Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Weg in Die Schatten

Titel: Der Weg in Die Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jordan Weisman
Vom Netzwerk:
informierte mich darüber, daß er nicht das geringste Bißchen Mitleid oder Bedauern darüber empfand.
    Yamamoto lächelte mechanisch und deutete dann mit dem Kopf auf die beiden anderen Personen im Raum. »Erlauben Sie mir, daß ich Sie miteinander bekannt mache. Dr. Raven, dies sind Samuel Cortez von Natural Vat und seine Begleiterin Wakako Martinas. Bei Mr. Ravens Freunden handelt es sich um Wolfgang Kies und Kid Stealth.«

    Obwohl ich bei der Vorstellung auf den zweiten Platz verwiesen worden war, gab ich Yamamoto doch Punkte dafür, daß er meinen Vornamen richtig ausgesprochen und das ›I‹ in der Mitte so elegant bewältigt hatte.
    Sam Cortez beeindruckte mich nicht im mindesten.
    Obwohl er gut aussah, erschien er mir doch als jemand, der sich dessen allzu deutlich bewußt war. Er trug einen Kimono wie wir alle, aber er schien ihm nicht recht zu passen und wirkte voller Falten. Trotzdem hatte Cortez die Brust absichtlich frei gelassen, damit alle Welt sein rotes Daimyo-Powershirt und seine blaue Boesky‐Powerkrawatte sehen konnte.
    Yamamoto, der mehr als ein halbes Jahrhundert Erfahrung darin hatte, auf den Fersen zu sitzen, und Stealth, dessen Knie größtenteils
    aus
    Metall
    bestanden
    und
    kein
    Empfindungsvermögen in den Unterschenkeln hatte, schienen sich nichts daraus zu machen, die förmliche japanische Haltung zu wahren. Ich selbst nahm resigniert hin, daß ich nach der Audienz unfähig sein würde, aus eigener Kraft zu gehen, und auch Wakako schien den Sturm gut zu überstehen, während Cortez mit sichtlichem Unbehagen hin und her rutschte.
    Und Raven? Wenn er auch nur eine Idee Unbehagen verspürte, so zeigte er es nicht. Er ruhte in sich wie ein Felsen.
    Wakako ihrerseits hatte überhaupt nichts mit einem Felsen gemeinsam. Sie verblaßte ein bißchen im Vergleich zu Nadia und Valerie, aber nicht sehr. Sie saß hochaufgerichtet da, das blauschwarze Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden. Ihre Figur war üppig für die Verhältnisse einer so zierlichen Frau, und aus den Augen funkelte die Lebenslust der Latinos. Da sie so ausgesprochen blau waren, hielt ich sie für Implantate, aber ich war mir nicht ganz sicher. Die Hauttönung lag auf halbem Weg zwischen dem Oliv des spanischen Blutes und dem Bernsteingelb, das ich von ihren japanischen Vorfahren erwartet hätte. Die Mandelform der Augen trug zur exotischen Erscheinung bei. Zögernd gelangte ich zu dem Schluß, daß Cortez doch etwas an sich haben mußte, wenn er für eine solche Frau attraktiv sein konnte.
    Yamamoto wandte sich an Raven. »Mr. Cortez hat mich gerade über den traurigen Tod seiner Vorgesetzten bei Natural Vat, Ms. Nadia Mirin, informiert. Ich habe den Vorschlag unterbreitet, daß er sich noch einmal Gedanken über den Vertrag zwischen unseren beiden Firmen macht, bis Ms. Mirin angemessen betrauert wurde, aber er besteht darauf, die Arbeit ungeachtet seines Schmerzes fortzusetzen.«
    Ravens
    Stimme
    nahm
    denselben
    gedämpften
    und
    respektvollen Tonfall an. »In diesem Fall ist es wirklich sehr wohltuend, daß ich mich zu Ihnen gesellt habe, denn ich bin in der Lage, Mr. Cortez zu erleichtern. Nadia Mirin ist nicht tot.«
    »Unmöglich!« Cortez’ Augen weiteten sich dermaßen, daß sie wie Spiegeleier mit schwarzem Dotter wirkten. »Ich meine, in den Nachrichten wurde gemeldet, daß sie und eine weitere Person bei der Explosion ums Leben kamen, die ihre Wohnung zerstörte! Der Gerichtsmediziner sagt, er wird die Leichen in fünf Stunden identifiziert haben.«
    Raven zuckte die Achseln. »Ich komme gerade von Nadia Mirin, wie meine Kameraden bestätigen können.«
    Yamamoto und Cortez durchbohrten sich gegenseitig mit Blicken. »Falls sie tot ist, hat sie eine sehr hübsche Leiche hinterlassen.« Ich grinste breit, weil ich wußte, daß es Cortez wütend machte. »Und falls sie eine Leiche ist, möchte ich mir bei LoneStar gerne eine Akte als Leichenschänder einhandeln.«
    Yamamoto blickte zu Stealth hinüber. »Und was sagen Sie dazu, Koroshino‐Stealth?«
    »Amateur‐Assassinen liefern auch nur Amateur‐Ergebnisse.«
    Ein Schatten erschien hinter der Shoji‐Tür und klopfte auf den Fußboden. Die Tür glitt zur Seite und gab den Blick auf einen Yakuza mit einem Tablett frei, auf dem eine Flasche Sake und drei Schalen standen. Letztere waren schwarz, mit Gold besetzt und mit einem Muster versehen, das mit dem von Ravens Brosche übereinstimmte. Ich erkannte sofort, daß sich das Sake‐Service in dem Kästchen befunden

Weitere Kostenlose Bücher