Der Wettlauf zum Suedpol
drei Zylindern zu betreiben, doch weil mit dem Umbau in der eisigen Kälte zu viel Zeit geopfert worden wäre, hatten sie Days Gefährt schließlich
zurückgelassen. Als Scott und seine Leute das schneebedeckte Wrack erreichten, war die Stimmung des »Owners« auf dem Nullpunkt. »Der Traum von der großen Hilfe durch Maschinen ist ausgeträumt«, schrieb er niedergeschlagen ins Tagebuch.
Abb 145
»Eine einzige Enttäuschung«: Die Motorschlitten waren erschreckend langsam und versagten schließlich völlig.
Doch es sollte noch schlimmer kommen. Als sie am nächsten Tag Corner Camp erreichten, sahen sie in der Ferne einige ominöse schwarze Punkte. Scott ahnte, was das zu bedeuten hatte: »Wir können uns eigentlich nur vorstellen, dass es sich dabei um den verlassenen Motor mit seinen Lastschlitten handelt. Die Männer sind vorschriftsmäßig als Hilfsmannschaft weitergezogen. Es ist eine einzige Enttäuschung. Ich hatte mir auf der Barrierenoberfläche mehr von den Maschinen erwartet.« Tatsächlich hatte die Motorabteilung sich auch des letzten Schlittens mit geplatzten Zylindern entledigen müssen. Insgesamt war dieser zweite Motorschlitten gute 90 Kilometer weit gekommen, das Durchschnittstempo hatte elfeinhalb Kilometer betragen – nicht in der Stunde, sondern am Tag. »Es wäre wahrheitswidrig, dass ich das Ende der Motorschlitten bedauere, und die anderen sind derselben Meinung wie ich«, schrieb Lashly. »Es war eine Tortur, jedes Mal, wenn wir (was häufig geschah) anhielten, die schweren Schlitten ziehen zu müssen; und auch wenn wir uns jetzt selbst ins Geschirr legen müssen, werden wir nicht müder sein, als wir es waren, wenn wir des Nachts mit unseren Schlitten fertig waren. Jetzt kommen also die Menschenkräfte ins Spiel. Nachdem wir unseren Schlitten neu organisiert und all die Vorräte geladen hatten, die wir ziehen konnten, brachen wir mit 190 Pfund pro Mann auf.«
Leben und Überleben in der Antarktis
Die Durchquerung der Eiswüste der Antarktis lässt sich nur mit festen Regeln überstehen. Zu Beginn der Reise achten noch die Ausbilder von EWR darauf, dass die Teams eine Tagesroutine entwickeln, die sie dann, auf sich allein gestellt, auch beim Rennen einhalten sollen. Beim Wettlauf selbst müssen die Teams dann ihren eigenen Rhythmus finden.
Obwohl die andauernd scheinende Sonne den Unterschied zwischen Tag und Nacht aufhebt, wird um sechs Uhr morgens geweckt, dann heißt es: Wasser kochen und in Flaschen füllen, Müsli essen, Schlafsäcke zusammenrollen, Zelt abbauen und alles auf den Pulkas verstauen. »Jeder hat seine Aufgabe«, sagt Dennis Lehnert. »Wir sind nur zu viert, da muss jeder mit anpacken. Da kann sich keiner raushalten, jeder muss seinen Beitrag leisten.«
Abb 113
Die morgendliche Zeltroutine wird für die Wettläufer rasch zur Gewohnheit.
Punkt neun Uhr geht es los, das Schlittenziehen beginnt. Während der Akklimatisierung wurde einmal in der Stunde eine Pause eingelegt. Da greift dann jeder zur Thermosflasche für einen Schluck eines heißen Getränks, doch nach nur fünf Minuten geht es weiter. Ein äußerst anstrengendes Programm, zumal die Teams täglich bis zu 500 Höhenmeter zum Polarplateau überwinden
müssen. Zwischendurch geben die Ausbilder immer wieder kleine Tipps aus ihrer eigenen Expeditionserfahrung: Zum Beispiel, womit man sich während der langen, einsamen Wanderung – bis zu 14 Stunden am Tag – beschäftigen kann. Tom Walek: »Ein entsetzlicher Gedanke, sich nur mit sich selbst zu beschäftigen. Für einen zivilisationsgeschädigten Menschen ein Graus!«
Auch die Körperhygiene ist während des Marschs auf ein Mindestmaß reduziert. In Kapstadt haben die Wettläufer ein letztes Mal richtig geduscht und sich die Haare gewaschen. Während des Rennens gibt es dann nur noch Feuchttücher, denn nicht jeder hat die Konstitution eines Hermann Maier, der eines Morgens splitterfasernackt neben seinem Zelt steht und sich zur Verblüffung beider Teams und der Filmcrew vier Minuten lang ausgiebig mit Schnee wäscht. In diesem Zusammenhang hat die Kälte einen höchst erfreulichen Nebeneffekt: In ihr bilden sich keine Gerüche. Wie dankbar die Teams für diesen Umstand sein können, realisieren sie erst viel später, als sie nach dem Ende der Expedition, aber noch in der Antarktiskleidung, wieder wärmere Örtlichkeiten betreten.
Für das Allernötigste werden Löcher im Boden ausgehoben, die entweder mit einem Plastiksack oder bei größeren Camps mit
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