Der Weg des Feuers
wüsste ich doch gern noch ein paar Einzelheiten.«
»Wir greifen einen Wachposten an.«
»Bist du verrückt geworden!«
»Das ist ein Befehl unseres Herrn.«
»Dann ist er verrückt geworden!«
»Ganz im Gegenteil, auf so einen Überraschungsangriff ist Sobek nicht vorbereitet. Das wird eine große Niederlage für ihn, vielleicht wirft man ihn sogar raus, und die ganze Stadt wird sich vollkommen schutzlos fühlen.«
»Die Sicherheitsleute werden sich aber verteidigen!«
»Wenn wir unseren Überfall gut vorbereiten, lassen wir ihnen dafür gar keine Zeit. Noch ein Befehl von oben: keine Überlebenden.«
»Das ist alles viel zu gefährlich.«
»Ich habe bereits einen Posten ausgekundschaftet, der besonders ausgesetzt ist, am nördlichen Stadtrand: Es sind nur etwa zehn Männer, davon zwei Schreiberlinge und vier alte Männer. Im Morgengrauen, vor dem Wecken, sind sie müde und denken an nichts als an ihr Frühstück.«
»So gesehen…«
»Und nach dem Erfolg dieses Unternehmens haben dann auch die Sicherheitsleute selbst Angst.«
32
Iker überwachte die Ausstattung des königlichen Betts auf dem Schiff des Pharaos, das die ägyptische Kriegsflotte nach Nubien führen sollte. In diesem Meisterwerk der Tischlerkunst, das schlicht und äußerst stabil gebaut war, sollte der Hüne ausgezeichnet schlafen können. Die Matratze bestand aus überkreuzten Hanfseilen, die mit zwei Gurten am Bettrahmen befestigt waren, wodurch man weich gefedert lag. Vier Füße in Form von Löwenpfoten sorgten für sicheren Stand, der noch verstärkt wurde durch die Wachsamkeit der Raubkatze, die den Schlaf des Königs beschützen sollte. Ihr zur Seite stand der kleine Gott Bes, der mit Messern bewaffnet war, um den bösen Träumen den Garaus zu machen. Der Königliche Sohn räumte die Kleidungsstücke seines Vaters in Truhen aus Sykomorenholz und achtete dabei darauf, dass kein unliebsamer Gegenstand hineingelangte. Schließlich prüfte er noch den Zustand der Sandalen, die dreifache Ledersohlen und verstärkte Nähte hatten.
Geordnet nach Einheiten gingen Nesmontus Soldaten an Bord der Schiffe. Die Intendanturschreiber arbeiteten mit Gergu zusammen, und an Bord der Verpflegungsschiffe fehlte es an nichts. Hier waren außerdem die Waffen – Pfeile und Bogen, Schilde, Äxte, Wurfspieße, Dolche und andere kurze Schwerter – untergebracht.
»Unsere Armee verkörpert nicht nur Stärke«, vertraute Nesmontu Iker an. »Sie ist auch Ausdruck der Weltenordnung, die der Pharao gestaltet, denn es genügt nicht, die Begriffe
›Liebe, Friede, Brüderlichkeit‹ nur zu verkünden, wenn sie anerkannt werden sollen. Der Mensch kommt nicht gut zur Welt. Von Natur aus neigt er zu Neidgefühlen, Gewalttätigkeit und Herrschsucht. Liefert sich der Schöpfer keinen Kampf gegen die Mächte der Finsternis? Der Herr über die Zwei Länder nimmt sich ihn zum Vorbild.«
Gua, wie immer mit seiner viel zu schweren ledernen Arzttasche in der Hand, wandte sich an den Königlichen Sohn.
»Wo ist das Schiff für Kranke und Verletzte?«
»Es ist das Letzte ganz hinten.«
»Stehen mir ausreichend Heilmittel, Verbandszeug und Instrumente zur Verfügung?«
»Das überprüft Ihr am besten selbst«, schlug Iker vor. Ein Mann mit silbergrauem Haar und ernster Miene, der damit beschäftigt war, Säckchen mit Heilpflanzen zu ordnen, empfing sie auf dem Schiff.
»Ich bin Gua, der Arzt. Und wer bist du?«
»Pharmazeut Renseneb.«
»Was hast du gelernt?«
»Ich wurde im Haus des Lebens im Chnum-Tempel von Elephantine ausgebildet. Ich weiß, wie man Tränke, Aufgüsse, Pillen, Salben und Zäpfchen herstellt.«
»Haben wir genug Heilmittel vorrätig?«
»Ich habe mich auf eine lange Reise und viele Kranke und Verletzte eingerichtet.«
»Das sehen wir uns am besten gemeinsam an.«
Iker ließ die beiden Fachleute allein und ging auf die Ufermauer. Mit Unterstützung von Priesterinnen der Satis und der Anuket füllte Isis Krüge mit Wasser des neuen Jahres.
»Es ist reich an ka«, erklärte ihm die junge Frau, »und belebt den Körper, indem es Müdigkeit und harmlose Krankheiten verschwinden lässt. Die Krüge sind innen mit undurchlässigem Ton ausgekleidet, damit sich das Wasser gut hält. Eine Süßmandel pro Liter schützt vor bösen Überraschungen. Am schwierigsten sind die Korken: Zu ihrer Herstellung braucht man Dattelknospen und Pfropfen aus Grünpflanzen. Für größere Gefäße verwenden wir einen Lehmkegel in Form einer Halbkugel, der auf
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