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Der Wein des Frevels

Der Wein des Frevels

Titel: Der Wein des Frevels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Morrow
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dazu überreden, wieder nach Hause zu gehen? Ich bewundere deine Entschlossenheit.«
    »Ich werde es geradeheraus sagen – ich bin schwanger.«
    »Was?«
    »Ich trage, um eine abgeschmackte Phrase zu benutzen, dein Kind unter dem Herzen.«
    »Ist es wirklich meins?«
    »Und meins.«
    Eine heiße Freude stieg in Francis auf. »Großartig! Der Zwergenfuß wirkt also nicht immer.«
    »Zumindest nicht bei Nerdenmännern.«
    »Offenbar war es mein Schicksal, noch einmal Vater zu werden. Es ist, als würde Barry zu mir zurückkehren.«
    »Vergiß aber nicht, daß er diesmal eine andere Mutter hat.«
    »Das ist das Allerbeste an der ganzen Sache.« Er zog sie an sich, erwartete halb und halb, zurückgestoßen zu werden, aber ihre Lippen trafen sich in einem innigen, versöhnenden Kuß.
    »Ich habe dich vermißt«, flüsterte sie.
    »Als du aus der Wohnung ausgezogen warst, versuchte ich so zu tun, als würde es mir nichts ausmachen. Aber ich hab’s nicht geschafft.« Er ging zum nächsten Brunnen, hielt die Hand darüber, und der eisige Wasserstrahl traf seine Handfläche. »Dieses Baby wird keine Diabetes kriegen. Wir nehmen die Pillen mit, wenn wir abreisen.«
    »Abreisen?«
    »Zur Nerde.« Er hatte völlig gedankenlos gesprochen, und plötzlich wurde ihm bewußt, was er gesagt hatte. Wir! Ja, er hatte es so gemeint.
    »Du willst, daß ich mit dir zur Nerde fliege?«
    Er erwartete nicht, daß sie an dieser Idee ganz automatisch Gefallen finden würde, und er las in ihren entsetzten Augen, daß seine Skepsis berechtigt war. »Ich möchte, daß er, sie – unser Kind als Nerdenmensch aufwächst.«
    »Und das ist nur möglich, wenn auch die Mutter ein Nerdenmensch wird?«
    »Wenn alles gutgeht, werden wir in knapp vierzig Tagen die Darwin starten. Das Baby darf nicht hier geboren werden, wenn die Nerde seine Heimat sein soll. Oh, auch auf meinem Planeten gibt es humane Leute, du wirst es schon sehen. Dort wächst niemand ohne Berg-und-Talbahn auf.« Er lächelte wie Mr. Nose. »Dieses Kind wird sehr glücklich sein.«
    »Ich bin nie mit einer Berg-und-Talbahn gefahren, und ich war auch glücklich.«
    »Aber es ist wichtig für mich.« Er hüpfte buchstäblich auf und ab.
    Tez warf nur einen kurzen Blick auf ihn und spürte, daß ihr Widerstand schmolz. Gott der Gehirne, ich liebe ihn wirklich. Aber – von hier weggehen? Keine Marionettentheater mehr? Keine Legendenabende? Sie brach das Schweigen, indem sie versprach, ernsthaft zu überlegen, ob sie auf die Nerde gehen wolle. »Aber nur unter zwei Bedingungen.«
    »Ja?«
    »Erstens können wir nicht aufbrechen, solange mein Vater noch am Leben ist.« Francis protestierte und erklärte, Burne würde sofort starten wollen, sobald er die Darwin wieder zwischen den Fingern hätte. »Wenn mein Vater dann noch lebt, mußt du ohne mich abreisen«, erwiderte Tez. »Die zweite Bedingung lautet, daß du diesen unsinnigen Krieg nicht unterstützen darfst. Ich verlange nicht von dir, daß du die Leute zum Desertieren ermutigst, aber ich erwarte, daß du Aca verläßt. Sag Burne, daß du nicht mitkommen würdest, wenn die Armee losmarschiert. Du hast einmal gesagt, du seist entzückt von unseren pazifistischen Gottheiten und könntest nicht verstehen, daß man Mörder – zum Beispiel Generäle und Jeanne d’Arc – bewundert. Nun kannst du mir beweisen, daß du zu deinen Überzeugungen stehst.«
    »Burne wird denken, daß ich kein Rückgrat habe.«
    Sie preßte die Lippen zusammen. Francis zog seine Hand vom Brunnen zurück und beobachtete, wie Wasserperlen von seinen Fingerspitzen tropften. »Außerdem müssen Kappie und Luther gerächt werden.«
    »Man wird sie rächen, und es spielt überhaupt keine Rolle, ob du dabei bist oder nicht. Versteh doch – wenn ich in einen anderen Kulturkreis übersiedle, dann möchte ich, daß meine Freunde das billigen. Sie sollen wissen, daß Burne Newman zwar kein Nerdenmusterknabe ist, aber daß es auf diesem Planeten auch andere Menschen, wie zum Beispiel einen Francis Lostwax gibt, deren Moralbegriffe den unseren nahekommen.«
    Er stieß einen Seufzer zwischen den Zähnen hervor. »Unser Fötus ist schon – wie alt? Eine Opoche? Er war bereits ein Fisch – und eine Amphibie. Zwei Billionen Jahre Evolution. Es wird Zeit, daß auch ich erwachsen werde.« Er erklärte, daß er drei oder vier Tage brauchen werde, um alles zu regeln, seine Sachen zu packen und genügend Mut aufzubringen, daß er Burne seine Entscheidung mitteilen könne. Danach

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