Der Weg ins Dunkel
draußen tobt ein Krieg, aber sie sind sicher, solange sie auf dem Gipfel bleiben.»
Als Bear alles übersetzt hatte, kam wieder Bewegung in die Männer. Nicht alle trugen Stiefel, aber wer welche hatte, zog schnell die Schnürsenkel heraus. Wer keine hatte, sah sich in der Mine nach einem Stück Schnur um.
Luca legte Bear den Klettergurt um, den er mitgebracht hatte, dann machte er aus Bears Schnürsenkeln Prusikknoten.
«Reicht deine Kraft dafür?», fragte er und strich sich die Haare aus dem Gesicht.
«Ich werd’s schon schaffen. Hauptsache, raus hier.»
Luca half ihr, den rechten Fuß in den Knoten zu setzen. Zuerst bewegte sie sich ungeschickt und nur mit Mühe, und der Knoten zog sich jedes Mal zu, wenn sie den Fuß belastete, doch bald hatte sie das Prinzip verstanden und kam gut voran, mit simultanen Bewegungen von Händen und Füßen. Als Luca fertig zum Aufstieg war, hatte sie bereits dreißig Meter geschafft.
Luca folgte ihr mit geschmeidigen Bewegungen, denen man die Übung ansah, und schnell war er direkt unter ihr. Die Menge applaudierte, als er und Bear dicht beieinander den Rest erklommen und für die Männer in der Dunkelheit nicht mehr zu sehen waren.
Dann folgten ihnen die anderen.
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Kapitel 35
Zwischen den Bäumen bewegte sich etwas. Schemenhafte Figuren huschten von einem zum anderen, aber Genaues war in der Dunkelheit nicht zu erkennen. Die LRA sammelte sich am Fuß des Vulkans. Seit fast einer halben Stunde beobachtete Jean-Luc die Soldaten und sah, dass es immer mehr wurden. Ohne Einzelheiten zu erkennen, wusste er, dass es Hunderte waren.
Louis, sein Mann am Geschütz, verlagerte das Gewicht, drückte sich den Griff des Maschinengewehrs fest an die Schulter und legte den Finger wieder an den Abzug. Sein Gesicht war schweißüberströmt. Fünf Meter vor ihm hatte Thierry, der Pilot, sechs Magazine für seinen M 4 -Karabiner auf dem Felsen bereitgelegt. Er schaute durch das Nachtsichtfernrohr seines Gewehrs und verfolgte die Bewegungen zwischen den Bäumen.
«Kurze, kontrollierte Salven», befahl Jean-Luc leise. «Und die Granaten nicht zu früh einsetzen.» Er wusste, dass beide erfahrene Kämpfer waren und nicht blind in die Nacht schießen würden, aber er wusste auch, wie wichtig es war, sie unmittelbar vor einem Angriff auf sein Kommando einzuschwören. Es gab ihnen Sicherheit und half gegen die steigende Anspannung.
Jean-Luc blickte zum Hubschrauber zurück. Er stand so weit entfernt, dass er vor dem Beschuss der LRA sicher war, doch sobald Mörser eingesetzt würden, gäbe es keinen Weg mehr zurück. Ihre einzige Hoffnung bestand darin, dass Mordecai alle größeren Gefechtswaffen auf den Marsch nach Kinshasa mitgenommen hatte.
Irgendwo tief im Wald wurden Trommeln geschlagen, zuerst langsam, dann immer schneller. Bald wurde auch an anderen Stellen getrommelt, und die Geräusche wurden immer lauter. Als Nächstes drang Rauch aus dem Wald. Von der Baumgrenze aus wurden Rauchgranaten in das Niemandsland zwischen ihnen und der LRA geworfen, und die dichten, ätzenden Rauchwolken dehnten sich in der Luft aus, bis sie eine undurchdringliche Mauer bildeten. So war nicht zu sehen, wo und wie sich der Gegenangriff formierte, während sich der Abstand zwischen den feindlichen Linien verringerte.
«Volle Konzentration», flüsterte Jean-Luc. «Pflückt euch jeden einzelnen Mann. Einen nach dem anderen.»
Er schaute auf die Granaten, die knapp zehn Meter unter ihm auf dem Felsen lagen. Der Rauch drang immer weiter vor und überzog das ganze Gebiet mit einem unwirklichen rötlichen Schleier. Dann ertönte ein wilder Schrei, und die LRA -Soldaten griffen an. Mit zurückgeworfenen Köpfen und weit geöffneten Mündern rannten sie durch den Rauch, erklommen die ersten Felsvorsprünge und feuerten aus ihren Kalaschnikows, was das Zeug hielt. Die meisten Soldaten ließen ihre Magazine automatisch durchlaufen, und Jean-Luc hörte, wie die Kugeln weit über ihm von den Felsen abprallten. Andere rannten auf den Feind zu, ohne zu schießen, und schrien sich die Seele aus dem Leib.
Jean-Luc und seine Männer eröffneten das Feuer und fällten die anstürmenden Soldaten einen nach dem anderen. Mit den Ellenbogen auf Felsvorsprünge gestützt, richteten sie ihre Waffen gnadenlos und konsequent von einem Soldaten auf den nächsten. Eine Fülle von Bewegungen lief gleichzeitig ab. Ein Soldat griff sich an den Hals, als eine Kugel glatt hindurchfuhr, ein anderer fiel
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