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Der Wein des Frevels

Der Wein des Frevels

Titel: Der Wein des Frevels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Morrow
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würde er zu ihr ins Olo kommen.
    »Ich weiß dein Opfer zu schätzen«, erwiderte Tez mit unbeabsichtigter Ironie.
    »Du bist es, die ein Opfer daraus macht.«
    »Kann die Nerde eine erfahrene Neurochirurgin brauchen?«
    »Sie kann auch eine erfahrene Puppenspielerin brauchen. Oh, es wird großartig werden, Tez. Du kannst unseren Ärzten Homöopathie beibringen, und sie werden dich mit Robotergliedmaßen und Dialysesystemen vertraut machen. Im Frühling lassen wir Papierdrachen fliegen, und im Herbst schneiden wir Gesichter in Kürbisköpfe, und vielleicht, wenn du sehr, sehr brav bist, zeige ich dir, wie man ein Magnumauto steuert.«
     
    Als sich Francis endlich dazu aufgerafft hatte, seinem Freund mitzuteilen, daß er nicht nur die Armee verlassen wollte, sondern außerdem auch noch seine schwangere Geliebte auf die Nerde mitzunehmen gedachte, ging Burne, wie es vorauszusehen gewesen war, in die Luft. »Lostwax, was tust du mir an? Wie kann ich von den Quetzalianern erwarten, daß sie für dein Schiff kämpfen, wenn du dich davor drückst?« Sie standen auf einem Balkon des Palastes und blickten zum Exerzierfeld hinunter. Burne wies stolz auf seine Armee. Die Offiziere sahen hilflos zu, wie die Soldaten in manierierten Schrittfolgen umhertanzten, die sich nur schlecht mit irgendwelchen Definitionen von Marschrhythmen vereinbaren ließen.
    »Ich habe mit Minnix Cies gesprochen«, sagte Francis. »Er erklärte mir, er würde für die Freiheit von Quetzalia kämpfen, nicht für die Darwin, und er hat Verständnis für meine Lage.«
    »Ich wünschte, ich hätte das auch.«
    Francis’ Argumente alternierten zwischen der Darlegung seines leidenschaftlichen Wunsches, ein Nerdenkind großzuziehen, und dem Bekenntnis seines persönlichen Glaubens, daß Massenmord stets böse sei, auch wenn man ihn mit Euphemismen wie Krieg und Schicksal bemäntele. »Ich weiß, daß ich dir das Leben schwermache. Nun wirst du die Darwin hierherfliegen und uns abholen müssen… Aber ich kann nicht anders.«
    Burne machte »hm« und erwiderte, er müsse Francis’ Überlegungen wohl oder übel respektieren. »Auch wenn sie falsch sind.«
    »Vergiß nicht, daß ich es war, der herausgefunden hat, wie man diese Leute reprogrammieren kann. Ich habe bereits meinen Beitrag zu deinem Krieg geleistet, Burne. Ein Freiwilliger mehr kann die Schlacht auch nicht gewinnen – und ein Honigkuchenpferd wie ich schon gar nicht.« Burnes Laune besserte sich plötzlich. »Der Krieg ist bereits gewonnen – trotz der Possen meiner sogenannten Soldaten.«
    »Sie marschieren ziemlich komisch«, meinte Francis, als er beobachtete, wie ein paar Leute über ihre eigenen Beine stolperten.
    »Sie verstehen nicht, daß konzertierte Aktionen notwendig sind. Aber jeder einzelne ist ein verdammt guter Solist.«
    Burne wiederholte ein Gespräch, das er vor kurzem mit einem seiner etwas vertrauenswürdigeren Leutnants geführt hatte. »Der Mann sagte: >General, ich habe noch nie an einer Schlacht teilgenommen, aber nach allem, was ich gelesen habe, ist das ein rein individualistischer Vorgang. Man greift den Feind in einem Tempo an, das man persönlich für richtig hält. Man schwingt das Schwert aus eigener Initiative und nur dann, wann man will, und man sucht sich selber den Neurovoren aus, den man töten will, und wenn er einen Speer losschleudert, wartet man nicht auf einen Befehl, sondern duckt sich einfach. Ich glaube, Sie verstehen, worauf ich hinauswill, Sir. Diese Anpassung, die Sie da propagieren – daß wir Livree tragen und im Gleichschritt marschieren sollen –, ist doch sinnlos. Sie sollten Intuition und Kreativität mit uns trainieren.<«
    »Und was hast du geantwortet?« fragte Francis.
    »Ich habe ihm gesagt, daß er ein Unruhestifter sei.«
    »Hm… Ich überlege gerade, ob ich ihm nicht recht geben soll.«
    »Unglücklicherweise wird deine Skepsis von sieben Achtel dieser Armee geteilt.« Burne begann zu jammern und zu schimpfen. Vor zwei Tagen hatte er Uniformen verteilt, und jeder einzelne hatte entweder Nähte aufgetrennt und neu zusammengestichelt, neue Taschen aufgenäht, Federn drangeklebt oder andere Verzierungen angebracht, bis die Erste Armee von Aca mit einer Mannigfaltigkeit aufwarten konnte, die man außerhalb eines Zoos nur selten fand. Jeder militärische Brauch, der seit Troja Geltung hatte, wurde mit Protesten oder spöttischen Bemerkungen bedacht. Wenn Burne zum Beispiel sagte: »Wir brauchen Signalhörner«, entgegnete ein

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