Der Weihnachtspullover
beide mitkommt und wir uns unterwegs etwas zum Naschen holen?«
Wir stiegen in den Lincoln, bogen auf die Straße und fuhren an Russells Farm vorbei. Sie sah wie gewöhnlich verlassen aus. Es dauerte nicht lange, bis das Haus meiner Großeltern in Sicht kam. Als wir uns ihm näherten, machte ich mich in meinem Sitz ganz klein und hoffte, dass sie nicht gerade aus dem Fenster sahen. Ich hatte jetzt ein neues Leben.
»Was machen Sie denn da?«, schrie ich, als Mr. Ashton an dem alten Pflug meines Großvaters in die Auffahrt bog und auf das Haus zusteuerte. Der Umriss meiner Großmutter tauchte auf und gewann an Schärfe, als wir uns näherten.
»Eddie, Janice und ich waren gestern Abend hier und haben uns fast zwei Stunden mit deinen Großeltern unterhalten. Sie sehen die Dinge ein wenig anders als du. Ich weiß, dass es dir schwerfällt, das zu glauben, aber es ist im Augenblick wirklich das Beste für dich, wenn du bei ihnen bleibst.«
Ich zog für einen Moment in Erwägung, meine Beine gegen den Vordersitz zu stemmen und mich zu weigern,aus dem Wagen zu steigen. Man hatte mich hintergangen. Mir wehgetan. Es fühlte sich so an, als schnitte man mir mit einem Messer das Herz heraus, und am liebsten hätte ich um Hilfe geschrien. Ich hätte niemals gedacht, dass die Ashtons und meine Großeltern sich gegen mich verschwören würden. Der Gedanke, dass ich so dumm gewesen war und es nicht einmal hatte kommen sehen, verletzte meinen Stolz zutiefst.
Ich war wütend und durcheinander, und da war ein Gefühl der Leere in meinem Inneren. Meine linke Seite war warm von der Heizung des Wagens, aber die geöffnete Tür jagte mir einen Schauer über Arm und Bein, während ich weiter auf dem Rücksitz ausharrte. Die Seite tat mir weh. Meine Augen brannten. Ich kämpfte gegen die aufsteigenden Tränen an, wie ich noch niemals zuvor in meinem Leben gegen irgendetwas angekämpft hatte.
Mr. Ashton stand neben mir und drückte geduldig den Vordersitz herunter, damit ich aussteigen konnte.
Taylor saß neben mir und blickte vor sich auf den Boden. Ich fragte mich, ob er mich auch verraten hatte.
Ein Dutzend vulgärer, gehässiger Bemerkungen schossen mir durch den Kopf, aber ich sprach keine davon laut aus. Genau genommen sprach ich in den nächsten vierundzwanzig Stunden kein einziges Wort.
»Eddie, bitte rede doch mit uns ... « Großmutter hielt mir wieder einmal ihren Vortrag darüber, wie sehr sie mich doch liebte und wie sehr mich auch die Ashtons liebten. Meine Großeltern waren verletzt und enttäuscht, aber vor allem bestürzt. Sie konnten einfach nicht begreifen, dass ich glaubte, sie würden sich freuen, wenn ich fort wäre.
Mein Großvater kam mir ein wenig mitfühlender vor als vor meinem Weggang, er erging sich wenigstens nicht in irgendwelchen Tiraden, wie Großmutter es tat. Er sprach es zwar zu der Zeit nicht aus, aber er wusste ganz genau, wer Stan Ashton wirklich war: der Kerl aus der Großstadt, dem er Geld dafür abgeknöpft hätte, um sein Holz und seine Fenster wegzuschaffen.
»Weihnachten steht vor der Tür«, sagte er später am Abend ganz offenbar in der Hoffnung zu mir, dass wir die Vergangenheit dort lassen würden, wo sie hingehörte. »Wie wäre es, wenn wir uns daran erfreuen und den Beginn des neuen Jahres auch für einen Neubeginn nutzen?«
»Einen Neubeginn?«, fragte ich ungläubig. Großvater hatte meine Traurigkeit unwissentlich in Wut verwandelt, die sich aufgestaut hatte und in mein Gesicht hinaufdrängte und es knallrot färbte. »Einen Neubeginn ? Wirst du Mom und Dad wieder lebendig machen? Wirst du mir ein Leben geben, wie andere Kinder es haben? Wie Taylor es hat? Erwartest du etwa, dass ich einfach alles vergesse, was geschehen ist?«
»Du sollst nicht vergessen, Eddie, du sollst vergeben . Du sollst es nicht einfach hinter dir lassen, aber du musst damit abschließen. Das meiste von dem rührseligen Zeugs, in dem du dich suhlst, hast du selbst verschuldet.«
»Du redest, als ob das einen Unterschied machen würde. Ich bin dreizehn, und mein Leben ist schon zu Ende.«
Meine Großmutter trat zwischen uns. »Eddie, du hast recht. Wir sind zu alt für einen Jungen im Teenageralter, aber wir geben uns wirklich die größte Mühe. Wir haben eine Menge erlebt und viel durchgemacht. Wir wissen, dass Dinge mit der Zeit leichter werden – daran solltest du festhalten.«
Ich stand auf und zog meine Faust aus der Tasche meiner Jeans. »Sicher.« Ich legte so viel Schmerz und Wut
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