Der Weg in die Dunkelheit 1: Die Erwählte (German Edition)
gesehen.«
» Jedenfalls sind einige von den Stangen entfernt worden– durchgeschnitten, als hätte jemand ein Baukastenspielzeug auseinandergenommen. Verdammt komische Sache. Ich schätze, Sie haben so etwas auf Ihrem Spaziergang nicht bemerkt?« Er beobachtete mich intensiv, die Hände in die Taschen geschoben.
» Nein.«
» War ja klar.« Er begann, den Bürgersteig entlangzugehen, und rief über die Schulter: » Sie sollten wohl besser auf sich aufpassen, Mo. Ihr Freund da drüben scheint das ja nicht gerade toll zu machen.«
Colins Kinn zuckte hoch, und Kowalski spazierte davon, ohne sich noch einmal umzusehen. Colin stand mit drei Schritten neben mir.
» Sei nicht…«, begann ich. Colin packte mich am Ellbogen und schleppte mich über die Straße. » …böse.«
» Wie war dein Buch? Der Shakespeare, den du lesen musstest?«, knurrte er, riss die Beifahrertür auf und stieß mich ins Auto. Er zog am Sicherheitsgurt und beugte sich über mich.
Ich schlug seine Hand weg. » Mann! Das kann ich auch allein!«
» Wirklich? Du beweist mir ja nicht gerade, dass du auch nur den kleinsten Scheiß darüber weißt, wie du allein zurechtkommst!«
Kinder kamen aus der Schule, eine Schar von Mädchen in blaukarierten Röcken und dunkelblauen Strickwesten. Sie drängten sich zusammen und starrten den Truck an. Ich ließ den Sicherheitsgurt einrasten und sank tiefer in meinen Sitz. » Nicht so laut!«
Er knallte die Tür zu und marschierte auf seine Seite hinüber. Ich zuckte zurück, als er einstieg. » Klar. Wir wollen doch nicht, dass die Leute uns anstarren. Ich bin sicher, niemand hat bemerkt, wie du mit dem Detective gesprochen hast.«
» An die Polizei haben sie sich mittlerweile gewöhnt. Auch an Reporter. Du bist etwas anderes.«
» Ich bin jeden Tag hier.« Er fädelte sich in den Verkehr ein und wählte einen schnellen Weg nach Hause.
» Ja. Mit finsterer Miene. Du bist schwer zu übersehen.« Darauf hinzuweisen, dass meine Klassenkameradinnen mehr als nur sein Gesicht anstarrten, würde die Situation nicht besser machen. » Tut mir leid«, sagte ich leiser.
» Wo bist du gewesen?«
» Auf einer Party.« Louisiana.
Ich konnte die Ader an seiner Schläfe regelrecht pochen sehen. » Du hast dich für eine gottverdammte Party aus dem Haus geschlichen?« Seine Stimme triefte vor Abscheu.
» Es war die größte Party des Jahres. Alle waren da. Ich bin jetzt ohnehin schon die örtliche Zirkusattraktion. Entschuldige bitte, dass ich einen Abend lang normal sein wollte.«
Er schüttelte den Kopf. » Dann bitte mich, dich hinzubringen. Schleich dich nicht einfach mitten in der Nacht davon. Du hättest ums Leben kommen können.«
Er hatte durchaus recht– nur nicht so, wie er dachte. » Normale Mädchen nehmen ihre Bodyguards nicht auf Schulpartys mit. Normale Mädchen haben noch nicht einmal Bodyguards.«
» Du bist nicht normal«, sagte er unwirsch und warf mir einen flüchtigen Blick zu. » Das hier wäre einfacher, wenn du es wärst.«
Ich biss mir auf die Lippen. » Na, vielen Dank.«
» So habe ich es nicht gemeint«, sagte er, und sein Ton wurde sanfter. Er schwieg kurz und schüttelte dann den Kopf, wieder ganz geschäftsmäßig. » Wohin bist du noch gegangen? Und erzähl mir nicht, dass die Party auf dem Spielplatz stattgefunden hat, oder irgend so einen Quatsch.«
Ich schluckte. Der Trick beim Lügen bestand, wie ich inzwischen erkannt hatte, darin, so nahe an der Wahrheit zu bleiben wie möglich. » Da war ein Junge auf der Party.«
Colins Hände umfassten das Steuerrad fester. » Hat er dir etwas getan?«
» Nein. Nein. Er hat dummes Zeug geredet, und ich habe versucht, ihm aus dem Weg zu gehen, und da habe ich dann zufällig diese Mädchen belauscht. Die, die diese Party gegeben hat, und all ihre zickigen kleinen Freundinnen, und sie haben über Verity und mich geredet…« Mir brannten die Augen, und meine Kehle schnürte sich zu, aber ich sog einen Atemzug ein und redete weiter: » Sie haben gesagt, es hätte mich treffen sollen. Dass ich das Ziel gewesen wäre, nicht Verity. Wegen Onkel Billy. Warum haben sie das nur gesagt?«
Die harte, zornige Linie seines Mundes schien einen Moment lang weicher zu werden. » Der Spielplatz, Mo.«
Der Mann war wie ein Rottweiler. » Ich bin gegangen. Ich habe meine Handtasche genommen und bin herumgelaufen, bis ich auf dem Spielplatz war. Er kam mir wie ein guter Ort vor, mich hinzusetzen und nachzudenken.«
» Du hattest etwas
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