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Der Weg ins Dunkel

Der Weg ins Dunkel

Titel: Der Weg ins Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Woodhead
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der Generalsekretär wissen?», fragte Jian und tupfte sich die Mundwinkel mit einer Serviette ab.
    «Eigentlich bin ich der Neugierige, General», sagte Xie. «Ich hatte gehofft, Sie könnten mir das Goma-Projekt erklären, da ich erst vor kurzem ins Büro des Generalsekretärs versetzt wurde.» Er legte die Gabel auf den Teller und machte eine beiläufige Handbewegung. «Herr Kai dachte, es sei das Beste, wenn ich es direkt aus Ihrem Munde erfahre. Zum besseren Verständnis.»
    Jian verzog keine Miene. Musste er einem dummen, kleinen Sekretariatsmitarbeiter wirklich alle Einzelheiten des Goma-Projekts erläutern, weil Kai ihm keine Akteneinsicht gewährte? Er nahm einen großen Schluck Wein. Im Abgang entfaltete sich das volle Aroma des Burgunders, und Jian schloss kurz die Augen, um es zu genießen. Was würde sich die Gilde als Nächstes einfallen lassen, um seine kostbare Zeit zu verschwenden?
    «Was wissen Sie denn schon darüber?», fragte er.
    «Gehen Sie ruhig davon aus, dass ich gar nichts weiß», sagte Xie entschuldigend. Wenn er dahinterkommen wollte, was für ein Mensch Jian war, musste er ihn möglichst lange zum Sprechen bringen.
    Jian schwenkte den Wein in seinem Glas, bevor er den nächsten Schluck nahm. Er schürzte die Lippen und sog zusammen mit der Flüssigkeit Luft ein. Das hatte er sich auf einer Frankreichreise bei einem Sommelier abgeschaut. Auf diese Weise entfaltete sich der Alkohol so intensiv, dass er das Glas schnell abstellte und sich fragte, warum die Europäer wohl so bizarre Rituale pflegten. Dann lehnte er sich zurück und sprach weiter.
    «Die Amerikaner betreiben ihr Global Positioning System – kurz GPS  – mit Hilfe von Satelliten, die auf erdnahen Umlaufbahnen kreisen. Für jeden Punkt der Erde können diese Satelliten eine Positionsbestimmung triangulieren und dem Benutzer sagen, wo er sich befindet. Aber es geht um mehr als Positionsbestimmung oder Navigation. Einige Raketensysteme sind GPS -gesteuert, genau wie die UAV s.»
    « UAV s?»
    Jians Lippen wurden schmaler. «Unbemannte Luftfahrzeuge – besser bekannt als Drohnen. Die Amerikaner sind die Einzigen, die auf dieses System Zugriff haben, und können es jederzeit verschlüsseln oder sogar abschalten. Deshalb haben andere Länder ähnliche Systeme entwickelt, an vorderster Front die Russen mit ihrem GLONASS und die Europäer mit Galileo. Meine Armeeeinheit wurde beauftragt, ein chinesisches System zu entwickeln, und nach zwei Jahren Vorbereitung sind wir nun so weit, dass wir unser BNS , das Beidou-Navigationssystem, binnen eines Monats starten können. Die meisten Satelliten, die wir dafür benötigen, sind von meinen Leuten bereits in die Umlaufbahn geschossen worden.»
    «Und die Amerikaner wissen das?», fragte Xie.
    «Natürlich», sagte Jian ungehalten. «Wie sollte man denn einen Satellitenstart verheimlichen?»
    Xie nickte nachdenklich. «Wenn es sich hier um eine rein militärische Angelegenheit handelt – warum ist dann die Gilde involviert?»
    «Geld», sagte Jian und rieb Daumen und Zeigefinger aneinander. «Ein einziger Start kostet etwa 150  Millionen US -Dollar, sodass das gesamte Projekt drei Milliarden verschlingt. Zusammen mit der Modernisierung der Kampfflugzeuge ergibt sich ein Finanzierungsbedarf, der den Militärhaushalt übersteigt. Deswegen haben wir uns an die Gilde gewandt und ausgehandelt, dass sie zwei Drittel des Satellitenprogramms finanziert.»
    Wieder nickte Xie, aber ihm war anzusehen, dass er Jian kaum noch folgen konnte. Stattdessen griff er zur Gabel und nahm den ersten Bissen der Vorspeise zu sich.
    «Köstlich», sagte er. «Was ist das?»
    Jian starrte ihn über den Tisch hinweg an und gab sich keine Mühe, seine Verachtung zu verbergen, als er sagte: «Ein Soufflé. Das ist französisch.»
    Xie packte sich die ganze Gabel voll und verschlang den kompletten Rest des Soufflés auf einmal.
    «Köstlich», wiederholte er schmatzend.
    «Ich lasse Ihnen das Rezept durch meinen Koch zukommen.»
    Xie beugte sich vor und runzelte die Stirn. «Dann handelt es sich bei der ganzen Aufregung also bloß darum, dass die Gilde ein GPS -System haben will?»
    «Keineswegs. Es ist ein gut gehütetes Geheimnis, das nur der obersten Armeeführung bekannt ist, dass die Satelliten zwei Zwecken dienen. Die Hälfte der Satelliten wird für das BNS verwendet, die andere für ein neues Mobilfunknetz. Das Hauptinteresse der Gilde besteht darin, das Mobilfunknetz unbemerkt von der Öffentlichkeit zu

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