherte sich Sekari der Schreinerwerkstatt. Der Wachmann war verschwunden.
Jetzt lief Sekari zu dem Zelt, in dem die Soldaten schliefen.
»Wacht auf und verteilt euch«, befahl er ihnen, »wir werden angegriffen.«
Kaum hatten die Ägypter ihr Zelt verlassen, als die Angreifer es auch schon mit brennenden Fackeln in Brand setzten in der irrigen Annahme, die darin schlafenden Feinde zu braten. Es kam zum erbitterten Kampf Mann gegen Mann, dessen Ausgang ungewiss war.
Sekari eilte Iker zu Hilfe, der gerade heftig von zwei Syrern bedrängt wurde. Mit schnellen, geschickten Bewegungen wich der junge Mann den Dolchen aus. Er tötete den ersten Syrer, den zweiten warf Fang zu Boden und biss ihm die Kehle durch.
Aber schon brannten drei Schiffe.
Weil die Widerständler auf einen Überraschungsangriff gesetzt hatten, waren sie nicht zahlreich genug, um die ägyptische Festung zu besiegen. Trotz starker Verluste gewannen die Soldaten des Pharaos die Oberhand. Im Schein der Flammen erkannte Iker den haarigen Kerl, der gerade das vierte Schiff anzünden wollte.
»Schiefmaul!«
Der Mann drehte sich um.
»Verflucht, bist du noch immer nicht tot, verdammter Schreiber!«
Der Dolch, den er voller Wut nach ihm schleuderte, verfehlte Iker nur um Haaresbreite.
Schiefmaul sprang in den Nil und war verschwunden. Der Pharao leitete höchstpersönlich die
Begräbnisfeierlichkeiten für den ägyptischen Offizier, der bei dem Angriff auf das Dorf von Buhen getötet worden war. Und auch die anderen Opfer erhielten eine angemessene Bestattung. Sesostris’ Gegenwart beruhigte die Truppen ein wenig, die von so viel Grausamkeit entsetzt waren. Ihm zur Seite stand Iker, der gerade einen Überraschungsangriff mitten in der Nacht zurückgeschlagen hatte. Es gab zwar den Tod mehrerer Soldaten und den Verlust von drei Schiffen zu beklagen, aber das Vorhaben der Aufständischen war gescheitert.
»Die Pause ist beendet«, verkündete der Pharao. »Jetzt ist es an der Zeit, dass wir den steinernen Bauch überwinden.«
Aufgeregtes Gemurmel ging durch die Ränge.
»Ich werde es als Erster wagen, in Begleitung von Iker. Vergesst eure Schutzamulette nicht und haltet euch streng an die Befehle von General Nesmontu.«
Iker blieb allein bei Sesostris und sah, wie dieser einige Worte auf eine goldene Palette, Zeichen seiner Würde als Hoher Priester von Abydos, schrieb.
Die Schrift des Königs verwandelte sich, andere Zeichen kamen zum Vorschein und nahmen die Stelle derer ein, die er geschrieben hatte. Dann lösten sich auch diese auf, und die Palette wirkte wieder wie unberührt.
»Das Unsichtbare antwortet auf lebensnotwendige Fragen«, erklärte der König. »Morgen, kurz vor Tagesanbruch, fahren wir auf die andere Seite des steinernen Bauchs.«
»Er ist nicht schiffbar, Majestät!«
»Zu dieser Stunde wird er es sein. Vier Kräfte unterstützen die gerechte Tat: die Fähigkeit des Lichts, der Großmut, das Vermögen, Stärke zu beweisen, und die Herrschaft über die Elemente: akh, user, ba und sekhem. Das ist der Inbegriff der schöpferischen Kräfte des Universums, von denen das Leben die empfindlichste und zugleich stärkste ist. Sie durchströmt uns ständig, aber wer spürt das schon wirklich? Re, das himmlische Licht, öffnet unseren Geist für die Eröffnungen, die noch folgen. Wenn deine Vogel-Seele erwacht, kannst du den Himmel erreichen, vom Sichtbaren ins Unsichtbare übergehen und wieder zum Sichtbaren zurückkehren. Die Reise von einer Welt in die andere befreit dich aus der Sklaverei des menschlichen Mittelmaßes und lässt dich der Herrschaft der Zeit entkommen. Nimm wahr, was hinter den Dingen steht, und lerne die Gaben des Himmels zu erkennen.«
»Kann die Löwin nicht auch tausend Armeen besiegen?«
»Sie ist
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