Der Wein des Frevels
instruierte Burne seine Versuchsperson und hob seine Waffen vom Boden auf. Momictla nahm ihrem Mann Schwert und Schild ab. Burne stieß zu, traf Momictlas zitterndes Schwert. Sie umfaßte den Griff fester und erwiderte den Angriff. Das ganze Publikum schoß von den Bänken hoch wie ein Vulkanausbruch. Die Leute wären nicht erstaunter gewesen, wenn sich die Frau in eine Kröte verwandelt hätte.
Momictla hatte sich nie zuvor duelliert, aber sie war reaktionsschnell und hatte rasch begriffen, worauf es ankam. Sie kannte die visuellen, die kinästhetischen Aspekte der Gewalt, die sie so oft im Tolca-Tempel gesehen hatte. Erst als sie die Arena viermal umkreist hatten, wobei das Klirren der Schwerter immer schriller erklungen und die Intervalle zwischen den einzelnen Zusammenstößen immer kürzer geworden waren, ertappte Burne seine Gegnerin in einem unkonzentrierten Augenblick und schlug ihr das Schwert aus der Hand. Doch dann gab sie sich noch immer nicht geschlagen, hielt den Schild mit beiden Händen vor ihren Körper, um weitere Attacken zu parieren.
Doch Burne hatte alles erreicht, was er wollte. Er stieß die Schwertspitze in den Sand und warf beide Arme hoch, als habe er soeben ein akrobatisches Kunststück vollbracht. Die Politiker wußten nicht, ob sie jubeln, nach Luft schnappen oder sich übergeben sollten. Sie schauten Nazra an.
Der Gouverneur erhob sich. »Zweihundert Jahre lang waren wir hinter Steinmauern eingeschlossen – gefangen auf unserem eigenen Planeten.« Seine Stimme schwoll zu einer neuen Schockwelle an. »Nun haben wir die Chance, unsere Freiheit zu erkämpfen, und dazu brauchen wir nur vorübergehend und auf recht triviale Weise mit den alten Traditionen zu brechen. Aber irgend etwas in meinem Inneren warnt mich – und deshalb zögere ich, diese Chance zu ergreifen.«
Er ist gegen uns, dachte Francis deprimiert, und dann hatte er das merkwürdige Gefühl, daß es ihn genauso deprimieren würde, wenn es Burne gelungen wäre, Nazra zu überzeugen.
»Und doch«, fuhr der Gouverneur fort, »wir können nicht in der Vergangenheit leben. Wir müssen unseren Nachkommen einen ganzen Planeten vererben, nicht nur einen grünen Splitter, eingeklemmt zwischen dem Kannibalenland und dem Meer. Ich glaube, ich spreche für die überwältigende Mehrheit, wenn ich sage, daß ich diesen Plan gut finde.«
In der ganzen Arena nickten zahlreiche Köpfe, ein »Ja!« drang aus allen Kehlen. Er hat uns also unsere Argumente abgekauft, dachte Francis und veränderte die Motive für seine Depression.
Nun wandte sich Nazra an Burne. »Hoffentlich verstehen Sie, daß es mir mein Glaube niemals gestatten würde, diesen Krieg offiziell zu billigen. Zolmec stellt sich nach wie vor gegen alle Formen der Gewalt. Aber ich werde meine Kirche veranlassen, ganz offiziell einen neutralen Standpunkt einzunehmen. Und mit parlamentarischer Unterstützung, die ich sicher bekommen werde, kann ich den Klerus vermutlich dazu bringen, gewisse Zugeständnisse hinsichtlich der Maschinerie und des Krieges zu machen und Absolutionen zu erteilen. Ihre Soldaten verdienen es, von der hypodermatischen Technologie zu profitieren, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen. Aber vorher muß noch etwas geschehen.«
»Was?« fragte Burne.
»Ich möchte, daß Sie diese Frau in sieben Tagen zu mir bringen. Ich möchte mit eigenen Augen sehen, daß sie zum Pazifismus zurückgekehrt ist. Wenn sie dann immer noch ein Nerdenmensch ist, werde ich Vaxcala Coatl ersuchen, Ihre Armee als böse und frevlerisch zu verdammen.«
Burne strahlte. »Eine kluge und vernünftige Bedingung, Gouverneur!«
Die Heimat lag näher denn je. Und doch wußte Francis irgendwie, obwohl die ganze Bürokratie von Aca stillschweigend dahinterstand, daß dieser Krieg nicht so sauber war, wie es die jüngsten Ansprachen glauben machen wollten. Der Regierungsrat war offenbar nicht seiner Meinung. Man nickte, murmelte vor sich hin oder brachte auf andere Weise zum Ausdruck, daß nun nichts mehr in dieser Angelegenheit gesagt werden mußte.
Doch dann erhob sich eine zierliche Frauengestalt, das Gesicht von einer Kapuze überschattet. »Warten Sie!« rief sie mit heiserer Stimme, schlug die Kapuze zurück, und Francis starrte in schmerzhaft vertraute Züge. Doch sein Schock ließ nach, ging in Neugier über und dann in sexuelles Verlangen.
»Ich wurde nicht eingeladen«, begann Tez. »Vielleicht habe ich nicht das Recht zu sprechen.«
»Das stimmt, du gerissenes
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