Der Weg in Die Schatten
Innenhof zu ersticken.«
»Ihr müsst sofort gehen«, sagte Kylar so laut, dass alle Adligen ihn hören konnten. »Es kommen mindestens zweihundert weitere Hochländer über die Westbrücke. Das sind wahrscheinlich diejenigen, die im Augenblick im Innenhof kämpfen. Wenn Ihr überleben wollt, rafft zusammen, was immer Ihr an Waffen finden könnt, und befreit die Soldaten, die unten gefangen sind. Andere sind bereits auf dem Weg dorthin. Mit ihnen könnt Ihr es schaffen, aus der Burg herauszukommen. Ihr könnt Widerstand
aufbauen. Ihr habt bereits die Burg verloren; Ihr habt die Stadt verloren. Wenn Ihr Euch nicht beeilt, werdet Ihr auch Euer Leben verlieren.«
Die Nachricht traf die Adligen, die sich um Kylar scharten, wie ein Schwall kalten Wassers. Einige verfielen noch weiter, aber mehrere Edelleute schienen ihr Rückgrat wiederzufinden, während er sprach.
»Wir werden kämpfen, Herr«, sagte Terah Graesin. »Aber einige von uns sind vergiftet worden...«
»Ich kenne diese Gifte. Wenn Ihr so lange überlebt habt, war die Dosis so klein, dass Ihr Euch binnen einer halben Stunde erholen werdet. Wo ist Logan Gyre?«
»Entschuldigung, ich bin Terah Graesin, jetzt Königin Graesin. Wenn Ihr -«
Kylars Augen wurden schmal. »Wo. Ist. Logan. Gyre?«
»Tot. Er ist tot. Der König ist tot. Die Königin ist tot. Die Prinzessinnen sind tot, alle.«
Die Welt erbebte. Kylar hatte das Gefühl, als hätte er soeben einen Hieb in den Magen bekommen. »Seid Ihr sicher? Habt Ihr es gesehen?«
»Wir waren mit dem König in der Großen Halle, als er starb, und ich habe die Königin und ihre jüngeren Töchter in ihren Gemächern gefunden, bevor ich gefangen wurde. Sie waren... es war schrecklich.« Sie schüttelte den Kopf. »Logan und Jenine habe ich nicht gesehen, aber sie müssen die Ersten gewesen sein, die starben. Nachdem der König ihre Heirat bekanntgegeben hatte, haben sie die Große Halle keine zehn Minuten vor dem Staatsstreich verlassen. Der Lordgeneral ist mit einigen Männern fortgegangen, um zu versuchen, sie zu retten, aber er kam zu spät. Diese Männer haben gerade damit geprahlt, wie sie die königlichen Wachen niedergemetzelt hätten.«
»Wo?«
»Ich weiß es nicht, aber es ist zu -«
»Weiß irgendjemand, wohin Logan gegangen ist?«, rief Kylar.
Der Ausdruck auf ihren Gesichtern sagte ihm, dass einige von ihnen die Antwort kannten, aber sie würden es ihm nicht sagen, weil sie Angst hatten, dass er sie dann verlassen würde. Feiglinge. Er hörte weiter hinten im Garten ein Stöhnen und zwängte sich durch die herumstehenden Adligen zu einem bleichen Mann, der schwitzend auf dem Rücken lag. Sein Mund war verkrustet von Schaum, und neben seinem Kopf lag eine Pfütze von Erbrochenem. Er sah so schlimm aus, dass Kylar ihn beinahe nicht erkannt hätte. Es war Graf Drake.
Kylar kniete neben dem Grafen nieder, zog einige Blätter aus seinem Kräuterbeutel und begann sie ihm in den Mund zu stopfen.
»Ihr habt ein Gegenmittel?«, fragte einer der kranken, aber noch stehenden Adligen. »Gebt es mir.«
»Gebt es mir!«, verlangte ein anderer. Sie begannen vorwärtszudrängen. Kylar riss Vergeltung aus der Scheide und legte die Spitze einem der Adligen an die Kehle.
»Wenn einer von Euch mich oder ihn anrührt, werde ich Euch töten. Ich schwöre es.«
»Er ist nur ein Graf!«, sagte eine fette, zitternde Edelfrau. »Er ist arm! Ich werde Euch alles geben!«
Der harte, rachsüchtige Teil von Kylar wollte das Gegenmittel zurückhalten, nur um ihnen ihre Schäbigkeit heimzuzahlen. Stattdessen nahm er den Beutel mit Gegenmittel und warf ihn Terah Graesin zu. »Gebt es jenen, die es am dringendsten brauchen. Es wird nicht jeden retten, der bereits bewusstlos ist, und niemand, der noch steht, braucht es.«
Bei diesem unumwundenen Befehl klappte ihr der Unterkiefer herunter, aber sie gehorchte.
Die Zeit rann Kylar durch die Finger. Er war hier. Er war in der Burg, aber er hatte keine Ahnung, wo in der Burg er gebraucht wurde. Er blickte auf den Grafen hinab und fragte sich, ob er zu spät gekommen war, um ihn zu retten.
Der Graf regte sich. Er öffnete die Augen, und langsam schärfte sich sein Blick. Er würde es schaffen. »Nordturm«, sagte er.
»Dorthin ist Logan gegangen?«
Der Graf nickte erschöpft.
»Es ist zu spät für sie«, erklärte Terah Graesin. »Kämpft mit uns. Ich werde Euch Länder geben, Titel, einen Straferlass...«
Doch ungeachtet des Auf keuchens der Adligen hüllte Kylar sich
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