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Der Weltensammler: Roman (German Edition)

Der Weltensammler: Roman (German Edition)

Titel: Der Weltensammler: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilija Trojanow
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etwa offen abzählen? Und wo wasche ich mir hernach die Hände?
    – Laßt uns noch eine Flasche bestellen, zu Ehren unseres Griffin.
    – Ich sag Ihnen was, Burton. In Ihrem Haus wird nur dann Ordnung herrschen, wenn jemand den Boys gelegentlich zeigt, wo es langgeht. Sie wollen doch nicht selber Schläge austeilen, oder? Das ist viel zu mühsam und in der Hitze der eigenen Gesundheit abträglich. Schaffen Sie sich einen Diener an, der die anderen diszipliniert.
    – Hat der keinen Namen?
    Für einen kurzen Augenblick herrschte Schweigen. Burton fand es unerträglich, in die Fratzen dieser halsstarrigen Propheten zu blicken. Er war ein Pilger, der von ihnen in die Irre geleitet werden sollte. Das Unerträgliche war umgetopft worden, es war nur hier, in dieser Messe, in diesem Glashaus, überlebensfähig. Es würde ihm um so leichter fallen, es zu verachten.
    – Lachen Sie ruhig mit, Burton, probieren Sie aus, wonach Ihnen der Sinn steht, vergnügen Sie sich ohne Skrupel, nur eines sollten Sie auf keinen Fall versäumen: Trinken Sie täglich Portwein! Eine Flasche hält das Fieber fern.
     
     
     
    5.
    NAUKARAM
     
    II Aum Siddhivinaayakaaya namaha I Sarvavighnopashantaye namaha I Aum Ganeshaya namaha II
    – Fahre fort.
    – Mein Herr, Hauptmann Richard Francis Burton, wurde bald nach seiner Ankunft mit dem Schiff von Bombay nach Baroda versetzt. Und weil ich mich in den Wochen, die er in Bombay verbrachte, schon nützlich gemacht hatte …
    – Unentbehrlich klingt besser.
    – Unentbehrlich. Weil ich mich unentbehrlich gemacht hatte, nahm er mich mit. Ich kehrte zum ersten Mal wieder in die Stadt meiner Geburt zurück.
    – Wo du wie ein König empfangen wurdest.
    – Keiner kannte mich. Ich tauchte auf, aus dem Nichts. Ich war gut gekleidet. Burton Saheb hatte mir in Bombay Geld für neue Kurtas gegeben. Ich war ein begehrter Mann. Ich war auf der Suche nach Dienern für einen Offizier der Jan Kampani Bahadur …
    – Der Ehrenwerten Ostindischen Gesellschaft. Siehst du, wie sehr ich auf der Hut sein muß. Wenn sich solche Fehler in das Schreiben einschleichen, wirst du höchstens als Latrinenputzer angestellt.
    – Die Verwandten ließen nicht mehr ab von mir, kaum hatten sie mich wiederentdeckt. Meine Eltern waren gestorben. Aber all die anderen, sie schmückten sich mit mir. Vom zweiten Tag an bemühten sie sich, eine Frau für mich zu finden. Ich habe versucht, nicht daran zu denken, wie sie mich damals weggegeben haben, in dieses abscheuliche Surat.
    – Willst du mich zu Tränen rühren?
    – Jeder wollte einen Posten ergattern. Meine Brüder an erster Stelle, natürlich, sie erholten sich schnell von der Überraschung, daß es mich gab. Ich muß Ihnen sagen, meine Eltern hatten ihnen erklärt, ich sei bei der Geburt gestorben. Sie versuchten sich einzuschmeicheln. Wie viele Jahre haben wir verpaßt, Bruder, sagten sie. Wir müssen diese Jahre nachholen. Wir dürfen uns nicht mehr verlieren, nie mehr wieder. Sie schauten mir in die Augen, für einen Augenblick hätte ich es ihnen fast abgenommen, so sehr glauben die Menschen an ihre eigene Farce. Wir wollen dich achten, wir müssen uns an dir erfreuen, wie an einem nachträglichen Geschenk. So schäumten sie in meiner Gegenwart, unentwegt, meine sechs Brüder. Ich ließ mir die vielen Aufmerksamkeiten gefallen. Es war eine Entschädigung, eine lächerlich kleine Entschädigung. Was für Mühe sie sich gaben, einen guten Eindruck zu hinterlassen. Ich habe genau hingesehen, ich habe nüchtern beurteilt, wer etwas taugte und wer nicht. Ich besitze eine gute Menschenkenntnis, auf meine Menschenkenntnisist Verlaß, schreiben Sie das auf. Als ich mich für zwölf Leute entschieden hatte, machte ich jedem von ihnen klar, daß sie mir zu gehorchen hatten. Dem Saheb natürlich auch, wenn er sie direkt ansprach. Ansonsten mir. Nur ich hatte Einfluß auf den Saheb, und wenn sie sich mir nicht fügten, konnte ich jederzeit dafür sorgen …
    – Zwölf Diener, zwei Herren.
    – Burton Saheb hat in all den Jahren nie Ärger mit den Dienern gehabt! Das ist mein Verdienst.
    – Wieviel haben sie dir gezahlt?
    – Wer?
    – Deine untergebenen Verwandten.
    – Was sagen Sie?
    – Gemolken hast du sie. Du wärst sehr dumm gewesen, wenn du ihnen eine so einträgliche Anstellung geschenkt hättest.
    – Burton Saheb hat mir einen festen Betrag für alle Unkosten gegeben. Damit habe ich sie bezahlt. Sie waren zufrieden. Alle waren zufrieden. Ich hatte den gesamten Haushalt

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