Der Weg in die Dunkelheit 1: Die Erwählte (German Edition)
leiser; er sprach mit der sorgfältigen Betonung eines Menschen, der gegen den Schlaf ankämpft. » Jetzt weiß ich es nicht.« Seine Hand legte sich an meine Hüfte. » Das ist doch ein Anfang, oder?«
» Ein sehr guter Anfang.«
Kapitel 31
» Ich hätte Blumen mitbringen sollen«, sagte ich. » Das wollte ich auch, aber ich habe es vergessen. Es war ein bisschen viel los. Das weißt du wahrscheinlich.«
Veritys Grab war immer noch mit Trauergestecken übersät, obwohl die Blüten bereits schlaff herabhingen und braune Ränder hatten. Wenn ich über Magie verfügt hätte, hätte ich sie in Ordnung gebracht. Stattdessen kniete ich mich hin und schob sie beiseite, fegte verwelkte Blüten und Stücke trockener Blätter weg.
In einem anderen Bereich des Friedhofs scharte sich ein Meer aus Ausgehuniformen der Navy um Kowalskis Familie, während die Ehrengarde einen Salut abfeuerte. Der Knall hallte in der Luft nach. Ich sah einen Moment lang hin und drehte mich dann wieder um.
» Ich denke immer noch, dass du anrufen wirst oder wir uns im Unterricht sehen.« Ich erinnerte mich an die samtige Schwärze, die ich im Nebel berührt hatte. » Dumm, oder? Luc hat gesagt, dass sogar Magie ihre Grenzen hat, und er hatte recht. Er hatte mit vielen Dingen recht. Das würde ich ihm auch sagen, aber jetzt ist er weg. Wer weiß? Vielleicht sehe ich ihn nie wieder.«
Der Gedanke war seltsam schmerzlich, und ich schloss kurz die Augen, verdrängte ihn.
Als ich sie wieder öffnete, hockte Luc auf der anderen Seite des Grabs. » Sie hat die ganze Zeit von dir geredet«, sagte er und legte einen Strauß Rittersporn in reinem, dunklem Indigoblau in die Lücke, die ich geschaffen hatte. » Es war, als würde ich dich kennen, bevor wir uns überhaupt begegnet sind.«
» Hast du auf mich gewartet?«
Einer seiner Mundwinkel hob sich. » Nur mein Leben lang.«
» Nicht!« Mein Ton war schärfer, als ich es beabsichtigt hatte.
» Tut mir leid.« Er wirkte aufrichtig betreten, und er richtete sich auf und streckte die Hand aus, um mir aufzuhelfen. » Wie geht es dir?«
» Gut.«
» Und Cujo?«
» Ihm auch. Danke, dass du ihn gerettet hast.« Colin war am Vortag aus dem Krankenhaus nach Hause gekommen, und niemand war über seine Entlassung glücklicher gewesen als das Pflegepersonal.
» Du hast mich darum gebeten«, sagte er mit einem Schulterzucken.
Ich verschränkte die Finger und wartete. » Es hat funktioniert, oder? Wir haben die Sturzflut aufgehalten? Alles ist in Ordnung?«
» Für den Augenblick. Die Magie verlagert sich. Du hast irgendetwas getan… Wir sind noch nicht ganz dahintergekommen.«
» Ich habe mich gefragt, was du wohl danach tun würdest. Die Frage wird dich sicher beschäftigt halten…« Er hatte sein ganzes Leben in dem Bewusstsein gelebt, dass die Sturzflut der Endpunkt sein würde. Wie fühlte er sich jetzt wohl, da der Rest seines Lebens ihm, befreit vom Schicksal, zurückgegeben war?
» Du hast auch so einiges vor dir«, sagte er, während ich zugleich den Kopf schüttelte. » Du kannst nicht gegen die Tatsache an, dass du das Gefäß bist«, fuhr er fort. » Es liegt noch viel Arbeit vor dir. Außerdem sind die Seraphim nicht einfach verschwunden, nur weil Evangeline es ist.«
» Ist sie wirklich tot?«
» Der Tempel ist zerstört. Es ist schwer vorstellbar, wie sie das hätte überleben sollen, selbst wenn die Magie sie nicht erwischt hätte.« Die Magie, mit der ich sie getroffen hatte, meinte er, den Todesstoß, den ich geführt hatte, die Gerechtigkeit, die ich die ganze Zeit über gewollt hatte. Ich ging in mich, um festzustellen, wie ich mich damit fühlte. Antwort: absolut gut, danke der Nachfrage.
Luc verlagerte sein Gewicht. » Wir sind noch immer gebunden. Kannst du es spüren?«
Ich konzentrierte mich, und dort, fein wie ein Seidenfaden, war die vertraute Verbindung. » Ich habe sie seit dem Tempel nicht mehr gespürt. Ich dachte, sie wäre vielleicht gerissen.«
» Nicht gerissen. Sie hat nur geruht. Ich dachte, du hättest vielleicht gern etwas von dem Spielraum, über den wir gesprochen haben.«
» Ich spiele nicht«, sagte ich. » Schon gar nicht mit dir.«
Er trat einen Schritt auf mich zu und schloss die Hand um mein Handgelenk. Die Verbindung flammte hell auf und zog mich zu ihm. Ich zuckte bei dem Gefühl zusammen, blieb aber eisern stehen.
» Siehst du? Ich verstecke mich nicht, aber das hier ist nicht genug. Du weißt, dass ich recht habe.« Ich wich zurück.
» Du
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