Der Weg ins Dunkel
Ituriwald in Bewegung gesetzt. Sie wussten, dass sich die Mine dort irgendwo befand, aber sie wussten nicht genau, wo, und der Wald hatte enorme Ausmaße.
Devlin steckte mitten in diesem ganzen Schlamassel. Bis weitere Truppen aus Langley eintrafen, war er die zentrale Figur vor Ort – und das in einer Situation, die in der US -amerikanischen Außenpolitik zur Top-Priorität geworden war und stündlich brisanter wurde. Die ganze Welt blickte auf den Kongo. Und für die nächsten acht Stunden trug er, Devlin, hier die Verantwortung.
Ungeduldig sah er Jean-Luc an, der mittlerweile zu betrunken war, um den Kopf noch stillhalten zu können. Der Franzose war wie ein wildes Tier und hatte keine Ahnung, welche Bedeutung die Information hatte, die er nicht rausrücken wollte. Sie aus ihm herauszuprügeln, würde zu lange dauern. Da gab es effektivere Methoden.
«Wissen Sie, seit Sie mit Ihren Jungs hier so eifrig durch die Gegend fliegen, hört man dies und das. Das übliche Gerede, nichts Besonderes. Bis eine Cessna 206 kürzlich Mayday funkte, eine Cessna mit der Identifizierung ‹Golf Hotel Juliet›. Sagt Ihnen das zufällig was?»
Jean-Luc sah Devlin an, ohne sich etwas anmerken zu lassen.
Gelassen griff Devlin in die Tasche seiner Safarijacke, holte einen iPod und einen kleinen schwarzen Lautsprecher heraus und legte beides auf den Tisch. «Na, klingelt es immer noch nicht?»
Er drückte eine Taste, und eine weibliche Stimme ertönte. Es war nicht zu überhören, dass die Frau in Not war. Mit äußerster Disziplin folgte sie dem vorgeschriebenen Prozedere eines Mayday-Rufs. Als sie an den Punkt kam, an dem sie ihre Flugkoordinaten nennen musste, brach die Aufnahme ab. Dann war es eine Weile mucksmäuschenstill, bis Devlin lächelnd sagte:
«Nach unseren Erkenntnissen ist die Maschine auf eine gewisse Beatrice Makuru zugelassen. Zu schade, dass sie über dem Ituriwald abgeschossen wurde.»
«Verdammt, was hatte Bear da zu suchen?», sagte Laurent mehr zu sich selbst. Jean-Luc schwieg, sein Gesicht schien wie aus Stein gemeißelt.
«Sie und zwei Weiße haben die Cessna vor drei Tagen aus UN -Gewahrsam entführt.»
«Wer waren die Weißen?»
Devlin zuckte mit den Schultern. «Das interessiert mich, ehrlich gesagt, einen feuchten Kehricht. Hören Sie jetzt gut zu, Étienne! Dieses Angebot mache ich Ihnen nämlich nur ein einziges Mal. Sie verraten mir, wo sich Mordecais Mine genau befindet, und ich verrate Ihnen, wo die Cessna abgestürzt ist.»
Jean-Luc bekam glasige Augen, und er drohte von Gefühlen übermannt zu werden. Dabei konnte er es kaum glauben. Bears Cessna war abgeschossen worden? Die Vorstellung, dass sie verletzt und hilflos war, brachte Vatergefühle in ihm hervor, die er lange für tot gehalten hatte. Jetzt aber überkamen sie ihn so machtvoll, dass es ihn geradezu wütend machte, Bear in Not zu wissen.
Die Zeit schien sich zurückzudrehen, und er glaubte, Bears Stimme aus dem Headset zu hören, als er ihr das Fliegen beibrachte, im Tiefflug über der Savanne. Wie viel Zeit war seither vergangen? Und was hatte er als Vater alles versäumt und falsch gemacht? Seine Erinnerungen an Bear waren im Laufe der Zeit verblasst. Nur an jene Nacht in Kapstadt hatte er immer wieder denken müssen … die Nacht, als er Bear vor vielen Jahren zum letzten Mal gesehen hatte.
Laurent folgte Devlins Blickrichtung. Er wusste, was Jean-Luc für seine Tochter empfand. Was sie alle für Bear empfanden. Denn im Grunde war sie von ihnen allen großgezogen worden, wenn sie mit der ganzen Truppe von einem Einsatz zum anderen, von einem Land zum nächsten gereist waren. Umso absurder war es, dass seit Jahren nicht mehr von ihr gesprochen worden war.
Devlin schnippte genau vor Jean-Lucs Gesicht mit den Fingern. «Sieht ganz so aus, als ob ich den Standort nun doch erfahre, nicht wahr?» Er versuchte gar nicht erst, seine Häme zu verbergen.
«Woher wollen Sie wissen, dass sie den Absturz überlebt hat?», fragte Jean-Luc. «Was, wenn ich die Information rausrücke, und dann stellt sich raus, dass sie längst tot ist?»
«Dann haben Sie Pech gehabt. Aber es spielt überhaupt keine Rolle, ob sie tot ist oder nicht. Der Punkt ist nämlich der, dass Sie so oder so keine Wahl haben. Allerdings sollten Sie sich schnell entscheiden, denn falls sie noch am Leben ist, wäre es hilfreich, wenn Sie sie finden, bevor die LRA es tut.» Devlins Grinsen wurde immer breiter. «Ich habe ein Foto Ihrer Tochter in unseren Dateien
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