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Der weite Weg nach Hause

Der weite Weg nach Hause

Titel: Der weite Weg nach Hause Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Tremain
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Herdflammen immer weiter zunahm.
    Lev wrang das Geschirrtuch aus und warf es unter die Becken, wo es nicht zu sehen war. Er trocknete sich die Hände. Er starrte auf eine große Pfanne, die neben seinem Becken gelandet war. Sie war mit etwas beschmiert, das wie gelber Leim aussah. Er erinnerte sich an einen Artikel im Baryner Anzeiger über die neue Mode im Westen, ein bäuerliches Gericht aus Italien, das Polenta hieß. »Polenta«, schrieb der Anzeiger »ist Maismehl, vermischt mit gewürztem Wasser. Es ist das, was die armen Schwarzen Südafrikas über Generationen hinweg ›Mehlgericht‹ nannten. Es ist die für teures Geld verkaufte Nahrung der Hungernden. Polenta auf eine teure Speisekarte zu setzen ist ein verlogener, dekadenter Akt.«
    Lev hob die Polenta-Pfanne hoch. Sie roch nach einem Gerstenfeld zur Erntezeit. Lev ließ heißes Wasser nachlaufen.
    Gegen elf spürte Lev, wie das Hin und Her in der Küche langsamer wurde, und es kamen andere Gegenstände bei seinen Spülbecken an: Backbleche, Sorbetschalen, Auflaufförmchen, Schneebesen, Tortenmesser, Löffel, Kaffeetassen und Espressokannen. Jetzt wagte er auch, sich kurz umzudrehen, um zu schauen, was die anderen gerade machten, und er sah, dass Sophiedicht beim Gemüsekühlschrank stand und dabei war, die weiße Küchenuniform auszuziehen. Als sie die kleine Baumwollkappe abnahm, war ihr Haar darunter feucht und klebte in dicken Locken an ihrem Kopf, als wäre sie schwimmen gewesen.
    »Nacht allerseits«, sagte sie.
    GK Ashe ging zu ihr, legte ihr eine Hand auf den nassen Kopf und schaute sie mit seinen eisblauen Augen an: »Schön ruhige Arbeit, Sophie«, sagte er. »Alles sehr koordiniert. Ziemlich gut.«
    »Danke, Chef«, sagte Sophie.
    Die anderen Köche hoben anerkennend die Daumen, und dann wandte sie sich an Lev. »Nacht, Olev«, sagte sie.
    Lev bemerkte, wie er eine lächerliche kleine Verbeugung machte, während er eine Schale und einen Schneebesen in den Händen hielt. Waldo und Jeb kicherten. Sophie lächelte. Lev sagte schnell: »Sophie, Entschuldigung. Ich heiße Lev. Nicht Olev.«
    »Oh, gut«, sagte Sophie. »Gleichfalls Entschuldigung.«
    »Es gibt nichts zu entschuldigen«, sagte Ashe. »Er heißt Schwester .«
    Gegen ein Uhr − die Küche hatte längst geschlossen, die letzten Gäste im Restaurant waren gegangen, die anderen Angestellten waren schon auf dem Heimweg, und der Speisesaal lag dunkel und still da −, waren Lev und GK Ashe die einzigen Menschen, die sich noch hinten in der Küche aufhielten.
    Ashe saß auf einem Hocker an seinem Arbeitsplatz, trank Weißwein und machte sich Notizen auf seinem Quittungsblock. Seine blauen Augen huschten überall hin und beobachteten Lev dabei, wie er die Kochfelder und die Salamander, die Wärmeplatten und die stählernen Arbeitsflächen reinigte. Dann wies er ihn darauf hin, dass der Boden noch zu wischen und zu trocknen sei.
    »Die letzte Schwester habe ich rausgeworfen«, sagte GK, als Lev heißes Wasser und Bodenreiniger in den roten Eimer schüttete, »weil er sich weigerte, diese Sachen in der Nacht ordentlich zu erledigen. Ich habe ihm gesagt: ›Weißt du, dass du ein Idiot bist? Idioten schlafen, während die schlauen Typen arbeiten.‹ Aber er raffte es nicht. Pech gehabt. Er ist Geschichte. Glück für dich.«
    »Ja«, sagte Lev. »Glück für mich, Chef.«
    Aber er fühlte sich so müde wie ein alter Maulesel. Vor lauter Gier nach einer Zigarette wurde er ganz hibbelig. Seine Hände waren aufgerissen und brannten, und der Schmerz in seinem Rücken war wie eine Wunde. Er sehnte sich danach, seinen Kopf auf die überraschten Gesichter der wandernden Giraffen zu betten.

6
Elgars bescheidene Anfänge
    Die Londoner Hitzewelle hielt lange an.
    Staub sammelte sich auf den Pforten und Zäunen der Belisha Road und auf Autodächern. Im Garten von Nummer 12 wurde das Gras braun, und der junge, unterernährte Hund jaulte ganze Nachmittage im dürren Schatten des Ahorns.
    Christy Slane ließ die Fenster der Wohnung weit offen stehen, und Lev gewöhnte sich an die Geräusche von Nordlondon wie an ein modernes Musikstück, das andere bewunderten, das er selbst aber nicht recht lieb gewinnen konnte. Eines dieser Geräusche stammte von der städtischen Kettensäge, die sich in die Extremitäten der Ebereschen grub.
    An manchen Nachmittagen saß Lev einfach in seinem Zimmer, rauchte und grübelte und versteckte Zehnpfundscheine in Päckchen aus braunem Packpapier, die er, mit Zeitung

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