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Der Widersacher

Der Widersacher

Titel: Der Widersacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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doch nur, dass Sie hier in Sicherheit sind, mehr nicht.«
    Damit verließ Bosch das Zimmer, während Chu den aufgebrachten alten Mann zu beruhigen versuchte. Er ging den Flur hinunter. Das Haus hatte den üblichen Grundriss, mit Esszimmer und Küche hinter dem Wohnzimmer. Unter der Treppe waren eine Besenkammer und eine Toilette. In der Annahme, dass Chu dort bereits nachgesehen hatte, als er das Wasser holen gegangen war, warf Bosch nur einen kurzen Blick hinein. Dann öffnete er die Tür am Ende des Gangs. In der Garage stand kein Auto. Sie war vollgemüllt mit Schachteln und alten Matratzen, die an einer Wand lehnten.
    Er machte kehrt und ging in Richtung Wohnzimmer zurück.
    »Haben Sie kein Auto, Mr. Hardy?«, rief er, als er zur Treppe kam.
    »Wenn ich irgendwohin muss, nehme ich mir ein Taxi. Gehen Sie nicht nach oben.«
    Bosch blieb auf der vierten Stufe stehen und sah den alten Mann an.
    »Warum nicht?«
    »Weil Sie keinen Durchsuchungsbeschluss und kein Recht dazu haben.«
    »Ist Ihr Sohn da oben?«
    »Nein. Da oben ist niemand. Aber Sie dürfen da nicht rauf.«
    »Mr. Hardy, ich möchte mich nur vergewissern, dass wir hier drinnen nichts zu befürchten haben und dass vor allem Sie in Sicherheit sind, wenn wir gehen.«
    Bosch ging weiter die Treppe hinauf. Hardys Forderung, nicht nach oben zu gehen, war ihm ein Warnsignal. Sobald er das Obergeschoss erreichte, zog er seine Waffe.
    Auch hier folgte der Grundriss dem gängigen Schema. Zwei Schlafzimmer und dazwischen ein Bad. Hardy schlief offensichtlich im vorderen Zimmer. Das Bett war ungemacht, und auf dem Boden lagen Kleider herum. Auf einem Beistelltisch stand ein schmutziger Aschenbecher, und auf einer Kommode lagen mehrere Sauerstoffflaschen. Die Wände waren nikotinvergilbt, und alles war von einer Patina aus Staub und Zigarettenasche überzogen.
    Bosch griff nach einer der Sauerstoffflaschen. Dem Etikett zufolge enthielt sie flüssigen Sauerstoff und durfte nur gemäß ärztlicher Verschreibung verwendet werden. Außerdem war die Telefonnummer einer Firma namens ReadyAire darauf angegeben, die für Lieferung und Abholung zuständig war.
    Bosch wog die Flasche in seiner Hand. Sie fühlte sich leer an, aber sicher war er nicht. Er legte sie an ihren Platz zurück und wandte sich einer Schranktür zu.
    Dahinter befand sich ein begehbarer Kleiderschrank, auf dessen beiden Seiten muffige Kleider hingen. Auf den Borden darüber waren Schachteln mit der Aufschrift U-Haul gestapelt. Der Boden war mit Schuhen und schmutzigen Kleidern übersät. Bosch verließ den Schrank und das Schlafzimmer und ging den Flur hinunter.
    Das zweite Schlafzimmer war der sauberste Raum des Hauses, denn es schien nicht benutzt zu werden. Es gab eine Kommode und einen Nachttisch, aber auf dem Bettgestell war keine Matratze. Bosch erinnerte sich an die Matratzen und den Lattenrost, die er in der Garage gesehen hatte, und vermutete, dass beides ursprünglich hier oben gewesen war. Er schaute in den Schrank; er war voller, aber ordentlicher. Die Kleidungsstücke wurden in Plastikhüllen aufbewahrt.
    Er kehrte auf den Flur zurück, um einen Blick ins Bad zu werfen.
    »Harry, bei dir alles okay?«, rief Chu von unten.
    »Jaja. Ich komm gleich zu euch.«
    Er verstaute seine Dienstwaffe in ihrem Holster und steckte den Kopf durch die Badezimmertür. An einem Gestell hingen schmutzige Handtücher, und auf dem Spülkasten stand ein weiterer Aschenbecher. Daneben lag ein Plastikduftspender. Bei seinem Anblick musste Bosch fast lachen.
    Der Badewannenvorhang war verschimmelt, und passend dazu war auch die Wanne selbst mit einem Schmutzring versehen, dessen Entstehung Jahre gedauert haben musste. Angewidert machte Bosch kehrt, um wieder nach unten zu gehen. Doch dann überlegte er es sich noch einmal anders und öffnete das Arzneischränkchen, das voll war mit Medikamenten und Inhalationssprays. Er nahm eines heraus und las das Etikett. Es handelte sich um ein Generikum von Theophyllin und war Hardy vor vier Jahren verschrieben worden. Er stellte es zurück und griff nach einem der Sprays. Es war ebenfalls ein Generikum, und zwar von Salbutamol, und war drei Jahre alt.
    Bosch nahm ein anderes Spray heraus. Und noch eines. Dann sah er sich jedes Spray und jedes Medikament in dem Schränkchen an. Es waren lauter verschiedene Generika, und einige der Fläschchen waren voll, doch die meisten waren fast leer. Aber es war kein Medikament in dem Schränkchen, das Hardy nicht mindestens drei Jahre

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