Der Weg nach Kaarborg: Ragnor Band 2 (German Edition)
ableistet. Während er diesen Wehrdienst leistet, ist der Bauer in diesem Jahr von allen Abgaben befreit, damit er sich einen Verwalter zur Weiterführung seines Hofes einstellen kann. Dieses System ist einzigartig in Caer, und erlaubt es dem Grafen von Kaarborg, binnen kürzester Zeit, neun weitere aktive Regimenter auszuheben, die im Kriegsfalle sofort einsatzbereit wären. Darüber hinaus kann er, falls notwendig, noch mal fünf weitere Regimenter Altmilizen aus den Fünfunddreißig bis Fünfundvierzigjährigen ausheben, die, falls man den Gerüchten glauben darf, mindestens so gut sind wie die Aktiven. Die anderen Grafschaften und Baronien tun meist nichts, oder nur wenig, für die Ausbildung ihrer Soldaten, sondern setzen bei den üblichen, meist begrenzten Streitigkeiten lieber Söldner ein, sodass ihre Bauernregimenter in der Regel im Kriegsfalle wenig nützlich sind. Neben diesen Streitkräften, die größtenteils auf Burg Kaarborg stationiert sind, unterhält der Graf von Kaarborg sechs große Festungsanlagen mit stattlichem Landbesitz, welche er an verdiente Mitglieder des niederen Landadels vergeben hat, die aus den Erlösen ihrer Güter die Burgen zu unterhalten haben. Die etwa zweihundert Mann starken Besatzungen, jeder dieser Burgen, bestehen aus Berufssoldaten und werden ebenfalls direkt vom Grafen bezahlt, was ihre Loyalität zum Grafen sicherstellt und die Macht der Ministerialen einschränkt. Neben diesen großen Burganlagen gibt es eine ganze Reihe kleinerer Burgen und Wehrtürme, welche meist vom niederen Landadel zur Verteidigung ihrer Güter errichtet wurden und nicht unter der direkten Kontrolle des Grafen stehen. Es ist natürlich klar, dass diese recht große permanente Streitmacht hohe Kosten verursacht. Das dafür notwendige Geld verdient die Grafschaft zum größten Teil mit dem Seehandel, der über den größten Hafen von Caer Santander abgewickelt wird, welches der zweite wichtige Wirtschaftszweig von Kaarborg ist. In Santander sind übrigens, wie auch auf der Insel Kaar, jeweils weitere fünfhundert gräfliche Berufssoldaten als Stadtwache stationiert. Die wichtigste Verkehrsader in Kaarborg ist die Mors, die ab dem Kaarsee, in dessen Mitte die Burg Kaarborg auf der Insel Kaar liegt, sogar für kleinere Seeschiffe schiffbar ist und die bei Santander ins Binnenmeer mündet. Aufgrund des Fluss- und Seehandels besitzt Kaarborg neben seinen Landstreitkräften natürlich auch eine Flotte von an die fünfundzwanzig Kriegsgaleeren, welche den Fluss, den Kaarsee und den Hafen von Santander schützen. Doch nun zum eigentlichen Ziel unserer Reise, zu Burg Kaarborg, unserer neuen Heimat."
An dieser Stelle unterbrach der alte Lars kurz seinen Bericht, um sich mit einem großen Schluck des aromatischen Rotweines, der von jenseits des Meeres aus Zephir kam, die Kehle anzufeuchten. Dann fuhr er in seiner Beschreibung fort: "Die Burg Kaarborg liegt, wie ich vorher bereits sagte, auf einer Insel mitten im Kaarsee, dem größten Binnensee im Königreich Caer. Durch diese Lage ist sie gut geschützt gegen alle Angriffe und kann nur per Schiff oder über eine große, hölzerne Brücke erreicht werden, die zur Straße nach Caerum führt. Die ganze Insel und der kleine Hafen sind von einer steinernen Wehrmauer mit Wachtürmen umgeben. Das Zentrum der Insel bildet die Burg Kaarborg, welche die mächtigste und größte Burg von ganz Caer ist und über eine Mauer verfügt, die etwa eineinhalbmal so hoch ist wie die Stadtmauer von Mors. Die Burg nimmt etwa ein Drittel der Inselfläche ein. Der Rest der Insel wird vom Dorf Kaarborg, dem Turnierplatz, einigen Lagerhäusern, den Vorratsschuppen, den Marställen, der gräflichen Gärtnerei und nicht zuletzt den Gast- und Freudenhäusern für die Reisenden und Schiffsleute eingenommen. Insgesamt hat die Insel wohl etwa fünftausend ständige Einwohner. Die Insel Kaar ist also im Grunde genommen eine Stadt wie Mors, die auch kaum mehr Einwohner besitzt. Von diesen fünftausend Bewohnern der Insel leben etwa zweitausendzweihundert in der Burg, die sich zusammensetzen aus den eintausend Mann des momentan diensttuenden Milizregimentes, fünfhundert Mann der regulären Festungsbesatzung, zweihundert Mann gräfliche Ritter und Knappen und weiteren fünfhundert Burgbediensteten. Die restlichen zweitausendachthundert Bewohner verteilen sich auf das Dorf, die Gastbetriebe, den Hafen und die Flotte. Dazu kommen je nach Jahreszeit so an die fünfhundert Reisende, welche sich
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