Der Weg nach Kaarborg: Ragnor Band 2 (German Edition)
verflog und wurde von einem warmen Hochgefühl verdrängt als ihn Ana, beim Betreten des Wohnhauses mit einer zärtlichen Umarmung am Fuß der Treppe, welche zum Speisezimmer hinauf führte, begrüßte. Er freute sich sehr über die ehrlichen Gefühle, die sie ihm entgegenbrachte und empfand eine frohe Leichtigkeit, die ihn die bevorstehende Trennung für einen Moment vergessen ließ.
Als er dann später am Abend mit Ana im Bett lag, liebten sich die beiden leidenschaftlich bis zur körperlichen Erschöpfung. Danach lagen sie noch lange eng umschlungen wach ohne ein Wort zu sagen, so, als ob das Schweigen es ihnen erlauben würde, diese Nacht für die Ewigkeit festzuhalten. Erst lange nach Mitternacht schliefen die beiden dann endlich ein.
Am nächsten Tag kümmerten sich Lars, Tana und Anas Schwester Bela um den Verkauf der überflüssigen Vorräte und Ausrüstungsgegenstände aus Calfors Klamm und kauften gleichzeitig alles ein was für die lange Reise benötigt wurde.
Ragnor ging zusammen mit Menno und Maramba zum benachbarten Pferdehändler wo sie die vierundzwanzig Grauesel verkauften und dafür sechs kräftige Zugpferde erwarben, welche sie zusätzlich zu den zwei vorhandenen Lastpferden für die beiden Wagen, mit denen sie nach Kaarborg reisen wollten, benötigen würden. Während Maramba die sechs Pferde ins Kontor führte, machten sich Menno und Ragnor ins Stadtviertel der Wagner auf, um dort zwei geeignete Wagen zu erwerben.
Auf dem Weg quer durch die Stadt bis ins Viertel der Wagner, das auf der anderen Seite der Stadt lag, bemerkte der Junge, dass sie auffällig freundlich, ja ehrerbietig gegrüßt wurden, wann immer sie einem Stadtbewohner begegneten. Die Bürger blieben dann meist stehen und sahen dem stämmigen Seemann und dem groß gewachsenen, jungen Mann noch eine Zeit lang hinterher, nachdem diese sie passiert hatten, wobei sie sich dabei meist lautstark über die vergangenen Ereignisse unterhielten.
Diese Erfahrung stand in krassem Gegensatz zu seinen ersten Erfahrungen hier, als ihn die Bürger der Stadt nie beachtet, geschweige denn gegrüßt hatten.
Als sie an ihrem Ziel anlangten, wo die Wagner der Stadt ihre Produkte auszustellen, und zu verkaufen pflegten, waren die beiden sehr überrascht vom dicken Bürgermeister persönlich begrüßt zu werden, welcher sie am Tor in Begleitung von Mark da Loza, dem königlichen Stadtverweser, empfing. Nach einem feuchtwarmen Druck seiner feisten Hand, folgte unmittelbar und unvermeidlich eine schwülstige Rede: "Lieber Menno, edler Ragnor! Ihr habt Euch große Verdienste um unsere Heimatstadt Mors erworben. Wir hatten leider bisher keine Gelegenheit, uns bei Euch und Eurem hoch geborenen Freund, dem Grafen von Kaarborg, angemessen zu bedanken. Jedermann weiß, dass ich ein sparsames Stadtoberhaupt bin...."
An dieser Stelle ging seine Rede im schallenden Gelächter der anwesenden Bürger unter, die sich neugierig um die kleine Gruppe versammelt hatten und einer rief laut vernehmlich: "Wohl eher geizig!", was das Gelächter noch verstärkte.Nachdem sich der Lärm gelegt hatte, fuhr der Bürgermeister, sichtlich um Fassung bemüht, fort: "Obwohl ich 'sparsam' bin", wobei er das Wort sparsam sorgsam betonte, "möchte sich die Stadt dankbar erweisen."
Er klatschte in die Hände, ein Tor im Hof öffnete sich, und einige Stadtsoldaten schoben zwei nagelneue, mit festen Planen und ledernen Zugleinen versehene Wagen heraus und stellten sie mitten im Hof ab. Menno, Ragnor und der Stadtverweser folgten dem Bürgermeister zu den Wagen in den Hof. Dieser legte mit einer betonten Geste, denn er liebte große Gesten, seine Hand auf die Deichsel des einen Wagen und verkündete, sichtlich stolz an Menno und Ragnor gewandt: "Diese beiden Wagen überreichen wir Euch als Dank für die Errettung unserer Stadt. Mögen sie Euch sicher nach Kaarborg bringen."
Der Rest ging in den Hochrufen der Bürger unter. Menno dankte dem Bürgermeister mit feierlichen, gut gesetzten Worten, sodass sich Ragnor nur wundern konnte wo der Seemann diese geschraubte Sprache wohl gelernt haben mochte.
Dann wurde sich wieder unter heftigem Händeschütteln verabschiedet, wobei der Bürgermeister versprach, die Wagen unverzüglich ins Kontor der Frauen bringen zu lassen.
Der Stadtverweser, ein alter Freund von Rurig, hatte die ganze Zeit, ohne ein Wort zu sagen, freundlich lächelnd dabei gestanden. Er begleitete Menno und Ragnor, unter dem Beifall der anwesenden Bürger, hinaus auf die
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