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Der Wettlauf zum Suedpol

Der Wettlauf zum Suedpol

Titel: Der Wettlauf zum Suedpol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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Scott aber bestand darauf, selber zu gehen, und so ließen wir das 90 Fuß lange Gebirgsseil hinunter.« Scott hatte Glück: Es gelang ihm, die beiden Hunde zu erreichen und sie zurück an die Oberfläche zu befördern. Mit allen 13 Hunden traf er am nächsten Tag, dem 22. Februar, im Safety Camp am Rand der Eisbarriere ein, begierig, Neuigkeiten vom Schiff zu erfahren, das in der Zwischenzeit eine Erkundungsfahrt im Rossmeer unternommen hatte.
    Eine unverhoffte Begegnung
    Die Terra Nova hatte den McMurdo-Sund am 26. Januar verlassen, nachdem sie die für die Depotreise benötigte Fracht am Eisrand vor Hut Point gelöscht und eine geologische Forschungsgruppe an der Westküste des Sunds gegenüber von Kap Evans abgesetzt hatte. Unter dem Kommando von Oberleutnant Victor Campbell dampfte sie dann nach Osten, um wie vorgesehen beim am östlichen Ende des Ross-Schelfeises gelegenen Edward VII.-Land anzulanden und dieses bis dahin vollkommen unbekannte Gebiet zu erforschen. Starkes Packeis und gefährliche Strömungswirbel verhinderten jedoch den Landgang. Weil dem Schiff zusehends die Kohlen ausgingen, musste auch eine weitere Sondierung Richtung Osten entfallen. Campbell beschloss deshalb, kehrtzumachen und auf der Eisbarriere selbst nach einem geeigneten Landeplatz Ausschau zu halten, der gegebenenfalls den Zugang zum Edward VII.-Land ermöglichte.
    Am 3. Februar gegen zehn Uhr abends sichtete man auf der Terra Nova eine große Bucht im Packeis, die der Geologe Raymond Priestley, der drei Jahre zuvor mit Shackleton in dieser Region unterwegs gewesen war, als die Bay of Whales identifizierte. »Jeder hat an dem, was wir über die Bay of Whales berichteten, stets gezweifelt, aber jetzt ist die Angelegenheit definitiv geklärt«, schrieb er beglückt in sein Tagebuch. »Es war befriedigend zu sehen, dass all unsere Beobachtungen recht bekamen und
Shackleton stützten, und ich legte mich in fröhlicher Stimmung zu Bett, im Vertrauen darauf, dass es eine wirklich gute Chance gibt, einen geeigneten Standort auf der Barriere zu finden – unsere letzte Chance, King Edward’s Land zu erforschen.« Schon bald war es jedoch mit der Nachtruhe vorbei, denn der Ausguck meldete ein in der Bucht vor Anker liegendes Schiff. »Für einige Minuten herrschte vollständige Verwirrung an Bord, jeder kam aufs Deck hochgerannt, mit Kameras und Kleidung. Es war kein blinder Alarm, da lag es, nur ein paar Yards von uns entfernt, und jene, die Nansens Bücher gelesen hatten, erkannten das Schiff: es war die Fram .«
    Abb 70
    »Ein Vulkanausbruch wäre nichts dagegen …«: Der Anblick der Fram (vorne) am 4. Februar 1911 sorgte bei der Besatzung der Terra Nova für Bestürzung.
    Die Briten waren wie vor den Kopf geschlagen. »Überall wurde laut und kräftig geflucht«, schrieb Kathleen Scotts Bruder Wilfred Bruce an seine Schwester. »Ein Vulkanausbruch am Erebus wäre nichts dagegen gewesen.« Sie hatten Amundsen überall vermutet – an der Küste von Graham Land, das der Norweger von der Belgica -Expedition her kannte, oder
auch im Weddellmeer – doch nicht hier im Rossmeer, das sie zu ihrem ureigensten Einflussbereich zählten. Einen, wie auch immer gearteten, »Anspruch« auf den Platz hätte freilich auch Amundsen für sich reklamieren können: War es doch der Norweger Carsten Borchgrevink, der – wenn auch unter britischer Flagge segelnd – als Erster an dieser Stelle das Schelfeis betreten hatte und nach Süden aufgebrochen war.
    Es war Kommandant Campbell, der dafür sorgte, dass aller Rivalität zum Trotz von Anfang an eine bemüht höfliche Atmosphäre zwischen den Besatzungen der beiden Schiffe herrschte. Campbell hatte sich längere Zeit in Norwegen aufgehalten und dabei auch die Landessprache gelernt; zudem kam er als einziger Brite auf der Terra Nova mit Skiern zurecht. Nachdem sein Schiff am Eis festgemacht hatte, ging Campbell von Bord, stürmte per Ski »mit einer für Ausländer erstaunlichen Geschwindigkeit«, wie ein Beobachter von der Fram anerkennend vermerkte, einige hundert Meter die Eisbarriere hinauf und kam dann direkt auf das norwegische Schiff zu. Er überrumpelte den wachhabenden Offizier, indem er ihn auf Norwegisch ansprach, und erfuhr, dass Amundsen sein Quartier oben auf der Eisbarriere aufgeschlagen habe und am Morgen auf der Fram zurückerwartet werde.
    Tatsächlich sausten Amundsen und seine Begleiter gegen halb sieben Uhr morgens mit ihren Hundeschlitten den Hang hinunter – ein beeindruckendes

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