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Der Wein des Frevels

Der Wein des Frevels

Titel: Der Wein des Frevels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Morrow
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pro Tag hundert Soldaten an.
    »Name?« Er sah nur selten von den Formularen auf.
    »Minnix Cies.«
    »Adresse?«
    »Das Cies-Familien-Cottage, südlich von Cuz an der Harmoniestraße.«
    »Sprechen Sie mir bitte nach: Ich werde der Ersten Armee von Aca meine ganze Kraft…«
    »Das ist doch dumm«, sagte Minnix. Seine Vorgänger hatten ähnliche Ansichten kundgetan.
    »Meinen Willen…«
    »Natürlich tu’ ich das…«
    »Und meinen immerwährenden Gehorsam weihen…«
    »Das klingt aber ziemlich neurovianisch.«
    Francis strich ein Quadrat auf dem Formular durch, womit angezeigt wurde, daß Minnix seinen Treueeid geleistet hatte. »Jetzt müssen wir Ihre Muskeln testen.« Als Francis ihm den Langbogen reichte, erkannte er den Antistasisten, der sich in der Vij-Arena für den Krieg eingesetzt hatte. »Oh, Sie sind es! Unser Champion!«
    »Kühne Ideen verdienen es, daß man sich dafür einsetzt. Ich bin froh, daß Sie die Langeweile unseres Lebens durchbrochen haben.«
    »Machen Sie sich keine Mühe mit diesem Bogen, Soldat. Wir stehen tief in Ihrer Schuld.«
    Aber Minnix versuchte es trotzdem und bog die Stange bis zum maximalen Grad zusammen. Francis erklärte ihm, die neuen Rekruten müßten sich im Zelt des Brigadegenerals hinter dem Palast melden, worauf Minnix unsicher salutierte.
    Burne saß im Brigadegeneralszelt, sprach in markigen Worten von dem neuen Tag, der nun über Luta heraufdämmere, und erklärte, im Lauf der Geschichte hätten sich stets alle Männer um die Chance bemüht, fürs Vaterland sterben zu dürfen. Die meisten Rekruten, auch die Antistasisten, erwiderten darauf, dieser idiotische Patriotismus würde ihnen nichts sagen. Sie seien gekommen, um in einer einzigen Schlacht zu kämpfen, und danach wollten sie wieder religiös werden. Burne sagte immer wieder: »Ich glaube nicht, daß Sie einen guten Soldaten abgeben werden«, worauf er mit entnervender Regelmäßigkeit die Antwort hörte, daß er niemals ein guter Pazifist sein würde. Aber er wagte nicht, seine Reihen zu dezimieren, indem er diese aufmüpfigen Burschen nach Hause schickte, und so befahl er ihnen, Latrinen zu graben.
     
    Nur noch eine Stunde – und die Erste Armee von Aca würde aus tausend Mann bestehen. Die Formulare verschwammen bereits vor Francis’ Augen, als er wieder einmal den Bleistift zückte. »Name?«
    »Tez Yon.«
    Automatisch begann er zu schreiben. »Adresse?« Dann las er, was er geschrieben hatte. »Tez!«
    »Ich will mit dir reden«, sagte sie müde.
    Eine mühsam verdrängte Bitterkeit stieg in ihm auf. »Reden? Warum bleibst du nicht deiner Gewohnheit treu und legst mir einen Zettel aufs Bett? Mein Schlafzimmer ist oben!« Tez sah ihn nur an. »Willst du zur Ersten Armee gehen?« Er meinte es halb ernst. Der verrückte Gedanke, daß sie ihre Skrupel überwunden haben könnte, war schon in dem Moment gekommen, als er sie erkannt hatte. Es gehörte zu Francis’ Schwächen, die Absurdität solcher Thesen zu ignorieren und alle folgenden Worte und Taten seinen verrückten Einbildungen anzupassen.
    »Ich werde nicht zu eurer Armee gehen«, entgegnete Tez würdevoll. »Nicht einmal, wenn du einen Dornenbusch in meinen Bauch pflanzt.«
    »Natürlich, du bist in solchen Dingen Jungfrau. Du hast niemals daran gedacht, Mool das Herz aus der Brust zu schneiden. Du hast nur gedacht, du hättest es gedacht.«
    »Ich bin nicht gekommen, um mit dir zu streiten, Francis.«
    Er rekrutierte rasch die restlichen Freiwilligen, ließ den Treueeid und den Muskeltest aus. Die Erste Armee hatte tausend Soldaten. »Komm, gehen wir spazieren.«
    Der Garten des Gouverneurs war kahl und windig und ließ den nahen Winter ahnen. Der Schnee würde erst in zwei Opochen vom Himmel fallen, aber die Farben waren bereits alle in den Süden gewandert. Überall sprudelten Springbrunnen in aufgebrachter Heiterkeit.
    »Ich denke manchmal an deinen Vater«, sagte Francis.
    »Er leidet nicht.«
    »Das ist gut. Ich denke auch an deinen Bruder.«
    »Der leidet auch nicht. Er ist nur unleidlich.«
    »Und ich denke an dich.«
    »Eigentlich sollte ich dir danken, weil du mich in der Arena gegen Burne verteidigt hast. Es muß dir sehr schwer gefallen sein, dich gegen einen Freund zu stellen.«
    »Das ist schon – öfter vorgekommen.«
    »Dann gibt es noch Hoffnung. Deine Intuition sagt dir, daß dieser Krieg falsch ist.«
    »Ich dachte, du wolltest nicht streiten.« Francis deutete mit dem Daumen zum Feldlager hinüber. »Willst du die Soldaten

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