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Der Weg ins Dunkel

Der Weg ins Dunkel

Titel: Der Weg ins Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Woodhead
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sich keinerlei Gemütsregung anmerken. Der gegenwärtige Präsident, Kabila, war zu schwach, um stabile Handelsbeziehungen zu garantieren. Mordecai hingegen würde der illegalen Rohstoffausfuhr der Gilde einen Riegel vorschieben, die Konzessionen meistbietend verhökern und dabei die Preise in astronomische Höhen treiben. Wenn Jian sich auf den Deal einließe und von vornherein Zugriff auf die Ökonomie eines Kongo unter neuer Führung bekäme, würde er für die Gilde einen dicken Fisch an Land ziehen. Einen sehr dicken. Und das zu einem Preis, den diese eine Coltanmine ohnehin kosten sollte. Das entsprach einem Bruchteil des Wertes, den alle Minenkonzessionen zusammen ausmachten. Dieser Deal würde sein Ansehen in der Gilde erheblich verbessern. Er würde zu der zentralen Figur avancieren, die zwischen Mordecai, dem neuen Herrscher im Kongo, und den chinesischen Minengesellschaften vermittelte, wobei Letztere an den hiesigen Mineralien brennend interessiert waren.
    Langsam wandte sich Jian zu Xie um und sagte auf Mandarin: «Sorgen Sie umgehend für die Freigabe des zusätzlichen Geldes. Ich möchte, dass der Deal heute noch spruchreif wird.»
    Xie sah auf, sagte aber nichts. Irgendetwas stimmte hier nicht, da war er sich ganz sicher. Gewiss benutzte Mordecai sie nur, um irgendetwas zu erreichen. Er wusste nur nicht, was. Auf jeden Fall hielt Mordecai etwas zurück, das dieses sogenannte Feuer-Coltan betraf. Xie hatte genau gesehen, dass Mordecai sich jedes Mal über die Lippen geleckt hatte, wenn er darüber sprach.
    «Hören Sie nicht, was ich sage?», setzte Jian nach und sah Xie gereizt an.
    «Sie müssen erst mit Beijing sprechen», sagte Xie für seine Verhältnisse ungewöhnlich entschlossen. «Sie sind nicht befugt, eine Entscheidung dieser Tragweite zu treffen.»
    Jians ganzer Körper bebte, obwohl er versuchte, seine Wut zu beherrschen, und seine Augen verdunkelten sich. Um gegen diese nichtswürdige, anmaßende Ratte nicht handgreiflich zu werden, massierte er sich die Schläfen. Er spürte, wie sein Puls sich beschleunigte und damit die Kopfschmerzen verstärkte, bis er das Gefühl hatte, sein Kopf sei auf den doppelten Umfang angeschwollen und würde jeden Moment platzen. Dieser unerträgliche Schmerz! Hörte er denn nie auf? Er musste diesen Deal perfekt machen und diese ganze Angelegenheit endlich hinter sich bringen.
    Er senkte die Stimme. «Wagen Sie es nie wieder, meine Entscheidungen in Frage zu stellen, Sie Wicht! Das hier ist mein Spiel. Sie haben nicht das Geringste dazu zu sagen.»
    Xie verzog den Mund zu einem merkwürdigen, fast schmerzhaften Lächeln. «Ich kann Ihnen nicht verdenken, dass Sie mich nicht fürchten. Aber vergessen Sie nicht, wen ich repräsentiere.»
    «Sie sind eine Laus im Pelz, nichts weiter. Ich mache, was ich will. Bilden Sie sich bloß nicht ein, Sie könnten hier auch nur das kleinste Wörtchen mitreden.» Jian sah Xie wütend an und richtete sich in seinem Stuhl auf. Das Goma-Projekt war sein Werk. Nur er und niemand sonst würde darüber entscheiden, wie es zum Abschluss gebracht wurde.
    «Wir haben einen Deal», sagte er auf Englisch zu Mordecai, ohne Xie noch eines Blickes zu würdigen. «Die erste Zahlung erfolgt wie vereinbart, und bei unserer Rückkehr nach Beijing lassen wir Ihnen sofort die zweite Tranche anweisen.»
    Mordecai schüttelte den Kopf. «So viel Zeit haben wir nicht. Morgen Abend räumen wir dieses Camp, und dann muss das Geld in unseren Händen sein. Sollte das nicht der Fall sein, orientiere ich mich anderweitig. An Interessenten mangelt es schließlich nicht.»
    «Dann bekommen Sie das Geld bis morgen Abend», sagte Jian kurz entschlossen. «Aber in dem Fall erwarte ich die entsprechende Gegenleistung.»
    «Bis jetzt konnten wir einander vertrauen», erwiderte Mordecai. «Ich sehe keinen Grund, daran etwas zu ändern.»
    Xie blieb ruhig sitzen, als Jian nach dem Metallkoffer zu seinen Füßen griff.
    «Wo besiegeln wir die Sache?»
    Mordecai bedeutete Jian, ihm zu folgen. Sie gingen auf die Steinstufen zu und ließen Xie einfach sitzen. Sofort kamen Mordecais Bodyguards aus der Höhle, teils um Mordecai und Jian zu begleiten, teils um Xie zu bewachen.
    Die Stufen führten neben der Höhle um die Bergflanke herum zu einer etwas höher gelegenen Hütte in militärischem Graugrün, die mit einem Tarnnetz bedeckt war. Sie war von mehreren großen, himmelwärts gerichteten Satellitenschüsseln und Funkantennen umgeben. In der Hütte saßen zwei

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