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Der Wein des Frevels

Der Wein des Frevels

Titel: Der Wein des Frevels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Morrow
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sie dem gewünschten Zweck nicht dienen konnte.
    Die Wissenschaftler verringerten die Dosis auf ein cm 3 pro zwanzig Kilogramm, und die Chitzals hörten auf, sich wie Kannibalen zu benehmen. Sie kratzten einander die Augen aus, auch die auf den Stielen.
    Die Lösung wurde auf fünfzehn Prozent reduziert, und die Chitzals verloren das Interesse an den Augen ihrer Artgenossen und stürzten sich statt dessen auf die Jugularvenen.
    Trotz allem strahlte Francis vor Optimismus. Das heutige Experiment würde das konservativste sein – eine zehnprozentige Lösung, ein cm 3 pro fünfundzwanzig Kilogramm.
    »Bitte, sag es mir!« stöhnte Tez.
    »Also gut. Wenn wir Erfolg haben, würdest du es ohnehin erfahren.« Er trat in die halb geschlossene Tür. »Wir experimentieren mit dem Burggraben.« Er erklärte, daß Janet Vij in ihren Notizen dargelegt habe, eine verdünnte Noctus-Injektion könne einen Quetzalianer vorübergehend befähigen, gewalttätig zu werden. »Auf diese Weise wollen Burne und ich eine kleine Armee von Freiwilligen aufstellen und den Planeten von den Gehirnfressern befreien.«
    Tez’ Reaktion erfolgte sofort und war eindeutig. »Das ist das Dümmste, was ich je gehört habe. Du mußt den Verstand verloren haben.«
    »Mein Verstand sitzt immer noch dort, wo er sein soll.« Er wandte sich dem Labor zu, aber Tez streckte eine Hand aus und hielt ihn am Arm fest, mit einer Bewegung, die man nach quetzalianischen Maßstäben fast als gewalttätig bezeichnen konnte.
    »Du darfst das nicht tun!« Ihre Stimme klang messerscharf. »Verstehst du? Tu es nicht!«
    »Warum nicht? Für die Wissenschaft gibt es keine verbotenen Straßen.«
    »Wenn der Grund nicht klar zu erkennen ist, dann bemitleide ich dich und deine ganze Rasse.«
    Er hörte, daß Burne in einem Noctus-Behälter rührte. »Bitte, entschuldige mich jetzt.«
    »Ich habe noch mehr zu sagen. Wenn du es wagst, diesen Plan durchzuführen, werde ich für immer aus deinem Leben verschwinden. Noch mehr – ich werde gegen dich kämpfen. Hörst du? Es ist seltsam, daß eine Quetzalianerin ein solches Wort benutzt – aber ich werde gegen dich kämpfen, mit allen Waffen, die ich mir nur ausdenken kann.«
    »Ich muß jetzt an die Arbeit gehen«, war alles, was Francis dazu sagte. Tez rannte davon, und er fragte sich, ob sie es ernst meinte. Begriff sie denn nicht, daß er ein Recht darauf hatte, seine Freunde zu rächen und sein Schiff zurückzugewinnen?
    Burne saß inmitten einer Kollektion von Noctus-Töpfen. Sie hatten die Bücher aus den Bibliotheksregalen entfernt, und nun standen Käfige mit nervösen Tieren darauf. Die Luft stank. Schweine winselten, Affen schimpften, Vögel quäkten, Hasen und Chitzals hockten wie betäubt da.
    Auf dem Tisch befanden sich sechs Käfige, je zwei waren aufeinandergestellt, und jeder enthielt zwei Chitzals. »Ich habe ihnen vor fünf Minuten Injektionen gegeben«, sagte Burne und strich über die obersten drei Käfige.
    Noctus erreichte das Gehirn eines Chitzals normalerweise in zehn Minuten.
    Es sah gut aus. Die Experimental-Chitzals zeigten wie ihre Kontrollgruppenvettern nicht die geringsten Anzeichen von Wahnsinn, schwebten auch nicht in Todesgefahr. Aber als Burne die Käfige gegeneinanderschlug, um jedes Tier glauben zu machen, daß es von seinem Wohnungsgefährten angegriffen wurde, brachen schreckliche Kämpfe aus. Dies war das Gleichgewicht zwischen zivilisierter Haltung und Aggression, das sie gesucht hatten. Ein Kubikzentimeter pro fünfundzwanzig Kilogramm, eine zehnprozentige Lösung – magische Zahlen!
    Sechs Tage später betrat Francis das Schlafzimmer und sah, daß Mr. Nose, Shag, die Seeschlange und Tez’ Kleider verschwunden waren. Auf dem Kopfkissen lag ein Zettel. In knappen Worten hatte Tez ihm geschrieben, daß sie ihn verlassen würde. Die beiden letzten Sätze waren besonders bitter. »Es gibt einen Unterschied zwischen Wissenschaft und Arroganz. Tut mir leid, daß ich es bin, die dir das mitteilen muß.«
    Francis traten Tränen in den Augen, er versuchte erfolglos, sie mit einem Stöhnen zu unterdrücken. Verdammt, Tez, dachte er, Quetzalia ist nicht meine Heimat. Er zerriß den Zettel in winzige Fetzen, verstreute sie wie Konfetti.
    Als Burne ins Schlafzimmer stürmte, lag Francis reglos auf dem Bett, starrte auf eine Ritze in der Decke, die so aussah wie eine der Konstellationen, die Tez ihm gezeigt hatte – wie Janets Drachen. »Sie ist ausgezogen.« Francis’ Stimme war tonlos.
    »Bist du

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