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Der Wettlauf zum Suedpol

Der Wettlauf zum Suedpol

Titel: Der Wettlauf zum Suedpol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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rekrutieren. Selbstverständlich ist auch ein Arzt mit von der Partie.
    Unterwegs sind die Begleiter in Spezialfahrzeugen, denen die Temperaturen und widrigen Bedingungen in der Antarktis nichts anhaben können. Die eigens angefertigten Pickups wurden von einer isländischen Spezialfirma für die Antarktis fit gemacht: viermal so große Bereifung, Gletscherspaltenstoßstangen, Kran und Seilwinden, Stromversorgung für das Filmequipment, Spezialtanks, Spezialfederung, Spezialgetriebe, Spezialkühlung – eigentlich ist alles an diesen Autos »spezial«. Doch sie tragen auf der Expedition zu einem Sicherheitsniveau bei, das ansonsten keine fluggestützte Expedition in der Antarktis zu toppen vermag.
    Zudem sind die Trucks mit einem Sonargerät ausgestattet, das Gletscherspalten auf dem Weg der Teams orten kann. So können diese rechtzeitig gewarnt und ihre Routen per GPS geändert werden. Sofort nach ihrer Ankunft in der Antarktis haben die Teams erneut ein Gletscherspaltentraining absolviert, sich angeseilt und geübt, einen Begleiter aus einer Spalte herauszuziehen.
    Abb 111
    Die Spezialfahrzeuge von EWR sind für alle Notfälle ausgerüstet.
    Abb 112
    Die Teams werden rund um die Uhr durch die Rennleitung betreut.
    Beim Aufstieg zum Polarplateau können sie nun das Gelernte anwenden, als sie mehrere Felder mit Gletscherspalten passieren. Angeseilt und in zehn Meter Abstand, gehen die Rennteilnehmer nacheinander langsam voran. Der jeweils Letzte hält einen Eispickel, um verunglückte Teammitglieder im Notfall sichern zu können. Doch alles geht gut: Niemand fällt in eine Spalte.
    Während des Rennens müssen die Teams zweimal am Tag ihre Position und ihren Status an die Expeditionsleitung durchgeben. Diese wiederum leitet die Nachrichten an die Expeditionsbasis in Novo weiter. Sollten Probleme auftreten oder die Meldungen gar ausbleiben, so wird umgehend ein Rettungsmechanismus ausgelöst, der eine schnellstmögliche Evakuierung per Flugzeug zur nächsten Station und, falls erforderlich, sogar nach Kapstadt sicherstellt.

    Am dritten Tag wäre es fast zur Katastrophe gekommen, als Bjaalands Schlitten plötzlich umsank und in eine Spalte hineinrutschte. Bjaaland war geistesgegenwärtig abgesprungen und hatte nach der Zugleine gegriffen; auch seine Hunde krallten sich in den Schnee und schafften es, den Schlitten noch zu halten, doch er sank immer tiefer. »Jetzt kann ich nicht mehr!«, rief Bjaaland, aber da waren die anderen Männer schon zur Stelle und hatten ein Gletscherseil an die Zugleine geknotet. Mit vereinten Kräften gelang es, den Schlitten schwebend zu halten, während die Hunde ausgespannt wurden und das versunkene Gefährt schließlich an einem anderen, quer über eine schmale Stelle der Spalte gestellten Schlitten fixiert wurde. Dann wurde ein Mann an einem Gletscherseil hinuntergelassen, um den Schlitten zu entladen. »Wir haben Glück gehabt, indem wir diesen Platz gefunden haben«, erklärte Wisting, der das Himmelfahrtskommando in der Eisspalte übernommen hatte. »Es ist nämlich die einzige Stelle, wo die Spalte so schmal ist, dass man den Schlitten auch quer darüberstellen kann. Wären wir nur ein klein wenig weiter links gefahren, dann wäre keiner von uns mit dem Leben davongekommen. Dort ist gar keine übergreifende Oberfläche, nur eine ganz papierdünne Rinde. Übrigens sieht es hier unten durchaus nicht einladend aus. Ungeheure Eiszapfen starren einem von allen Seiten entgegen, und sie würden einen aufspießen, ehe man weit hinuntergekommen wäre.«
    Nachdem der Schlitten wieder ans Tageslicht befördert worden war, beschlossen die Männer, zunächst Rast zu machen und auf besseres Wetter zu warten. Als es am Nachmittag aufklarte, suchten sie sich nach Osten einen Weg aus der spaltendurchsetzten Talsenke, der sie den despektierlichen Namen »Schweineloch« verpasst hatten. Doch zu rasch war offenbar der Schrecken vom Vormittag verblasst, und sie schlugen wieder den Südkurs ein, obwohl die Landschaft immer noch mit zahlreichen heuschoberartigen Erhöhungen durchsetzt war – ein sicheres Zeichen für grundloses Gelände. Als schließlich jedoch auch einige Hunde von Hansens Schlitten in einer Spalte verschwanden und nur mit Glück unverletzt wieder herausgezogen werden konnten, wurde die Kamikazefahrt abgebrochen.
Jetzt hatte die Eigensicherung Vorrang, und das Gebiet wurde ostwärts verlassen. Bald hatten sie wieder festen Boden unter den Füßen, und wenig später entdeckten sie sogar

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