Der Weg ins Dunkel
und wickelte sie um die Klinge. Als Nächstes nahm er eins der wasserdicht verpackten Streichhölzer, entzündete es an einem Stein und hielt die Flamme unter den Stoff. Die Flamme loderte auf und krümmte sich im Luftzug so stark, dass sie nur auf einer Seite des Stoffs brannte.
«Bleib dicht hinter mir», sagte er und schob sich in den dunklen Gang.
Bear wollte ihm folgen, blieb aber stehen und schaute zu, wie sich die flackernde Fackel entfernte. Von den Minen-Inspektionen für ihre Firma war sie enge Gänge gewohnt, aber dort gab es ausreichend Licht und modernes Gerät, Kollegen und viel Lärm. Hier gab es nichts als das schabende Geräusch von Lucas Stiefeln und dunkle Enge.
Erst als sie die Fackel kaum noch sehen konnte, legte sie sich auf den Bauch und robbte hinter Luca her. Schon bald wurde der Schwefelgeruch stärker und strömte ihr in Mund und Nase. Sie hustete und musste würgen. Im Vorwärtsrobben hielt sie den Mund geschlossen, so gut es ging, konzentrierte sich auf Lucas Fackel und versuchte, alles andere auszublenden.
Je weiter sie krochen, desto enger wurde der Tunnel. Manchmal kam Luca nur noch voran, wenn er sich mit ruckartigen Bewegungen durch den Gang zwängte. Das Gestein wurde mit jedem Meter heißer. Schon Sekunden, nachdem sie in den Tunnel eingedrungen waren, hatten sie stark zu schwitzen begonnen.
Bear hörte Luca fluchen, dann ging die Fackel aus, und sie befanden sich in völliger Dunkelheit. Bear versuchte sich daran zu gewöhnen und trotzdem etwas zu sehen, aber das war nicht möglich. Alles war schwarz, nichts als schwarz. Sie streckte die Hände aus und tastete sich vor, bis sie Lucas Stiefel berührte und sich daran festhalten konnte, während er sich immer weiter vorarbeitete.
Bestimmt waren sie erst seit fünf oder zehn Minuten in diesem Tunnel, aber es kam ihnen viel länger vor. Zu hören waren nichts als ihr Atem und ihre Bewegungen. Ihre Ellenbogen und Knie brannten vom Druck des heißen Gesteins, und ihre Nacken schmerzten, weil sie die Köpfe krampfhaft flach und doch über dem Erdboden halten mussten. Der Staub trocknete ihre Münder aus und vermischte sich mit ihrem Speichel zu einem Gemisch, das sie alle paar Sekunden ausspucken mussten, weil es scheußlich schmeckte.
«Da hinten ist etwas», flüsterte Luca.
Bear drückte seinen Stiefel. Die Aussicht, dass diese Quälerei bald ausgestanden sein würde, verlieh ihr neue Energie.
Beide bewegten sich schneller voran.
Gleich darauf hörten sie einen Knall, dem Gehämmer folgte. Jemand schrie etwas, dann klirrten Ketten.
Vor ihnen entdeckte Luca eine kleine Öffnung in der Tunneldecke, durch die ein wenig Licht schimmerte. Er drehte sich auf den Rücken, hob die Schultern, quetschte sie eine nach der anderen durch die Öffnung und hievte sich dann ganz aus dem Tunnel.
Bear folgte ihm und war froh, der Enge und Hitze zu entkommen, aber der Minenschacht, in dem sie sich nun wiederfanden, war nicht viel besser. Eine altmodische Lampe am Ende des Schachts warf ihr schwaches Licht auf eine Reihe hölzerner Stützbalken, die zu einem Ausgang führten. Die schwarzen Wände waren voller Bohrlöcher, und kleine Schutthäufchen lagen darunter auf dem Boden. Ein Holzeimer, schwarz vor Staub, lag neben der Schachtöffnung, zusammen mit einem kleinen Stemmeisen und einem Steinhammer. Diese Werkzeuge hatten wahrscheinlich dem Toten vor dem Tunnel gehört.
Bear kroch auf den nächstgelegenen Schutthaufen zu und fuhr mit den Händen hinein. Ein paar Gesteinsbröckchen hielt sie gegen das Licht, dann warf sie sie weg. Doch plötzlich entdeckte sie eins, das sie interessierte. Sie sah es sich genauer an. Trotz des schwachen Lichts war zu erkennen, dass eine rote Ader hindurchlief.
«Ist es das, was du suchst?», fragte Luca.
Bear nickte. «Wir hatten recht mit unserer Vermutung. Das Feuer-Coltan stammt von hier.»
Sie krochen auf den Schachtausgang zu, von einem Stützpfeiler zum nächsten. Das Gehämmer wurde immer lauter, hinzu kam das Geräusch von Elektrobohrern. Dann ging ein Mann am Schachtausgang vorbei, kaum mehr als fünf Meter vor ihnen, aber er schien Bear und Luca nicht zu bemerken. Er zog eine Plane hinter sich her, die mit einem Haufen schwarzer Steine beladen war.
Als sie das Schachtende erreichten, lag ein großer Hohlraum vor ihnen, dessen Wände von waagerecht umlaufenden Gängen umgeben waren. In fast hundert Metern Höhe endete der Hohlraum in einer riesigen Kuppel, in der sich an einer Stelle eine
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