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Der Weg ins Dunkel

Der Weg ins Dunkel

Titel: Der Weg ins Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Woodhead
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bloße Gedanke daran widersprach allem, was er fühlte. Am liebsten hätte er Bear umarmt und die Zeit angehalten, um für immer in diesem Moment zu verharren. Doch das war keine Grundlage für eine Beziehung. Sie litten beide noch unter den grauenvollen Erlebnissen der letzten Woche. Das gemeinsam Durchstandene hatte sie zwar zusammengeschweißt, aber noch konnten sie nicht einschätzen, was davon Bestand hatte und was nicht. Er zögerte, ehe er sagte: «Wir müssen uns für eine Weile trennen. Du musst zu deiner Familie zurückkehren und dafür sorgen, dass es ihr gut geht. Und mich vergessen.»
    Bears Miene verdüsterte sich noch mehr.
«Mais comment je peux faire cela?»
Wie soll ich das schaffen? «Nach allem, was wir durchgemacht haben, soll ich einfach gehen? Ich kann doch nicht ignorieren, was mein Herz mir sagt!» Eine Träne rollte ihr über die Wange. «So kann ich nicht leben, Luca. Ich kann nicht so tun, als ob ich nicht fühle, was ich fühle … als ob es dich nicht gäbe.»
    Luca drückte sie sanft an sich. «Du machst so weiter wie vorher und tust, als sei nichts gewesen. Das schuldest du deinem Sohn. Und wenn du in einem Jahr noch dieselben Gefühle hast wie jetzt, lass es mich wissen. Ich warte auf dich.»
    Bear schüttelte den Kopf. «Woran liegt es bloß, dass ich nicht mit den Menschen zusammen sein kann, die ich liebe? Erst mein Vater, jetzt du …»
    Luca wusste, dass es darauf keine vernünftige Antwort gab, also sagte er nichts. Er hielt Bear einfach fest, und sie lagen noch lange so da, ohne etwas zu sagen. Nur das leise Summen der Klimaanlage war zu hören und der Verkehr auf der Hauptstraße hinter dem Hotel. Sie horchten auf die Geräusche der Außenwelt und wussten, dass ihnen diese Außenwelt von Minute zu Minute näherrückte.
    Irgendwann hob Bear den Kopf, sah auf die Uhr und küsste Luca noch einmal. Dann lächelte sie und sagte: «Wenn uns nur noch ein paar Stunden bleiben, sollten wir sie gut nutzen.»

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 39
    Die Sonne ging über Kinshasa auf und traf auf die Hochhäuser der Innenstadt, den Boulevard des 30 . Juni und die Wellblechhütten der Slums am Fluss. Hunderte kleiner Boote und Pirogen waren dort festgemacht, und beide Ufer quollen über vor Müll. Hier war der Kongo ein breiter Strom, und es schien, als ob er alles Wasser, das ihm zugeflossen war, zu einem mächtigen Ganzen vereinen und ganz für sich allein haben wollte, bevor er es nach gut tausend Kilometern an den Atlantik abgeben musste.
    Am Fuß des Mont Ngaliema berührten die ersten Sonnenstrahlen die Vorhänge im Präsidentenpalast, krochen in die Zimmer mit den Louis- XV -Möbeln und an die hohe Stuckdecke des Schlafzimmers. Der Mann, der dort im Bett lag, schlief noch, aber alle paar Sekunden wälzte er sich von einer Seite auf die andere und zerwühlte die Laken. Schweiß stand auf seiner Stirn, und seine Wangen zuckten. Als es im Zimmer immer heller wurde, schlug er endgültig die Augen auf.
    Joseph-Désiré Mordecai kam mit dem Oberkörper hoch und fasste sich an den Kopf. Auch seine Hände waren verschwitzt, und sie zitterten. Die Albträume waren zurückgekehrt.
    Seit er Kinshasa erreicht und mit seiner LRA ohne große Gegenwehr der undisziplinierten Regierungstruppen das Kabila-Regime gestürzt hatte, verbarrikadierte er sich in der Präsidentenwohnung und verbat sich jegliche Störung. Von hier aus hatte er auch angeordnet, dass die LRA umbenannt werden sollte. Jetzt hieß sie
Le Mouvement Démocratique du Congo
, kurz MDC , Bewegung für ein Demokratisches Kongo. Die meisten Minister des alten Regimes hatten die Seiten gewechselt und Posten in der neuen Regierung übernommen. Die letzten UN -Truppen hatten die Lager geräumt, und die Rebellion der Mai-Mai im Osten des Landes war schnell niedergeschlagen worden. Dazu war zwar der Einsatz beträchtlicher Truppenteile erforderlich gewesen, aber inzwischen waren die Dörfer der Mai-Mai alle dem Erdboden gleichgemacht worden. Obwohl die Amerikaner viel Geld in den Schutz der Mai-Mai gesteckt hatten, hatte kaum ein Mann, eine Frau oder ein Kind dieses Stammes überlebt.
    Die ersten Delegationen westlicher Länder strömten bereits ins Land, um über Zugriffe auf die Rohstoffe im Kongo zu verhandeln.
    Mordecai hatte gehört, dass die Franzosen im UN -Sicherheitsrat beantragt hatten, die Ächtung der LRA als kriminelle Vereinigung aufzuheben, und von dem Genozid, dessen sich diese Armee schuldig gemacht hatte, war nun auch keine

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