Der Weg des Feuers
Euer neuer Auftrag?«
»Ich soll mit dem Königlichen Rat zusammenarbeiten und für Sicherheit im ganzen Land sorgen. Nachdem wir nicht in seine Falle im syrischen Palästina getappt sind, wird der Prophet bestimmt bald wieder zuschlagen, wahrscheinlich sogar in Ägypten.«
»Abydos ist ebenfalls weiterhin in Gefahr«, meinte die junge Frau. »Seinen Bewohnern hätte es genauso ergehen können wie den Einwohnern von Memphis. Dieses Ungeheuer wollte so viele Ritualisten wie möglich töten und das heilige Reich von Osiris schwächen.«
»Dann wart Ihr selbst also auch in Gefahr?«
»Das Einzige, was zählt, ist der Baum des Lebens. Wenn ich ihn unter Einsatz meines Lebens heilen könnte, würde ich nicht zögern.«
Aufmerksam beobachtet von dem Esel und dem Hund, die das Gespräch verfolgt hatten, näherte sich Iker der jungen Frau.
»Seid Ihr ganz sicher, dass Ihr mich nicht liebt, Isis?«
Die Priesterin zögerte ein wenig.
»Ich wäre mir gern sicher, aber ich kann auch nicht lügen. Bei einem Ritual musste ich auf einen Sockel steigen, der Maat darstellt, und habe geschworen, stets bei der Wahrheit zu bleiben, worum auch immer es geht.«
»Dieses Ritual habe ich auch erlebt und fast den gleichen Schwur abgelegt«, erzählte Iker. »Nach meinem siegreichen Kampf gegen den falschen Propheten wollte mich der Syrer Amu verheiraten. Der Gedanke an eine andere Frau ist mir unerträglich! Deshalb beschloss ich zu fliehen, auch wenn es mich das Leben kosten sollte. Wie Ihr Euch auch entscheidet, Isis, Ihr bleibt für immer die einzige Frau in meinem Leben.«
Der Kapitän wurde allmählich ungeduldig. In Anbetracht der vielen Schiffe, die auf dem Nil unterwegs waren, benötigte er Windstille, um den Anker zu lichten.
»Wann sehen wir uns wieder?«
»Das weiß ich nicht, Iker.«
Nach diesen Worten schritt sie langsam den Landesteg hinauf, so als täte es ihr Leid, diese Zweisamkeit beenden zu müssen.
Aber machte Iker sich nicht vielleicht nur etwas vor, um sich einen Funken Hoffnung zu bewahren?
Nesmontus Vorschlag war überzeugend. Dank seiner erstaunlichen Anpassungsfähigkeit hatte sich der alte General innerhalb kürzester Zeit eine neue Vorgehensweise ausgedacht, mit der man den Feind überrumpeln konnte. Die Besatzungstruppen im syrischen Palästina sollten auf ein Mindestmaß beschränkt werden und den jetzigen Zustand erhalten, Unruhestifter festnehmen und falsche Nachrichten verbreiten, um unter den Stämmen und Sippen Zwietracht zu säen.
In Ägypten sollte die Armee nicht in Gestalt einer geballten und nur schwer zu bewegenden Macht auftreten, sondern in einem Verband von Einheiten, die jeweils aus vierzig Bogenschützen und vierzig Speerwerfern bestanden. Angeführt wurden sie von einem Leutnant mit Unterstützung eines Fahnenträgers, eines Schiffskapitäns, eines Schreibers, dem Verpflegungstrupp und einem Fachmann für Landkarten. Die Leutnants erhielten ihre Befehle ausschließlich von General Nesmontu, der ständig über die Aufstellung und die Unternehmungen der Truppen in ganz Ägypten wachte, wobei er besonderes Augenmerk auf strategisch wichtige Punkte und die Anlegestellen richten sollte. Die örtlichen Wachmannschaften waren für die Sicherheit der Stadt-und Dorfbewohner zuständig. Und ein zweites Heer – das der Schreiber – überprüfte alle Lieferungen und Waren. Das Unglück von Memphis durfte sich auf keinen Fall wiederholen.
»Sind die Zwei Weißen Häuser in der Lage, die
erforderlichen Mittel aufzubringen?«, wollte der Wesir wissen.
»Ja, ganz bestimmt«, antwortete Senânkh. »Unseren Streitkräften wird es an nichts fehlen.«
»Ich habe vor, die meisten Hafenmauern zu erneuern und zu befestigen«, versprach Sehotep, »das erleichtert die Landemanöver sehr.«
»Ist der Königliche Sohn denn mit diesen Maßnahmen einverstanden?«, fragte Sobek mit einem Hauch von Spott in der Stimme.
»Wenn es in der Zusammenarbeit zwischen
Sicherheitskräften und Armee keine absichtlichen Nachrichtenlücken gibt, bin ich sehr zuversichtlich.«
»Unterstellst du mir etwa böse Absichten?«
»Das habe ich nicht gesagt! Aber eine reibungslose Zusammenarbeit erfordert allergrößte Anstrengungen.«
»Stimmt«, schloss Nesmontu, »und die werden wir leisten.«
In enger Zusammenarbeit mit dem Wesir lernte Iker die Wirkungsweise der Reichsbehörden kennen. Die drohende Gefahr spornte die Schreiber zu Höchstleistungen an, damit kein noch so schwerer Angriff die Ministerien daran
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