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Der Weg des Feuers

Der Weg des Feuers

Titel: Der Weg des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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von Armee und Sicherheitskräften. Den wenigen Nachrichten zufolge, die die zeitweiligen Priester mitbrachten, lieferte sich Sesostris heftige Kämpfe in Nubien. Ob die Falle des Propheten wohl zerstörerisch genug war?
    Je mehr solche Tage verstrichen, umso mehr ärgerte sich der ehemalige Geometer, und umso größer wurde sein Hass auf den Pharao und auf Abydos. Er war sich so sicher gewesen, das richtige Mittel für seine Rache gefunden zu haben, und jetzt sollte er die Hoffnung aufgeben? Nein, nein, er musste nur Geduld beweisen. Dank der erstaunlichen Macht des Propheten dürfte diese Zeit der Ungewissheit nicht mehr lange dauern. Wie anmaßend war es von Sesostris zu glauben, er könne den Hohen Süden erobern. Er würde dort im Kampf gegen ihm unbekannte Kräfte scheitern, die seinen weitaus überlegen waren.
    Wenn die Sieger dann über Abydos hereinbrechen würden, wäre Bega der neue Hohe Priester!
    An diesem Tag hatte er zumindest einen Grund zur Freude: den Abstieg von Isis. Seit langem war ihm diese schöne Priesterin schon ein Dorn im Auge, weil sie viel zu schnell in der Rangfolge, die seiner Meinung nach den Männern vorbehalten sein sollte, nach oben geklettert war. Der ständige Priester verabscheute die Frauen, vor allem wenn sie sich mit heiligen Dingen beschäftigten. In vollkommener Übereinstimmung mit der Lehre des Propheten hielt er sie der Priesterschaft für unfähig. Ihr Platz war zu Hause, im Dienst für ihren Gatten und ihre Kinder. Sobald Bega in Abydos die Macht übernahm, würde er alle Priesterinnen von dort verjagen.
    Zum Glück schien Isis’ Schicksal endlich einen anderen Weg zu nehmen. Da sie bereits sehr oft nach Memphis gerufen worden war, hatte sie gute Aussichten, Oberpriesterin des weiblichen Kollegiums und mit diesem Titel eine der wichtigsten Persönlichkeiten der heiligen Stadt zu werden. Doch die Aufgabe, die ihr der Kahle gerade anvertraut hatte, war ein klarer Bruch auf diesem Weg! Ganz offensichtlich hatte die junge Frau das Missfallen des Pharaos erregt. Denn heute hatte man sie dazu verdammt, einen niederen Dienst zu tun, der für gewöhnlich Aufgabe der Wäscher war, die sich darüber im Übrigen nicht zu wenig beklagten: Sie sollte im Kanal Wäsche waschen!
    Bega hatte den Verdacht gehegt, Isis sei eine Spionin im Dienste von Sesostris und damit beauftragt, das Tun und Handeln der ständigen Priester zu beobachten und den Herrscher beim geringsten Verdacht zu unterrichten. Nun stellte sich heraus, dass sie nur eine ganz unbedeutende Ränkeschmiedin war, ein dummes Wesen, das sehr grob auf seinen wahren Platz verwiesen wurde. Bega war begeistert, sie so erniedrigt zu sehen, hütete sich aber wohlweislich, das Wort an eine derart untergeordnete Dienstbotin zu richten und machte sich an die Erledigung seiner rituellen Pflichten.

    Sorgfältig wusch Isis den königlichen Umhang aus weißem Leinen, wobei sie etwas Salpeterschaum verwendete, damit das kostbare Stück wieder strahlend sauber wurde. Nie hätte sie gedacht, dass ihr der Kahle eine so heilige Aufgabe zuweisen würde wie das Waschen von Osiris’ Kleidung, die er bei der Feier der Mysterien tragen würde.
    Die junge Frau war ganz in ihre Tätigkeit vertieft und schenkte den verächtlichen und abschätzigen Blicken keine Aufmerksamkeit. Diesen Umhang in der Hand zu halten, der von den Göttinnen im Geheimen gewebt worden war, bedeutete für sie einen neuen Abschnitt auf ihrem Weg. Seit der
    Geburt der pharaonischen Gesellschaft hatten
    wahrscheinlich nur sehr wenige das Glück gehabt, dieses Gewand zu betrachten.
    »Bist du fertig?«, fragte der Kahle, mürrisch wie immer.
    »Seid Ihr mit dem Ergebnis zufrieden?«
    Der weiße Umhang von Osiris strahlte in der Sonne.
    »Falte ihn zusammen und lege ihn in diese Truhe.«
    Das kleine Möbelstück mit Einlegearbeiten aus Elfenbein und blauer Keramik war mit geöffneten Papyrusdolden verziert. Isis legte das Kleidungsstück hinein.
    »Kannst du die unstoffliche Grenze wahrnehmen, die an diesem Ort Gestalt annimmt?«, fuhr der Kahle fort.
    »Abydos ist das Tor zum Himmel.«
    »Möchtest du es durchschreiten?«
    »Ja, das möchte ich.«
    »Dann folge mir.«
    Auf Befehl des Pharaos, der den Vorsitz über den Goldenen Kreis von Abydos hatte, führte der Kahle Isis bis zu einer Kapelle des Osiris-Tempels.
    Auf einem niedrigen Tisch stand ein senet-Spiel, der
    »Durchgang«.
    »Setz dich und spiele diese Partie weiter.«
    »Wer ist der Gegner?«
    »Das Unsichtbare. Da du

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