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Der Wein des Frevels

Der Wein des Frevels

Titel: Der Wein des Frevels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Morrow
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überrascht?«
    »Ein bißchen.«
    »Ich wollte dir von einem hübschen kleinen Resultat erzählen. Vielleicht wird dich das aufheitern.«
    »Ich weiß gar nicht, ob ich wirklich deprimiert bin.« Er meinte es beinahe ernst. »Irgendwann mußte es ja zu Ende gehen.«
    »Ich habe den ganzen Vormittag lang Käfige gegeneinandergeschlagen, und dabei ist nicht einmal ein harmloser Familienstreit ausgebrochen. Es ist genauso, wie Vij es prophezeit hat. Nach sechs Tagen – puff! – sind die Aggressionen verschwunden. Lostwax, Kumpel, ich glaube, wir haben das Naturgesetz genauso hingekriegt, wie wir es haben wollten.«
    »Und was jetzt?«
    »Wir obduzieren die Chitzals, suchen nach Gehirn- und Leberschäden, Krebsgeschwüren, Mißbildungen… Drei unserer Versuchstiere sind trächtig, nicht wahr?«
    »Ja. Und wenn alle Tests negativ ausfallen…?«
    »Dann versuchen wir, Resultate zu bekommen, die niemand anfechten kann. Wir injizieren das Zeug anderen Chitzals, zehnmal, zwanzigmal. Wir probieren es an Schweinen, Mäusen, Affen, Hasen aus – an diesem ganzen verdammten Zoo.«
    »Und wenn die Tierversuche fehlschlagen?«
    »Dann müssen wir unsere Niederlage eingestehen.«
    »Und wenn sie Erfolg haben?«
    »Dann injizieren wir unseren Stoff den Menschen.«

Gouverneur Nazra plazierte sein fleischiges Hinterteil auf ein Lipoca-Wollkissen und starrte auf die Männer hinab. So, dachte er, das sind also die berühmten Gäste aus dem All, die uns von den Neurovoren befreien wollen. Nun, wir werden sehen. Nazra, ein großer Wackelpudding, hatte im Kontrast zu seinem weichen Bauch einen harten Schädel. Man würde schon sehr gewichtige Argumente vorbringen müssen, um ihn zu überzeugen, daß es eine gute Idee war, eine Armee aufzustellen.
    Nur einer der beiden Nerdenmenschen, die in der Vij-Gedenk-Arena standen, erwiderte Nazras Blick – Francis. Der Entomologe stand im roten Kreis und wand sich verlegen. Überall wollte er sein, nur nicht hier – in den ätzenden Sümpfen von Arete, auf den öden Monden von Kritonia, überall, nur nicht hier. Unser Gouverneur sieht intelligent aus, dachte er. Nicht leicht zufriedenzustellen – aber auch nicht feindselig… Wenn Burne die richtigen Karten ausspielt, wird sich Aca auf unsere Seite schlagen, und dann wird unser Krieg ausbrechen.
    Natürlich war sich Francis nicht sicher, ob er wirklich wollte, daß dieser Krieg ausbrach. Könnte er wirklich ein Schwert ergreifenund Neurovoren niedermetzeln? Nein – nicht einmal, wenn er sich eine Noctus-Dosis injizierte. Aber ohne den Krieg würden sie niemals zu ihrem Schiff gelangen, und ohne das Schiff konnten sie nicht nach Hause fliegen. Er würde keinen Cortexclavus- Triumphfeiern, keinen Poelsig-Preis bekommen und für immer auf diesem verrückten Planeten bleiben müssen.
    Nazras Ankunft veranlaßte den Rest der Machtstruktur von Aca – die Adjutanten, die Kabinettsmitglieder, die Gesetzgeber, die professionellen Speichellecker –, den Mund zu halten und ihre Plätze aufzusuchen. Auch Cuz war vertreten, in der Person eines Antistasisten namens Minnix Cies. Francis nahm an, daß Cies der hagere Mann mit dem geraden Rücken war, der in der ersten Reihe saß, ohne einen einzigen Freund, während sich die anderen Politiker in deutlichem Abstand um ihn verteilt hatten, wie Eisensplitter um einen Magneten.
    Die übrigen Einladungen waren an die großen Institutionen von Tepec ergangen – an die Bibliothek, das Hospital, die Kirche. Vaxcala hatte als erste geantwortet und Burnes Schlachtplan mit einer Bemerkung von drei Worten zurückgeschickt – »Das ist Wahnsinn!« Loloc Haz hatte ärgerlich geschrieben, es täte ihm leid, daß Vijs Aufzeichnungen in dieser Weise mißbraucht würden und daß er Francis jemals Zugang dazu verschafft hatte. Er würde zum Konzo kommen, aber mit der Absicht, so viele unfreundliche Fragen wie nur möglich zu stellen. Das Chimec-Hospital hatte Mool entsandt, der in uncharakteristischem Schweigen hinter verschränkten Armen saß.
    »Sie alle haben die Vorschläge zu dieser Kampagne gelesen«, begann Burne. »Wahrscheinlich haben einige von Ihnen etwas dazu zu sagen.« Eine glatte Untertreibung, wie Francis den vielen nickenden Köpfen und dem lauten Gemurmel entnahm. Die Menge verstummte, als Loloc aufstand.
    »Ich werde Ihren schlauen Verstand nicht beleidigen, Newman, indem ich Sie frage, warum Sie für die Durchführung Ihres Plans genau fünfundzwanzig Tage brauchen und nicht sechsundzwanzig oder

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