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Der Wettlauf zum Suedpol

Der Wettlauf zum Suedpol

Titel: Der Wettlauf zum Suedpol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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ungeschützt ausgesetzt waren. Immer wieder versuchten die Männer, die Tierkörper mit Stroh trocken zu reiben, doch das war längst ebenfalls nass. Der Zustand der Ponys wurde zunehmend kritischer.
    Scott hatte in den Einsatz der Ponys große Hoffnungen gesetzt, weil Shackleton mit ihrer Hilfe so nahe an den Pol herangekommen war. Allerdings hatte er übersehen, dass Shackletons letztes Pony schon weit vor dem Polarplateau verendet war. Das Problem bei den Ponys bestand nicht
nur darin, dass sie den klimatischen Bedingungen der Antarktis kaum gewachsen waren – es wuchs hier auch kein Futter für sie. Während sich die Hunde an Robben und Pinguinen nach Herzenslust satt fressen konnten, musste das Pferdefutter, zu Ballen gepresster Weizen, stets extra mitgeführt werden.
    Abb 86
    Im Umgang mit Hunden war er ein Experte, doch von Pferden hatte er keinen blassen Schimmer: Cecil Meares an Bord der Terra Nova , umringt von Mitgliedern seines »Rudels«.
    Die Art und Weise, wie das Expeditionsteam zu seinen Ponys gekommen war, warf zudem ein bezeichnendes Licht auf die mitunter unverständliche Leichtfertigkeit, die Scott selbst bei zentralen Punkten seiner Planung an den Tag legte. Als ausgewiesener Pferdenarr sollte sich Oates um den Kauf der mandschurischen Ponys kümmern. Weil man ihn jedoch aufgrund seines Humors und seiner Fähigkeit zu schwerer körperlicher Arbeit schon im Vorfeld der Reise im Kameradenkreis schätzen lernte, überredete Scotts Stellvertreter Teddy Evans seinen Chef, den beliebten Oates nicht nach Russland zu schicken, sondern ihn von Anfang an an Bord der Terra Nova zu behalten. Die Besorgung der Pferde übernahm nun Cecil Meares, eine ebenso schillernde wie undurchsichtige Persönlichkeit. Der Sohn eines Armeeoffiziers sprach mehrere Sprachen, hatte in verschiedenen Kriegen rund um den Erdball gekämpft, sein Glück eine Zeit
lang als Pelzhändler versucht und den größten Teil seines Lebens im Fernen Osten Russlands verbracht. Niemand wusste, was genau er dort getrieben hatte, doch immerhin kannte er sich mit Hunden aus. Für den Kauf von Huskies war er der richtige Mann; den Wert von Pferden dagegen konnte er nicht beurteilen. Scott hatte ihm mit auf den Weg gegeben, nur weiße Ponys zu erwerben, da sich bei Shackletons Expedition Schimmel widerstandsfähiger gezeigt hatten als dunkle Tiere. Dies schränkte die Auswahl freilich radikal ein – und veranlasste einen abgebrühten Pferdehändler im mandschurischen Harbin, nachdem das Geschäft abgewickelt war, zu einem fast ungläubigen Grinsen. Als Meares mit seiner Menagerie nach mehrwöchiger beschwerlicher Schiffsreise endlich in Neuseeland eingetroffen war, war Oates angesichts des Zustands der Tiere entsetzt, die seiner Meinung nach alle »alte Krücken« waren. In seinem Tagebuch spezifizierte er die Mängelliste des tierischen Elends: »Schmalbrüstig … X-Beine … Alt … Windschlucker …« und so weiter.
    Abb 98
    Schon auf den ersten Kilometern der Depotreise Richtung Süden zeigte sich, dass die Ponys den Strapazen nicht gewachsen sein würden.
    Dennoch wuchsen die Tiere der Mannschaft bald ans Herz: Die Ponys erhielten Kosenamen, und man versuchte, sie gewissermaßen in menschliche Kategorien einzuteilen: Punch und Nobby waren zuverlässige Arbeiter,
Blossom und Blücher dagegen zu kaum etwas zu gebrauchen. Christopher und Hackenschmidt fielen vor allem durch ihre Wildheit auf, während Weary Willie, dem »schlappen Willie«, jede Belastung zu viel war und er immer so langsam wie möglich trottete – er war »ohne Zweifel eine Kreuzung aus einem Schwein und einem Maultier«, so Cherry-Garrard.
    Als die Kräfte der Ponys auf dem Weg durch Schnee und Eis immer mehr nachließen, machte das insbesondere Scott schwer zu schaffen, da er die Tiere nicht leiden sehen konnte. Der weniger sensible Pferdefreund Oates schlug vor, die Ponys so weit wie möglich nach Süden zu treiben, sie dann zu töten und ihr Fleisch als Nahrung für die Hunde einzulagern, doch Scott lehnte ab. Stattdessen beschloss er nach anderthalb Wochen, die drei schwächsten Pferde mit ihren Führern zurückzuschicken. Wie sich zeigen sollte, war dieser sentimentale Anflug von Tierliebe vergeblich: Blossom verendete unmittelbar nach der Umkehr, Blücher wenige Kilometer weiter, und nur Jimmy Pigg kehrte mehr tot als lebendig wieder nach Hut Point zurück.
    Solchermaßen dezimiert, zog Scotts Truppe weiter Richtung Pol, um das geplante Depot am 80. Breitengrad

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