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Der Weg in Die Schatten

Titel: Der Weg in Die Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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Tür. Er schloss hinter sich ab und umarmte die Schatten.
    Unsichtbar fand er Momma K im Arbeitszimmer, wo sie Berichte aus ihren Bordellen durchsah. Er blickte ihr über die
Schulter und las sie schweigend. Sie versuchte, sich zusammenzureimen, was in der Burg geschehen war.
    Die Nadel sank in das schlaffe Fleisch auf der Rückseite ihres Arms. Sie schrie auf und riss die Nadel heraus, dann drehte sie sich langsam auf ihrem Stuhl um. Sie sah uralt aus.
    »Hallo, Kylar«, sagte sie. »Ich habe dich schon gestern erwartet.«
    Er erschien auf dem anderen Stuhl, ein sich räkelnder junger Tod. »Woher wusstet Ihr, dass ich es bin?«
    »Durzo hätte ein Gift benutzt, das mir Qualen bereitet.«
    »Es ist eine Tinktur von Ariamuwurzel und Hyazinthensporen«, erwiderte Kylar. »Die Qual kommt noch.«
    »Ein langsam wirkendes Gift. Du hast also beschlossen, mir Zeit zu geben. Wozu, Kylar? Um mich zu entschuldigen? Um zu weinen? Um zu betteln?«
    »Damit Ihr nachdenken könnt. Euch erinnern. Bedauern.«
    »Dies ist also die Vergeltung. Es ist ein neuer junger Mörder auf den Straßen, der alten Huren gibt, was sie verdienen.«
    »Ja, und Ihr verdient, eben das zu verlieren, was Euch dazu gebracht hat, Durzo zu verraten.«
    »Und was wäre das, oh Weiser?« Sie lächelte ein Schlangenlächeln.
    »Kontrolle.« Kylars Tonfall war unbewegt, apathisch. »Und greift nicht nach dem Glockenseil. Ich habe eine Handarmbrust, aber sie ist nicht sehr genau. Ich könnte Eure Hand statt des Seils treffen.«
    »Kontrolle nennst du es also«, sagte Momma K und ließ es nicht wie eine Frage klingen. Sie hatte den Rücken gerade durchgebogen. »Weißt du, dass Vergewaltigungen nicht gleichmäßig verteilt sind, nicht einmal unter Huren? Manche Mädchen werden wieder und wieder vergewaltigt. Anderen geschieht das nie.
Diejenigen, die vergewaltigt werden, sind die Opfer. Die Bastarde, die so etwas tun, können es irgendwie spüren. Es geht nicht um ›Kontrolle‹, Kylar. Es geht um Würde. Weißt du, wie viel Würde eine Vierzehnjährige hat, wenn ihr Zuhälter sie nicht beschützt?
    Als ich vierzehn war, wurde ich in das Haus eines Adligen gebracht und genoss dort fünfzehn Stunden ihn und seine zehn engsten Freunde. Danach hatte ich eine Wahl zu treffen, Kylar, und ich habe mich für Würde entschieden. Wenn du also denkst, ich würde betteln, weil du mir ein Gift gegeben hast, das dazu führt, dass ich mir die Seele aus dem Leib scheiße, bis nichts mehr von mir übrig ist, erliegst du einem traurigen Irrtum.«
    Kylar war ungerührt. »Warum habt Ihr uns verraten?«
    Momma Ks Trotz verblasste langsam, während Kylar mit der Geduld eines Blutjungen dasaß. Sie blieb ihm eine Minute lang eine Antwort schuldig, fünf Minuten lang. Er saß mit der ganzen Geduld des Todes da. Mittlerweile, das wusste er, musste ihr übel geworden sein.
    »Ich habe Durzo geliebt«, sagte sie.
    Kylar blinzelte. »Ihr habt was getan?«
    »Ich habe in meinem Leben mit Hunderten von verheirateten Männern geschlafen, Kylar, daher sah ich nie das schmeichelhafteste Porträt der Ehe. Aber wenn er mich gefragt hätte, hätte ich Durzo Blint geheiratet. Durzo ist - war, ich nehme an, du hast ihn getötet? Ja, das dachte ich mir. Durzo war auf seine Weise ein guter Mann. Ein ehrlicher Mann.« Ihre Lippen zuckten. »Ich konnte mit Ehrlichkeit nicht umgehen. Er hat mir zu viele wenig liebenswerte Wahrheiten über mich selbst gesagt, und dieses harte, dunkle Ding, das in mir lebt, konnte das Licht nicht ertragen.«

    Sie lachte. Es war ein bitterer, hässlicher Laut. »Außerdem hat er nie aufgehört, Vonda zu lieben, eine Frau, die seiner absolut unwürdig war.«
    Kylar schüttelte den Kopf. »Also dachtet Ihr, Ihr solltet ihn töten? Was wäre gewesen, wenn er mich getötet hätte?«
    »Er liebte dich wie einen Sohn. Sobald du den Ka’kari gebunden hattest, hat er es mir erzählt. Ein Leben für ein Leben, sagte er. Die göttliche Ökonomie, nannte er es. Er wusste damals, dass er für dich sterben würde, Kylar. Oh, er hat manchmal dagegen angekämpft, aber Durzo war niemals so prinzipienlos, wie er es sich einreden wollte. Außerdem hat er sich verändert, als Vonda starb.
    Ich habe ihn gewarnt, Kylar. Sie war ein liebreizendes, achtloses Mädchen. Die Art Frau, die ohne Herz geboren wird, so dass sie sich nicht vorstellen konnte, das Herz eines anderen zu brechen. Durzo war aufregend für sie. Er war nicht mehr als ihre Rebellion, aber sie starb, bevor er sie

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