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Der Wettflug der Nationen

Der Wettflug der Nationen

Titel: Der Wettflug der Nationen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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verlangten ja eben ehrliches Spiel.“
    „Den Einwand kann ich nicht gelten lassen, Mr. Hansen. Wenn Sie es aus irgendwelchen überspannten deutschen Ideen für angebracht halten, Ihren Konkurrenten einen Vorsprung zu geben, dann warten Sie Ihre Vorgabezeit gefälligst irgendwo anders ab.“
    „Wenn Sie den Grund nicht gelten lassen wollen, dann vielleicht einen anderen. Ich möchte gern wissen, was die Russen machen. Haben Sie Nachrichten von der russischen Strecke?“
    Jenkins horchte auf. „Leider nein, Sir. Weiß der Teufel, was da los ist. Wir haben eigentlich nur die Nachricht unseres Vertreters vom geglückten Start.“
    „Würde es Sie interessieren, Mr. Jenkins, etwas Näheres über den Flug der Russen zu hören?“
    „Sicher, Mr. Hansen! New York hat schon angefragt, ob wir vielleicht irgendwelche russische Meldungen aufgefangen haben.“
    „Darf ich Sie einladen, mit in unsere Funkstation zu kommen. Ich glaube, da werden wir mancherlei Interessantes hören.“
    „Ich begreife Sie nicht, Mr. Hansen. Sie sind im Rennen. Alle anderen versuchen in jeder Minute möglichst viele Kilometer hinter sich zu bringen, und Sie gehen hier herum, als ginge Sie die ganze Sache gar nichts an. Aber wenn Sie wollen ... Ich bin bereit.“ —
    Dann saßen sie zusammen in der Funkerbude des Eggerth-Schuppens, und Natanael Jenkins verlor fast die Sprache, als er die vielen Depeschen und Meldungen — es waren mehr Notrufe als Meldungen — las, welche die russischen Piloten schon auf der verhältnismäßig kurzen Strecke Udinsk—Samarowsk in den Äther gefunkt hatten. Jetzt begriff er, warum keine dieser Meldungen von den großen russischen Sendern an das Rockefeller Building in New York weitergegeben worden war.
    Immer wieder durchblätterte Jenkins die Depeschen, die ihm Hansen in die Hand gedrückt hatte ... Vier von den russischen Maschinen mit schweren Havarien notgelandet ... zwei noch in der Luft, aber mit Triebwerkreparaturen beschäftigt. Wenn das so weiterging wie bisher, würden auch diese kaum das Rennen durchhalten ...
    Der Amerikaner legte die Telegramme auf den Tisch zurück. „Tolle Geschichte das mit den Russen, Mr. Hansen! Es ist mir unbegreiflich, daß unsere Funker keine von diesen Nachrichten aufgefangen haben.“
    „Tja, Mr. Jenkins! So einfach ist das nicht. Dazu braucht man nicht nur prima Kurzwellenapparate, sondern auch erstklassige Funker, die das letzte aus den Apparaten herausholen. Unser Herr Schmidt hier“, er deutete auf einen jungen Menschen, der, die Kopfhörer an den Ohren, vor einem Empfänger saß, „ist ein wirklicher Künstler in seinem Fach. Wenn sich irgendwas im Äther rührt, er fängt's mit seiner Antenne ein.“
    Hansen war während dieser Worte zu dem Funker Schmidt getreten und las, was der eben auf seinen Block schrieb. „Hören Sie mal, Mr. Jenkins, jetzt wird's interessant ... Erbittertes Wettrennen zwischen den beiden Eagle -Maschinen und der Nachhut der japanischen Flieger in der Gegend der Marianen-Inseln. Freund Kelly scheint mächtig Dampf aufzudrehen. Hoffentlich überanstrengt er seine Motoren nicht.“ Jenkins griff wieder nach den Depeschen. „Gestatten Sie es mir, Mr. Hansen, diese Nachrichten an das Rockefeller Building weiterzugeben?“
    „Bitte sehr, bedienen Sie sich. Herr Schmidt wird Ihnen nach meinem Abflug zur Verfügung stehen. Lassen Sie sich auch alle späteren Meldungen von ihm geben.“
    „Ja, was ist mit Ihnen, Mr. Hansen? Was soll ich jetzt über >St 1< nach New York melden?“
    Hansen lachte. „Funken Sie meinetwegen, daß >St 1< wegen einer Panne noch einmal wassern mußte und um ...“, er sah auf seine Uhr, „... um vierzehn Uhr dreißig Minuten amerikanischer Ostzeit wieder aufgestiegen ist.“
    Er schüttelte Jenkins zum Abschied die Hand und kehrte zu seinem Flugzeug zurück.
    Unablässig spritzten aus der Antenne des Reading-Senders die Renn-Nachrichten in den Äther. Überall in der zivilisierten Welt wurden sie aufgenommen und durch die Ortssender weitergegeben. Nach mitteleuropäischer Zeit war der Startschuß des Rennens um sechs Uhr abends gefallen. Gegen zehn Uhr nachts erfuhr man in Deutschland, daß das Stratosphärenschiff der Eggerth-Werke wegen einer Betriebsstörung nach dem Start noch zweieinhalb Stunden in der Schreckensbucht gelegen hatte.
    Die Nachricht löste allgemein Bedauern aus. Vernichtet schienen alle Hoffnungen, die man auf dieses letzte und vollkommenste Erzeugnis moderner Ingenieurskunst gesetzt hatte.

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