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Der Weltensammler: Roman (German Edition)

Der Weltensammler: Roman (German Edition)

Titel: Der Weltensammler: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilija Trojanow
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unter Kontrolle. Es war ein schöner Bungalow, leider am hintersten Ende des Cantonment gelegen. Die Wege waren lang. Burton Saheb lebte sich schnell ein. Die anderen Offiziere nannten ihn einen Griffin, einen Neuankömmling, aber das hielt nicht lange an. So ein Mensch war mein Herr, überall wo er hinging, war er bald mit dem Ort besser vertraut als jene, die ein Leben lang dort verbracht hatten. Er paßte sich schnell an, Sie würden nicht glauben, wie rasch er lernen konnte. Wenn ich diese Fähigkeit besitzen würde, es hätte nicht halb so schlimm geendet.
    – Du bist in Ungnade gefallen?
    – Ich wurde nach Hause geschickt, ohne Empfehlung, ohne Referenzbrief. Nach so vielen Jahren! Eine kleine Abfindung nur und die Kleider, die ich trug. Es war nicht allein mein Fehler. Von mir wurde mehr erwartet als von den anderen. Das war schon immer so.
    – Gewiß, gewiß.
    – Man kann das Ende doch nicht über alles andere stellen? Das Ende kann nicht so eine große Bedeutung haben.
    – Hör zu, ich werde deine Schwächen, die unangenehmeren Seitendeiner Geschichte nicht erwähnen, doch sie sollten mir bekannt sein. Je mehr ich weiß, desto besser, verstehst du. Fahre fort.
    – Er war die vielen Diener nicht gewohnt. Ich habe mich gewundert, damals. Bis ich erfuhr, viele Jahre später, wie bescheiden er zu Hause gelebt hat, wie einfach. Mit einem Diener nur und einem Koch. Das erfuhr ich erst, als ich mit ihm nach England und nach Frankreich reiste …
    – Du warst im Land der Firengi?
    – Von dort wurde ich heimgeschickt.
    – Das hast du nicht erwähnt.
    – Er hat mich in sein Land mitgenommen. So wichtig war ich ihm.
    – Wieso hast du mir das nicht früher gesagt? Du bist ein Mann mit Erfahrung im Land der Firengi. Das wertet dich auf.
    – Jetzt wissen Sie es.
    – Mir ist kein Diener bekannt, der in England war.
    – Ich war mehr als nur ein Diener.
    – Ein Freund?
    – Nein, kein Freund, man kann nicht ihr Freund sein.
    – Vertrauter vielleicht? Das klingt gut. Naukaram, Vertrauter von Hauptmann Burton! Fahre fort.
    – Hauptmann Richard Francis Burton, vielleicht ist es besser, den ganzen Namen zu schreiben.
    – Selbstverständlich. Noch besser wäre es, wenn du mir nichts verschweigst. Je mehr ich umschreiben muß, desto länger dauert es.
    – Es soll gut werden, so gut, wie nur möglich. Ich muß wieder bei einem Angrezi in den Dienst treten. Dazu bin ich geboren. Ich habe keinen meiner Fehler vergessen. Das erste Mal, als er rasiert werden sollte, kam es beinahe zum Totschlag. Er schlief noch, ich meine, er döste, und ihm wurde der Bart eingeseift. Der Hajaum hatte die Klinge schon in der Hand und wollte gerade mit der Rasur beginnen, als Burton Saheb die Augen öffnete. Ich weiß nicht, was er zu sehen glaubte, er rollte über das Bett, voller Schaum im Gesicht. Die Utensilien des Hajaum fielen herunter, Burton Saheb stürzte zu Boden. Er griff nach seiner Pistole und er hätte bestimmt geschossen, wenn ich nicht geschrien hätte. Alles in Ordnung, Saheb, keine Gefahr,alles in Ordnung. Sie sollten nur rasiert werden! Er fuchtelte mit der Pistole in meine Richtung, er drohte, er würde mich bei der nächsten Überrumpelung dieser Art erschießen.
    – Hast du dieser Drohung Glauben geschenkt?
    – Er war dazu in der Lage, glaube ich, wenn die bösen Geister ihn überwältigten.
    – Da hast du dir durch deinen Mut wahrlich großen Verdienst erworben. Du hast einem Barbier das Leben gerettet.
     
     
     
    6.
    BESEITIGEN VON HINDERNISSEN
     
    Mit weniger als zwölf Dienern kann ich den Haushalt nicht organisieren, hatte Naukaram beteuert. Burton hatte ihm daraufhin erlaubt, zwölf Diener auszusuchen und vorzuführen. Wer weiß schon, wie und wo er sie aufgetrieben hat. Es interessierte ihn nicht. Er hatte beschlossen, Naukaram bis auf weiteres gewähren zu lassen. Er akzeptierte sie, die zwölf unbekannten, dunklen Gestalten, die ins Zimmer glitten, wortlos ihre Arbeit verrichteten und ansonsten in kaum sichtbarer Unterwürfigkeit verharrten, die Handflächen übereinandergelegt, der Blick auf Burton fixiert. Manchmal vergaß er sie und erschrak, wenn sie ein Geräusch verursachten. Er teilte die Tage im Bungalow mit ihnen; die hellen Tage, die heißer und zäher wurden, saß er am Schreibtisch, hinter Jalousien, die das Draußen abblendeten. So konnte er lesen und schreiben, einigermaßen bequem, einigermaßen erträglich. Was sollte er sonst tun? Er brachte einer beliebig rekrutierten und

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