Der Weg ins Dunkel
hereinbrechen. Was eben noch Dutzende verschiedene Grüntöne waren, verschwamm zu einer grauschwarzen Masse. Luca und Bear kamen nur noch stolpernd voran, denn alle paar Schritte behinderten kniehohe Baumwurzeln ihren Weg, und Zweige schlugen ihnen ins Gesicht.
Bear zog von hinten an Luca, um ihn zu stoppen. «Ich kann nicht mehr», sagte sie.
Er nickte. Er war den ganzen Tag vorausgegangen, um ihnen einen Weg zu bahnen, und war selbst erschöpft. Seit einer Stunde bewegte er sich nur noch mechanisch und spürte nichts mehr. «Ich brauche Wasser.»
Bear holte ein Multifunktionswerkzeug, einen Leatherman, aus ihrer Hosentasche und schlug sich ins Unterholz, den Blick auf die kaum noch zu erkennenden Baumstämme gerichtet. Etwa hundert Meter weiter griff sie nach einer Schlingpflanze, die über einen Ast wucherte, und zersägte sie. Wasser floss heraus, und sie trank in tiefen Zügen davon. Dann drückte sie den Daumen auf die Austrittsstelle.
«Schmeckt nicht besonders gut, erfüllt aber seinen Zweck», sagte sie, als sie Luca die Pflanze reichte.
Während er gierig trank, griff Bear wieder in ihre Hosentasche und holte zwei Müsliriegel heraus. Einen gab sie Luca und sagte: «Ich hab nicht mehr viel davon, also genieße ihn!» Ihren eigenen verschlang sie mit wenigen Bissen.
Dann ließ sie sich nieder und lehnte sich stöhnend an den Baum. Das Gestänge des Gashebels steckte immer noch in ihrer Schulter. Sie war schweißnass, hielt die Augen halb geschlossen und versuchte den Schmerz zu ignorieren.
«Ich muss mich um dieses verdammte Ding in meiner Schulter kümmern», sagte sie nach einer Weile. «Dazu brauche ich Licht. Hast du Streichhölzer?»
Luca schüttelte den Kopf. Dann fiel ihm etwas ein. Er nahm sein Messer vom Gürtel und schraubte den Griff ab. In seinem Inneren befanden sich vier trockene Streichhölzer, die Zündflächen waren mit Zellophan umhüllt.
«Ich suche etwas Trockenes zum Anzünden», sagte er.
«Warte!» Bear holte eine Dose Insektenspray aus ihrer Hosentasche. Dann schob sie neben ihren ausgestreckten Beinen ein paar Zweige und Moos zu einem kleinen Haufen zusammen und besprühte ihn. Es klang wie ein Windstoß, als Luca das Ganze anzündete und eine gelbblaue Flamme emporzüngelte.
«Kein Wunder, dass die Moskitos das Zeug hassen», murmelte Bear, häufte noch mehr Zweige auf und besprühte sie. Ein grimmiges Lächeln umspielte ihren Mund, als sie sagte: «Tolle Wahl: an Krebs sterben, weil man diesen Mist hier benutzt, oder von der LRA erwischt werden.»
Sie setzte sich an dem Baumstamm auf, zog sich vorsichtig das T-Shirt aus und knüllte es zusammen, um es sich unter den verletzten Arm zu stopfen.
Luca sah, dass ihr ganzer Körper vor Schweiß glänzte. Ihre schwarze Haut sah aus wie geöltes Leder. Das Haar hing ihr über die Schultern, klebte an ihrer Haut und verdeckte die Wunde.
Sie schob es mit der Hand zur Seite und zog den linken BH -Träger herunter, um die Wunde besser sehen zu können. Doch der Abstand war zu gering, um deutlich etwas zu erkennen.
«Du musst mir helfen», sagte sie. «Wir müssen die Metallstange zu fassen kriegen und rausziehen.»
Luca kniete sich zu ihr, und sie reichte ihm den Leatherman, nachdem sie ihn hin und her gedreht hatte, bis eine Zange zum Vorschein kam. Luca beugte sich über die Wunde und tastete sie vorsichtig ab.
«Ich kann das Ding nicht sehen», sagte er. «Es muss ein Stück weiter innen stecken.»
Bear nickte und atmete tief ein. «Ich weiß. Du darfst jetzt nicht zimperlich sein, sondern musst das verdammte Ding ausgraben.»
«Bist du dir sicher?»
«Hab ich denn eine Wahl?»
Luca sagte nichts. Mit der linken Hand hielt er Bears Schulter fest. «Willst du was zum Draufbeißen haben?»
«Hol das verdammte Ding raus, bevor ich es mir anders überlege!»
Luca führte die Zange an die Wunde. Als er sie berührte, quoll eine Mischung aus Eiter und Blut heraus, lief Bear über die Brust und in das zusammengeknüllte T-Shirt. Unwillkürlich zuckte sie zur Seite, aber Luca drückte sie an den Baumstamm und machte weiter. Als die Zange in der Wunde steckte, öffnete er sie ein wenig, um die Metallstange fassen zu können. Bear schrie auf und trat krampfhaft mit den Beinen aus.
«Warte!», schrie sie.
Doch Luca arbeitete sich weiter vor und berührte die Metallstange endlich mit der Zange. «Los, komm schon!», zischte er, drehte die Zange und löste damit einen neuen Blutschwall aus. Dann rutschte die Zange ab, und Luca
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