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Der Weg ins Dunkel

Der Weg ins Dunkel

Titel: Der Weg ins Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Woodhead
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einzige Hubschrauber, der groß genug ist, um die Minenarbeiter aufzunehmen. Die Mai-Mai werden die LRA ein paar Stunden aufhalten, und dann kann Laurent den Arbeitern Schutz geben, wenn er zurück ist.»
    Thierry sah ihn an. «Verstanden, Major.»
    «Dann los jetzt!»
    Thierry wandte sich den Instrumenten zu und betätigte den Gashebel.
    Der aufheulende Motor übertönte Bears Rufe, während sie sich aus Lucas Griff zu winden versuchte. Mit vollem Körpereinsatz versuchte sie sich zu befreien, während Jean-Luc stocksteif neben dem Hubschrauber stehen blieb, ohne auch nur die Augen vor dem Abwind der Rotoren zu schützen, als die Maschine langsam abhob und sich in einer Kurve von der Bergflanke entfernte. Einen Moment lang blieb sie in der Luft stehen, ehe Thierry die Nase des Hubschraubers senkte und in die Nacht flog.
    Noch lange, nachdem der Hubschrauber nicht mehr zu sehen und zu hören war, blieb Jean-Luc so stehen, bis seine Beine ihn nicht mehr trugen und er zu Boden fiel. Dann setzte er sich mit ausgestreckten Beinen hin und horchte auf seinen schwächer werdenden Atem, der nur noch stoßweise ging. Er wusste, dass er das Richtige getan hatte. So hätte Bear ihn nicht sehen sollen. Er starrte in den dunklen Wald. Die Silhouetten der Bäume zeichneten sich gegen das blasse Mondlicht ab. Jean-Luc sah die Wipfel im Nachtwind schwanken und horchte auf das leise Rascheln der Blätter. Die Trommeln waren weitergezogen, Richtung Westen, und auch der Gefechtslärm nahm ab.
    Lange blieb er so sitzen, ließ den Blick über den endlosen Wald schweifen und genoss den Anblick. Dieser Wald erstreckte sich in unendliche Weiten und war einfach perfekt.
    Das war das Afrika, das er kannte und liebte.
     
    «Wir können noch keine fünf Kilometer weit geflogen sein», schrie Luca ins Mikrophon. «Halten Sie die Maschine mehr Richtung Süden.»
    Thierry nickte, sah auf das GPS -Gerät und korrigierte den Kurs. Dann checkte er die Tankanzeige und erschrak. Um Sprit zu sparen, drosselte er das Tempo. Sie würden mit dem letzten Tropfen in Goma ankommen.
    «Der Sprit reicht für eine Suche von zwölf Minuten», sagte er. «Keine Sekunde länger. Danach ist mir egal, ob wir Ihren Kumpel gefunden haben. Dann fliegen wir weiter.»
    «Er wird uns hören», sagte Luca. «Halten Sie nach einer roten Leuchtspur Ausschau.»
    Wieder nickte Thierry. Er war so erschöpft, dass er sich zwingen musste, aufmerksam zu bleiben. Nun, da der Kampf vorbei war und sein Adrenalinspiegel sank, merkte er, wie müde er war. Er hob eine Hand, um sich die Augen zu reiben, und merkte, dass sie noch nach Schießpulver roch. Auch in seinen Ohren summte es noch vom Gefechtslärm. Aus Erfahrung wusste er, dass es nur zwei Tage dauerte, bis er sich körperlich von der Schlacht erholt haben würde, aber die anderen Nachwirkungen waren manchmal wochenlang zu spüren.
    Hinter ihm wandte Luca sich Bear zu, die sich die verschränkten Arme fest an den Körper drückte. Das Haar hing ihr ins Gesicht, sodass sie kaum etwas sehen konnte, und sie schaukelte vor und zurück.
    Luca legte ihr den Arm um die Schultern und zog sie sanft an sich. Er spürte, dass sie zitterte, und hielt sie fest, ohne etwas zu sagen, den Blick durch die offene Kabinentür auf den schwarzen Wald gerichtet. Nach etlichen Minuten hob Bear den Kopf und sah ihn an.
    «Er kommt nicht nach, oder?»
    Langsam schüttelte Luca den Kopf und murmelte: «Es tut mir so leid, Bear.»
    «Eigentlich sollte es mir egal sein.» Bear schluchzte leise auf. «Neun Jahre lang habe ich ihn nicht gesehen. Warum sollte er mir also noch wichtig sein?» Das alles ergab doch keinen Sinn! Warum war ihr Vater nicht mitgekommen? Wie konnte er sie allein lassen, nachdem er so viel auf sich genommen hatte, um sie aus der Mine zu retten? Sie schloss die Augen und hatte das Gefühl, als würde sie von tonnenschweren Lasten erdrückt. «Ich kann es einfach nicht verstehen.»
    «Ich weiß nur, dass er alles riskiert hat, um dich da rauszuholen», sagte Luca.
    «Und warum verlässt er mich dann gleich wieder?»
    «Ich weiß es nicht, aber er hatte wohl seine Gründe.»
    Plötzlich ging der Hubschrauber in eine Rechtskurve. Luca sah Thierry an, der sich vorbeugte und in den Wald blinzelte.
    «Roter Rauch!», rief Thierry erleichtert.
    Luca rückte näher an die offene Tür und starrte in die Dunkelheit. Der Oryx ging in den Sinkflug. Es sah aus, als schwebte ihnen der Wald entgegen. Bald war deutlich zu erkennen, wie sich Zweige und

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