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Der Weihnachtspullover

Der Weihnachtspullover

Titel: Der Weihnachtspullover Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Beck
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guter Geschichtenerzähler wie Großvater. »Sie stellten jemanden ein, der sich um die Tiere kümmern sollte, aber das war ein böser alter Kerl, der sich mehr dafür interessierte, die Pferde zu quälen, statt sie zu füttern und zu striegeln.«
    Ich stellte mir vor, wie die sanftmütige Stute, die dort vor mir stand, misshandelt wurde. Das machte mich wütend. Ich wollte ihr helfen.
    »Jedenfalls«, fuhr Russell fort, »wurde eines Tages eins der älteren Pferde auf der Farm krank. Anstatt es wieder gesund zu pflegen, griff dieser Kerl nach seinem Gewehr und tötete es direkt vor den Augen der armen Stute hier. Stell dir vor, wie es sein muss, wenn dein Freund völlig grundlos vor deinen Augen getötet wird!«
    Mit einem Mal war mein Kopf erfüllt von hellen Lichtblitzen und lauten Sirenen. Ich sah meinen schwachen Vater in einem Krankenhausbett liegen. Meine müde und wütende Mutter am Steuer unseres Wagens sitzen.
    »Einige Monate später blies ein heftiger Sturm einen Teil des Zaunes um, der den Pferch umgab. Die Instinkte der Pferde übernahmen das Kommando, und sie rannten alle durch die Lücke im Zaun in die Freiheit. Damals habe ich die Stute verängstigt und allein im Wald gefunden.«
    Ich betrachtete das Pferd mit einem viel größeren Verständnis.
    »Ich wollte sehen, ob ich sie kaufen kann, und daher habe ich diesen Kerl aufgesucht. Er hat mir ein Angebot gemacht, das ich nicht ablehnen konnte, und seither pflege ich sie wieder gesund.«
    Russell wandte sich dem Tier wieder zu und zog ein weiteres Apfelstück aus seiner Tasche. »Leider hat sie so schlechte Erfahrungen gemacht, dass sie keinem Menschen mehr vertraut.« Der Kopf des Pferdes zuckte wieder zurück. »Ich begegne ihr jeden Tag mit Liebe, aberich glaube, dass sie sie mit Furcht erwidert. Und deshalb könnte ich deinen Rat wirklich sehr gut gebrauchen, Eddie ... Wie mache ich es ihr nur begreiflich, dass ihr nicht jeder Mensch wehtun möchte?«
    Ich war so in die Geschichte vertieft, dass ich ganz vergessen hatte, dass Russell meine Hilfe benötigte. Ich versuchte mir etwas Kluges einfallen zu lassen. »Tja, ich weiß nicht so recht. Ich schätze, Sie müssen bei dem bleiben, was Sie tun. Ich bin mir sicher, dass sie mit der Zeit erkennen wird, dass das, was geschehen ist, nicht ihr Fehler war und dass Sie ihr Freund sind.«
    Ich schämte mich, dass ich ihm nicht mehr anzubieten hatte, aber offenbar hielt Russell mehr von meiner Antwort als ich selbst. Sein Gesicht hellte sich auf. »Weißt du was, Eddie? Du hast absolut recht. Ich darf nicht lockerlassen. Ich danke dir.«
    Ich platzte innerlich beinahe vor Stolz, wollte mein Glück aber nicht überstrapazieren. »Tja, also, meine Großeltern warten auf mich«, sagte ich, sprang vom Zaun und schritt rasch davon.
    »Komm bald mal wieder vorbei, Eddie«, rief mir Russell hinterher.
    Ich musste gar nicht erst laut aussprechen, dass ich das ganz gewiss tun würde.
     
     
    An jenem Abend schlich ich mich nach unten, um mir Johnny Carson anzusehen. Als ich um die Ecke bog und in das Wohnzimmer kam, sah ich, dass es von dem flimmernden, grünlichen Fernsehfarbton erleuchtet war. Mein Großvater saß auf dem Couchtisch, und seine Nasenspitze berührte beinahe den Bildschirm. »Grandpa?«
    »Schhhh«, erwiderte er und hielt sich einen Finger an die Lippen. Er rutschte ein Stück zur Seite und ließ gerade genug Platz für mich auf dem Tisch.
    Ich setzte mich neben ihn, und wir schauten schweigend gemeinsam fern, hätten dabei gern gelacht, trauten uns aber nicht, aus Angst, dass Großmutter uns entdecken könnte. Ich konnte seinen harten, starken Arm an meinem mageren spüren. Während dieser einen Ausstrahlung von El Dorado kehrte das wohlig warme Gefühl, das wir einst – vor viel zu langer Zeit – geteilt hatten, zurück.
    Großvater hatte keine Ahnung, dass ich, obwohl ich auf den Bildschirm schaute, in Wahrheit noch einmal die Geschichte des letzten Jahres in meinem Kopf ablaufen ließ.
    Ich hätte so gern den von mir eingeschlagenen Weg verlassen, um wieder zurückzufinden, hatte aber keine Ahnung, wie ich das anstellen sollte. Also blieb ich stattdessen einfach nur sitzen.

 
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     

 

 
     
     
     
     

 

Kapitel 11
     
ch benötige heute deine Hilfe«, sagte Großvater am nächsten Morgen vergnügt beim Frühstück. Nachdem wir gegessen und das Geschirr abgeräumt hatten, führte er mich zu der kleineren der beiden Scheunen. Die linke

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