Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Weg in Die Schatten

Titel: Der Weg in Die Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
Vom Netzwerk:
lebte, würde er sich um Azoth kümmern.
    Aber wer zur Hölle konnte sie retten?
Solon starrte in die Reste seines sechsten Glases von einem - um es wohlwollend auszudrücken - lausigen sethischen Rotwein. Jeder ehrliche Weinhändler auf der Insel hätte sich geschämt, zur Volljährigkeit seines am wenigsten geschätzten Neffen einen solchen Dreck zu servieren. Und Bodensatz? Das Glas musste mindestens zur Hälfte aus Bodensatz bestanden haben. Irgendjemand musste dem Wirt einmal erklären, dass dieser Wein nicht dazu gedacht war zu altern. Er war dazu gedacht, binnen eines Jahres serviert zu werden. Im Freien. Kaede hätte das nicht geduldet.
    Also erklärte er es dem Wirt. Und entnahm dem Ausdruck auf dem Gesicht des Mannes, dass er es ihm bereits erklärt hatte. Mindestens zweimal.
    Nun, zur Hölle damit. Er zahlte gutes Geld für schlechten Wein, und er hoffte weiterhin darauf, dass er nach einigen Gläsern vielleicht nicht mehr bemerkte, wie schlecht er war. Er irrte sich. Mit jedem Glas ärgerte ihn die jämmerliche Qualität ein wenig mehr. Warum sollte jemand einen schlechten Wein den ganzen Weg über das Große Meer verschiffen? Machten diese Leute damit tatsächlich Profit?
    Während er eine weitere Silbermünze auf die Theke legte, wurde ihm klar, dass es heimwehkranke Narren wie er selbst waren, die ihnen einen Profit eintrugen. Der Gedanke machte ihn krank. Oder vielleicht war das der Wein. Eines Tages würde er Lord Gyre dazu überreden müssen, in sethische Weine zu investieren.
    Er sank auf seinem Stuhl weiter in sich zusammen, gab dem Wirt ein Zeichen, ihm noch ein Glas zu bringen, und ignorierte die wenigen anderen Gäste und den gelangweilten Schankstubenbesitzer. Dies war tatsächlich eine unentschuldbare Übung in Selbstmitleid, etwas, das er Logan Gyre mit der Peitsche ausgetrieben hätte, wenn er sich ein solch unreifes Tun gestattet hätte. Aber er war so weit gereist, und wofür? Er erinnerte sich
an Dorians Lächeln, dieses schelmische kleine Grinsen, das die Mädchen noch jedes Mal in Verzückung versetzte.
    »Ein Königreich liegt in deinen Händen, Solon.«
    »Und was schert mich Cenaria? Es ist eine halbe Welt entfernt!«
    »Ich habe nicht gesagt, das Königreich sei Cenaria, oder?« Wieder dieses verdammte Grinsen. Dann verblasste es. »Solon, du weißt, ich würde dich nicht darum bitten, wenn es eine andere Möglichkeit gäbe...«
    »Du siehst nicht alles. Es muss eine andere Möglichkeit geben. Verrate mir zumindest, was ich tun soll. Dorian, du weißt, was ich zurücklassen würde. Du weißt, was es mich kosten wird.«
    »Ja«, erwiderte Dorian, und seine aristokratischen Züge zeigten einen Schmerz, den ein großer Lord empfinden mochte, wenn er Männer in den Tod schickte, um etwas zu tun, das getan werden musste. »Er braucht dich, Solon...«
    Solons Erinnerungen fanden ein abruptes Ende, als ihm ein Dolch ganz leicht in den Rücken gedrückt wurde. Er fuhr auf seinem Platz hoch und verschüttete den Bodensatz seines siebten Glases auf dem Tisch.
    »Das ist genug, Freund«, sagte eine leise Stimme in sein Ohr. »Ich weiß, was Ihr seid, und Ihr müsst mit mir kommen.«
    »Oder?«, fragte Solon von Schwindel befallen. Wer konnte wissen, dass er hier war?
    »Ja. Oder...« Erheiterung.
    »Oder was? Ihr werdet mich vor fünf Zeugen töten?«, fragte Solon. Er trank selten mehr als zwei Gläser Wein gleichzeitig. Er war zu angeschlagen für dies hier. Wer zur Hölle war der Mann?
    »Und Ihr seid angeblich klug«, fuhr der Mann fort. »Wenn ich weiß, was Ihr seid, und Euch dennoch bedrohe, denkt Ihr, mir gebricht es an dem Willen, Euch zu töten?«

    Jetzt hatte er Solon. »Und was soll mich daran hindern -«
    Der Dolch drückte sich abermals in seinen Rücken. »Genug geredet. Ihr seid vergiftet worden. Ihr tut, was ich sage, und ich werde Euch das Gegenmittel geben. Beantwortet das den Rest Eurer Fragen?«
    »Tatsächlich -«
    »Ihr werdet wissen, dass Ihr wirklich vergiftet wurdet, denn Euer Hals und Eure Achselhöhlen werden jetzt jeden Augenblick zu jucken beginnen.«
    »Oh. Ariamu-Wurzel?«, fragte Solon und versuchte nachzudenken. Bluffte er? Warum sollte er bluffen?
    »Plus einige andere Dinge. Letzte Warnung.«
    Seine Schulter begann zu jucken. Verdammt. Mit der Ariamu-Wurzel hätte er selbst fertigwerden können, aber dies... »Was wollt Ihr?«
    »Geht nach draußen. Dreht Euch nicht um, sagt kein Wort.«
    Solon ging zur Tür und zitterte beinahe. Der Mann hatte gesagt

Weitere Kostenlose Bücher