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Der Weg ins Dunkel

Der Weg ins Dunkel

Titel: Der Weg ins Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Woodhead
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waren. Dann ging er weiter.
    Lanso und Abasi beobachteten ihn eine Weile und redeten lebhaft miteinander, dann folgten sie ihm zu der Stelle, an der die Lianen wuchsen. Lanso warf das Netz, das er auf dem Kopf trug, zu Boden und begann schnell und geschickt den Fels hinaufzuklettern. Kraftvoll umklammerte er die Lianen mit den nackten Füßen, und binnen weniger Sekunden war er fünf Meter über dem Boden. Dort hielt er inne und rief Bear grinsend etwas zu.
    «Er schafft es bis zum Gipfel», übersetzte sie. «Er sagt, es ist nicht höher als die Mapanibäume in der Nähe seines Dorfs.»
    «Ist er sich ganz sicher?», fragte Luca.
    Bear nickte. «Aber wie sollen wir es schaffen? Die Lianen können unser Gewicht nicht halten.»
    Luca nahm das Messer von seinem Gürtel und hob Lansos Netz auf. Dann warf er es auf dem Felsplateau aus und begann es mit dem Messer zu zerschneiden. «Fang du auf der anderen Seite an», sagte er zu Bear.
    Sie holte ihren Leatherman aus der Hosentasche und machte sich an die Arbeit. Es war nicht so einfach, weil das Netz stark genug geknüpft war, um eine fliehende Antilope zu fangen. Andererseits bedeutete es, dass es sie halten würde.
    Als sie es in einzelne Stränge zerlegt hatten, begann Luca sie der Länge nach zusammenzuknoten, und Bear tat es ihm gleich.
    Luca warf Lanso ein Ende zu und sagte zu Bear: «Sag ihm, er soll es sich um den Bauch binden, und wenn er oben ist, soll er es an etwas festmachen, das uns halten kann.»
    Lanso verstand und kletterte weiter. Alle paar Sekunden rief er seinem Bruder etwas zu. Der antwortete vom Boden aus, den Kopf in den Nacken gelegt, sodass ihre Rufe unablässig hin und her gingen. Bald hatte Lanso das Ende der Lianen erreicht und zwängte sich jetzt in die schmale Wasserrinne. Er musste alle möglichen Verrenkungen machen, um sicher vorwärtszukommen, aber Zentimeter um Zentimeter gewann er an Höhe.
    Als er den Überhang erreichte, warf er einen Arm in die Luft und tastete nach etwas, woran er sich festhalten konnte.
    «Vorsicht!», murmelte Luca, als der Junge sich zu sehr streckte und durch die Gewichtsverlagerung mit dem rechten Fuß abrutschte. Er sackte nur einige Zentimeter ab, aber es reichte, um den anderen einen Schrecken einzujagen.
    Auch Lanso hatte sich erschrocken, und die anderen sahen, dass er einige Male tief durchatmete, um sich zu beruhigen. Dann kletterte er die Wasserrinne wieder hoch, und schaffte es dieses Mal sogar etwas weiter hinauf, sodass er den Überhang besser erreichen konnte. Noch einmal rief er seinem Bruder etwas zu, dann hievte er sich über die Felskante und verschwand dahinter.
    «Incroyable»
, sagte Bear tonlos. Unglaublich.
    Abasi rief etwas, bevor er an dem zusammengeknüpften Seil hochzuklettern begann. Als er etwas Höhe gewonnen hatte, sah Bear eine üble Wunde an seinem Schenkel. Die Jungen hatten Erde daraufgeschmiert, und an den Rändern war sie dick geschwollen. Trotz der Schmerzen, die er haben musste, kletterte er schnell und geschickt.
    Luca reichte Bear das Seil. «Jetzt du.»
    Bear hievte sich stückweise hoch und kämpfte gegen den Schmerz in der Schulter an. Wenn sie den linken Arm hob, strahlte der Schmerz bis zum Nacken aus. Sie biss die Zähne zusammen und machte weiter. Bei jeder Bewegung hörte sie das Seil knarren. Sekundenlang hing sie dann reglos da, sah auf ihre Hände, die den nächsten Knoten umklammerten, und hoffte, dass er halten würde.
    Als sie den Überhang erreichte, sah sie zu Luca hinunter. Von hier oben sah der Felsen viel höher aus, und der Wald schien sich endlos in alle Richtungen zu erstrecken. Unmittelbar über sich hörte sie die Jungen, aber sie konnte sie nicht sehen. Sie nahm alle Kraft zusammen und quälte sich millimeterweise über die Kante des Überhangs.
    Oben angekommen, blieb sie auf Händen und Knien hocken und keuchte vor Schmerz und Erschöpfung. Schließlich hob sie den Kopf und sah, dass das Gipfelplateau viel größer war, als man von unten sehen konnte. Ein komplettes Ökosystem hatte sich hier angesiedelt. Kleine Bäume strebten nach Licht zwischen Lianen und Gestrüpp, und dazwischen sammelte sich Regenwasser in Gesteinsmulden.
    Von hier aus war sogar die Absturzstelle am Fluss zu sehen, und weiter östlich dominierte der erste Vulkan das Landschaftsbild. Massiv ragte er aus dem Blätterdach des Waldes auf und gipfelte in einem gewölbten Krater, aus dem eine Rauchsäule in den sonst strahlend blauen Himmel aufstieg.
    Noch ehe Bear wieder zu

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