Der Weg in die Dunkelheit 1: Die Erwählte (German Edition)
Vordertreppe verhört, und ihre eisblauen Augen hätten mich so scharf festgenagelt wie jetzt.
Ich sah Colin an, der neben der Treppe stand, und er zuckte mit den Schultern. » Ist mir recht«, sagte er. » Ruf an, wenn du irgendetwas brauchst.«
Toll. Das eine Mal, da ich auf seinen überbehütenden Charakter baute, spielte Colin mir gegenüber den Vertrauensseligen. Wirkte Evangeline in diesem Augenblick irgendeine Magie? Sie sah nicht danach aus, aber was verstand ich schon von Zaubersprüchen? » Ich hole meine Tasche.«
» Natürlich«, sagte sie. » Es war mir ein Vergnügen, Sie kennenzulernen, Mr.…«
» Donnelly.«
» Mr. Donnelly. Wir sollten in ein paar Stunden zurück sein.«
» Klingt gut.« Colin folgte mir wieder in die Küche und beugte den Kopf zu mir. » Wir sind noch nicht fertig mit unserem Gespräch«, sagte er, und seine Stimme war ein leises Grollen, das ich an meiner Wirbelsäule entlang spüren konnte. » Tu mir einen Gefallen und bring dich für ein Weilchen nicht in Schwierigkeiten, ja?«
» Ich versuch’s.« Ich ließ es sogar aufrichtig klingen.
Und dann war er fort. Ich ging wieder hinaus ins Wohnzimmer, um mich Evangeline zu stellen.
» Wir brechen am besten auf«, sagte sie und führte mich zu dem silbernen BMW , der vor dem Haus im Leerlauf stand. » Es gibt viel zu besprechen.«
Kapitel 14
» Ich hatte kürzlich mehrere faszinierende Gespräche mit Lucien«, sagte Evangeline, als wir losfuhren. » Du warst fleißig.«
Ich überprüfte meinen Sicherheitsgurt ein zweites Mal, strich mir den Rock über den Knien glatt, stieß mit den Zehen gegen meine Tasche– alles, um mich davon abzuhalten, den Ring zu berühren. Luc hatte angedeutet, dass er und Evangeline zusammenarbeiteten, aber wusste sie alles? Jedenfalls mehr als ich, das stand fest. » Lucien? Meinen Sie Luc?«
Evangeline runzelte die Stirn; sie strahlte Missbilligung aus wie eine Kaltfront. » Es ist wirklich ein Jammer. Lucien entstammt einer bekannten Familie, einer der wichtigsten unserer Welt. Das Haus DeFoudre verfügt über ein gewaltiges Maß an politischem Einfluss und zugleich über beträchtliche Magie. Sein Vater hat einen Sitz im Quartorenrat inne. Man sollte doch hoffen, dass Lucien seine Stellung zu würdigen wissen und solch einen kindischen Namen hinter sich lassen würde! Allerdings war er schon immer ein ungebärdiger Junge.« Sie glitt auf den Dan Ryan Expressway hinaus und fädelte sich nahtlos ein. » Dein Mr. Donnelly ist faszinierend. Ein Freund der Familie?«
» In gewisser Weise.« Mir kam ein Gedanke. » Wir gehen doch wirklich Antiquitäten einkaufen, nicht wahr? Denn er wird es herausfinden, wenn wir es nicht tun. So wahnsinnig gut ist er nämlich.«
» Lucien hat erwähnt, dass du unter seinem Schutz stehst. Unpraktisch, aber nicht unüberwindlich.« Sie sah in den Rückspiegel. » Ja, da ist er.«
Ich verrenkte mich auf meinem Sitz. Tatsächlich, der heruntergekommene Truck verfolgte uns in ein paar Wagen Abstand.
» Sie werden doch nicht irgendeinen Zauberspruch wirken, oder? Irgendeinen magischen Hokuspokus, um ihn aufzuhalten?«
» Magischen Hokuspokus?« Sie klang gekränkt. » Wohl kaum. Wir können uns die Lieferung natürlich ansehen, Mo, wenn das dich und deinen Hüter beruhigt.«
» Er ist nicht mein Hüter.«
» Oh? Habe ich euer Verhältnis zueinander missdeutet? Lucien hatte den Eindruck, dass seine Rolle nur darin besteht, dich zu beschützen.«
Ich zwang mich, nicht noch einen Blick zurückzuwerfen. Zum ersten Mal sorgte Colins Gegenwart dafür, dass ich mich sicher fühlte, nicht genervt. Nachdem er aufgehört hatte, mich anzuschreien, hatte er mich sogar wie ein menschliches Wesen behandelt, was nett gewesen war. Aber das änderte nichts. Wie etwa die Tatsache, dass Onkel Billy ihn bezahlte. Oder die Tatsache, dass er für mich in jeder nur denkbaren Hinsicht unerreichbar war. Und es musste doch einen Leibwächterehrenkodex geben, der es ihm verbot, mit der Person, die er bewachte, anzubandeln, oder?
» Da ist nichts zwischen uns«, sagte ich und starrte durchs Fenster die Stadtsilhouette an.
» Na, das macht die Sache einfacher.« Sie bremste leicht, als der Verkehr dichter wurde. » Hast du den Ring bei dir?«
» Ja.«
» Darf ich ihn sehen?«
Ich zog die Kette unter meinem Hemd hervor, und der Ring schwang vor und zurück, wie ein Pendel. » Was bewirkt er überhaupt?«
» Mehrere Dinge. Er dient als Markierung, um die Person zu identifizieren, die
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