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Der Weg in Die Schatten

Titel: Der Weg in Die Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jordan Weisman
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an Emily. Drei Tage waren vergangen, seit ich sie zuletzt gesehen hatte, wie sie vor meiner Tür gestanden und mich mit sonderbar traurigen Augen betrachtet hatte.

Seither hatte ich nichts von ihr gehört. Ich versuchte sie anzurufen, aber sie war entweder nicht zu Hause oder wollte nicht gestört werden. Ich begann zu fürchten, daß ich sie nie wiedersehen würde. Vielleicht hatte sie mich verstanden, als ich langsam das Bewußtsein wiedererlangt und ihr gesagt hatte, daß ich sie liebe. Vielleicht war sie in jener Nacht gekommen, um mir zu sagen, daß sie mich immer als Freund wertschätzen würde, aber …

Vielleicht hatte sie ihr Mut im Stich gelassen. Weil sie mir nicht weh tun wollte, würde sie mir weiterhin aus dem Weg gehen, bis ich kapiert hatte. Wenn ich ihr noch einmal über den Weg lief, würden wir auf der Straße aneinander vorbeigehen, vielleicht höflich lächeln, ein wenig Konversation machen … Ich hatte einen seltsamen Kloß im Hals. Ich fragte mich, ob ich einen Schnupfen bekam.

Wieder hörte ich etwas hinter mir. Ein unendlich leises Geräusch, kaum wahrnehmbar. Eine Ratte? Meine Augen verengten sich, als ich mich weigerte, meiner Paranoia nachzugeben, und resolut weiterging. Da war es wieder, deutlicher diesmal. Ein Schritt. Ich schaute mich um, aber es war niemand da. Tief durchatmend, hielt ich mich nicht auf.

Ich ging den langen Weg bis kurz vor meinem Haus, ohne ein weiteres Geräusch zu hören. Dann war es wieder direkt hinter mir, und diesmal kam es schnell näher. Es war so nahe, daß ich seinen Atem hören konnte. Ich zog die dünne Klinge aus meinem Spazierstock, wirbelte herum und sah gerade noch einen Schatten in einer Gasse verschwinden.

Mir kam der Gedanke, daß ich Drek gebaut und zu viele Spuren bei NatVat hinterlassen haben könnte. Konzerne sind äußerst nachtragend. Bei der Art Schattenspiele, die ich und meinesgleichen gern machen, sind wir außerdem immer der Gefahr ausgesetzt, daß wir irgendeine mächtige Yakuza‐Bande verärgern.

Ich fühlte mich seltsam ruhig. Der Gedanke, daß der Tod neben mir ging und bereit war, seine Sense zu schwingen, ängstigte mich nicht mehr. Ich lächelte dünn. Wenn meine Eingeweide über den ganzen Plex verstreut würden, brächte mir das eine Art von Unsterblichkeit, wie sie selbst eine ganze Legion Halloweener mit Sprühdosen noch nicht einmal hoffen konnte zu erreichen. Ich stählte mich innerlich. Wenn ich schon sterben sollte, wollte ich dem Tod von Angesicht zu Angesicht gegenübertreten. Mit dem Bild Emilys in meinem Herzen wie ein Ritter die Gunst seiner Dame, marschierte ich geradewegs in die Gasse hinein. Bevor ich reagieren konnte, war es über mir.

Etwas Warmes traf mich auf der Brust, und ich stürzte rücklings zu Boden. Meine Klinge flog in hohem Bogen davon.

Das Gewicht des kleinen, kräftigen Körpers, der auf meinen Bauch sprang und sich auf mich setzte, raubte mir den Atem.

Dann umfaßten kleine Hände meinen Kopf, als die Frau sich zu mir herunterbeugte und mich fest auf die Lippen küßte. Zu mir herablächelnd, griff Emily in ihre abgetragene Lederjacke und brachte die schönste rote Rose zum Vorschein, die es für Geld zu kaufen gab.



KEN ST. ANDRE

    Turtle im Turm
    Übersetzt von Christian Jentzsch
    Ich kann Auras sehen. Das ist eines meiner Talente als Elfin und Hexerin. Im Sprawl von Seattle des Jahres 2050 handelt es sich dabei allerdings um keine sehr nützliche Fähigkeit, aber manchmal hilft sie mir doch dabei, mich für jemanden zu erwärmen, oder führt mich zu einem neuen Chummer.
    Er trat eines späten Nachmittags aus dem Nebel, ein großer Mann mit breiten Schultern, schmalen Hüften, einer noch dunkleren Haut, als ich sie habe. Gekleidet war er in einen schweren Mantel mit wasserfester Kapuze. Mit den Händen in den Taschen schritt er langsam dahin und vermittelte dabei doch den Eindruck, er könnte jede Sekunde in Aktivität explodieren. Zum Teil lag das an dem verschwommenen Nimbus aus Farben, durch den ich ihn betrachtete. Nie zuvor sah ich ein wirreres Spektrum um ein menschliches Wesen.
    Kobaltblau diente als Fundament für seine Seele, aber es war durchzogen von scharlachroten Zackenlinien, ein Hinweis auf die Gewalttätigkeit, die in ihm so dicht unter der Oberfläche lauerte. Giftgrün stand für die Furcht, die ihm wie ein Affe auf den Schultern hockte. Indigo kündete von einem scharfen Intellekt. Sonnengelbe Kleckse sprachen von seinem Humor, und all diese Tönungen waren

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