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Der weite Weg nach Hause

Der weite Weg nach Hause

Titel: Der weite Weg nach Hause Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Tremain
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ihr das Bild?«
    »Ja, Chef«, sagte Pierre.
    »Und nur wenig«, fuhr GK fort. »Die Forelle ist saftig genug, gehaltvoll genug. Was wir mit dieser Mayonnaise sagen wollen, ist: Okay, wir werden Sie jetzt verwöhnen, aber nicht zu sehr. Sie müssen es auskosten .«
    Lev verstand nur hier und da ein einzelnes Wort. Er aß noch mehr Gnocchi. Er stellte sich vor, wie er sie, in ihrer wunderbaren Hühnerbrühe, Maya servierte.
    Die Speisekartendiskussion ging weiter, wurde heftiger. »Das Perlhuhn, Chef«, sagte Tony. »Der Vin de Noix macht das Fleisch wunderbar dunkel. Ich dachte mir ... man könnte auf die Brust drei Stifte ... vielleicht von gedämpfter Roter Bete legen und so einen hübschen, lebhaften Kontrast erzielen.«
    »Nein«, sagte Ashe. »Keine Rote Bete. Steinpilze. Das habenwir doch schon besprochen. Nur die Steinpilze und die kleine Sandburg aus Kartoffelgratin. So, und weiß jeder mit dem Heilbutt Bescheid?«
    »Ja, Chef.«
    »Hast du schönen Chicorée bekommen, Pierre?«
    »Ja, Chef.«
    »Aber koch ihn nicht zu weich. Ich will meinen prachtvollen Heilbutt nicht auf irgendeinem elenden Matsch sehen.«
    Es wurde lärmend gelacht. Sophie sagte: »Ich komm gar nicht mehr zum Essen vor Lachen, Chef.«
    »Gut«, sagte GK. »Du bist sowieso zu dick.«
    Alle verstummten. Lev schaute hoch und sah, wie Sophie rot wurde und Messer und Gabel auf ihren halb aufgegessenen Teller legte, und ihm fiel ein, was Lora einmal gesagt hatte: »Als Frau am Arbeitsplatz führt man in diesem Land einen Krieg. Jeden Tag.«
    Er schaute wieder weg, als Stuart und Mario die Teller abräumten und Waldo eine Crème brûlée brachte, deren Kruste noch von seinem Gasbrenner blubberte.
    »Chef«, sagte Waldo. »Ich möchte, dass alle davon probieren. Ich habe Blaubeeren genommen, sie nur eine Minute zum Weichwerden blanchiert, als leicht säuerliche Basis für die Crème.«
    »Okay«, sagte GK. »Gib uns einen Löffel voll.« Dann wandte er sich an Lev. »Probier du auch«, sagte er. »In England nennen wir Nachtisch ›Pudding‹; kommt noch aus der Zeit, als Nachtisch genau das war: Kochpudding. Wahrscheinlich sah Queen Victoria deshalb so aus, wie sie aussah. Aber heute kann ein Pudding in Großbritannien ein Minzsorbet sein; es kann aber auch eine pochierte Litschi in einem Nest aus Zuckerwatte sein. Verstehst du das, Olev?«
    »Pudding?«, sagte Lev. »Ja. Ich kenne englischen Pudding.«
    »Klar«, sagte GK und prüfte die Kruste der Crème brûlée vorsichtig mit seinem Löffelrand, »aber jetzt kannst du ihn genaukennenlernen − lernen, was genau man damit meint. Wenn du in einer Küche arbeiten willst, Olev, dann musst du die richtigen Wörter kennen. Du musst das Glossar in deinen Kopf kriegen.«
    »Das werde ich, Chef«, sagte Lev. Und gerne hätte er, so höflich, wie er konnte, hinzugefügt, dass es ein Wort gab, dass GK Ashe selbst in seinen Kopf kriegen sollte, und das Wort war »Lev«, doch als er den Mund öffnen wollte, um zu sprechen, hatte GK sich schon abgewandt, und alle konzentrierten sich auf Waldos Crème brûlée.
    »Mir gefällt sie«, sagte Damian. »Sie ist ziemlich erfrischend.«
    »Verdammt gut, Waldo«, sagte Mario.
    »Sie ist okay«, sagte GK, »aber variier die Obstbasis im Lauf der Woche. Nimm mal Rhabarber. Nimm mal Damaszenerpflaumen.«
    Lev probierte den Pudding. Die Konsistenz der Creme war zart und kühl und die Kruste heiß und süß, und wieder wusste er nicht, woraus dieses Gericht bestand oder wie diese überraschenden Kontraste entstanden waren. Er dachte an seinen Vater, der gesagt hatte: »Die Dinge können nur sein, was sie sind . Wir Kommunisten haben das immer verstanden, aber die junge Generation tut das nicht. Man muss sie daran erinnern: Ein Laib Brot ist einfach ein Laib Brot. Er ist kein Beutel voll Gold. Er ist keine Scheißspieldose.« Und dann fiel Lev ein, dass Ina ihm widersprochen und gesagt hatte: »Wenn die Dinge nur sein können, was sie sind, wieso ist dann aus der St.-Nikolaus-Kirche in Baryn eine Schwimmhalle geworden?«
    Jetzt steckten Levs Arme tief in seinen Spülbecken. Um den Kopf hatte ihm GK Ashe ein sauberes weißes Tuch gebunden. Er hatte das fast zärtlich gemacht und Levs elastisches Haar darunter gestopft. »Schwesternmütze«, sagte er. »Sorg dafür, dass sie straff bleibt, okay, Olev? Ich möchte keine menschliche DNA im Spülwasser.«
    Lev schuftete und versuchte mit dem wachsenden Tumult an den Kochplätzen Schritt zu halten. Das heiße Wasser, die

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